EU will deutsches Defizit-Verfahren verschärfen

Dies wurde am Rande des EU-Finanzministertreffens in Brüssel deutlich. Berlin dürfte 2006 zum fünften Mal in Folge die Maastrichter Defizit-Grenze von drei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt überschreiten. Erst 2007 soll dann sicher wieder der Euro-Stabilitätspakt eingehalten werden. Angesprochen auf die Kommissions-Pläne einer Verschärfung sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück: «Das überrascht mich nicht.» Er fügte hinzu: «Die Kommission hat das Interesse, den Stabilitätspakt am Beispiel Deutschland zu stärken. Wenn sie es nicht täten, dann wären die verrückt.»


Gespräche dauern an
Der Berliner Minister sagte, die Gespräche mit Brüssel über die seit über zwei Jahren ruhende Prozedur dauerten an. Man sei auf einem guten Wege. Er wolle für Deutschland «Konditionen und eine Darstellung bekommen, die für uns vorteilhaft ist». Er setze darauf, im Juli mit dem Haushaltsentwurf für 2007 den Nachweis zu erbringen, dass der Pakt im kommenden Jahr wie zugesagt wieder eingehalten werde.


Bussen bis zu 10 Mrd. Euro möglich
Nach den Regeln des reformierten Stabilitätspaktes muss ein Defizitsünder vier Monate nach den verbindlichen Sparauflagen der EU entsprechend reagiert haben. Falls die Kommission grünes Licht gibt, kann dann die Bussprozedur wieder ausgesetzt werden. Dann wäre die Gefahr von Sanktionen gebannt. Im schlimmsten Fall drohen in den Verfahren Strafen von rund 10 Milliarden Euro.


Warten auf Haushalts- und Finanzplanung
EU-Währungskommissar Joaquín Almunia nahm bei der Konferenz nicht zum Inhalt der Verschärfung Stellung. Er warte auf die aktuelle deutsche Haushalts- und Finanzplanung, die am 23. Februar in Brüssel eintreffen soll. «Ab nächster Woche werden wir das Verfahren klarer vor uns sehen.» Das deutsche Defizit betrug im vergangenen Jahr 3,5 Prozent.


Jahrelanger Streit
Der Streit um das deutsche Defizit dauert seit Jahren. Nach einer beinharten Auseinandersetzung zwischen Steinbrücks Vorgänger Hans Eichel und der Kommission war das deutsche Verfahren im November 2003 auf Eis gelegt worden. Es schloss sich ein Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof an, der die Situation aber nicht klar entschied. Rund die Hälfte der 25 EU-Staaten ist mit Defizit- Strafverfahren konfrontiert.


Keine Probleme mit Belgien, Luxemburg und Österreich
Die Minister verabschiedeten die langfristigen Haushaltsplanungen von Belgien, Luxemburg, Österreich und den nicht zur Euro-Zone gehörenden Ländern Estland, Lettland und Slowenien. Belgien, Österreich und Luxemburg gelten angesichts
grosser Defizitsünder wie Deutschland oder Frankreich als unproblematisch. In Estland und Lettland machen vor allem hohe Inflationsraten Sorgen. Unter den Anwärtern für einen raschen Beitritt zur Euro-Zone ist derzeit nur Slowenien tatsächlich bereit. Das Land will den Euro im Januar 2007 einführen. (awp/mc/pg)

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