EZB senkt Leitzins wie erwartet auf 1,5 Prozent

Im Februar hatte die EZB noch eine Zinspause eingelegt, nachdem sie das Zinsniveau seit Oktober 2008 um insgesamt 2,25 Punkte reduziert hatte. Grund der kräftigen Zinssenkungen ist die konjunkturelle Talfahrt bei zugleich deutlich gesunkenen Inflationsraten. Mit einer Absenkung um 0,5 Punkte rangiert das Zinsniveau nun bei 1,5 Prozent und damit auf dem tiefsten Stand seit Gründung der Währungsunion.


Trichet: Konjunktur wird sich erst 2010 leicht erholen
Die Aussichten für eine konjunkturelle Erholung im Euroraum bereits 2009 sind nach Einschätzung der EZB schlecht. Im laufenden Jahr werde die Konjunktur voraussichtlich sehr schwach bleiben, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Donnerstag in Frankfurt nach der Zinsentscheidung der Notenbank. Erst im kommenden Jahr dürfte sich die Euroraum-Wirtschaft wieder leicht erholen.


Inflation weiter abgeschwächt
Die Inflation habe sich unterdessen weiter abgeschwächt. Zur Jahresmitte 2009 könnten die Inflationsraten zeitweise in den negativen Bereich absinken, danach aber wieder steigen. Für eine mittelfristig ausgerichtete Geldpolitik seien derart kurzfristige Schwankungen aber irrelevant, unterstricht Trichet.


Unkonventionelle Massnahmen in Diskussion
Darüber hinaus liess der EZB-Präsident durchblicken, dass die Notenbank neue unkonventionelle Massnahmen im Rahmen ihrer Geldpolitik diskutiert. Zuletzt hatten Aussagen ranghoher Notenbankvertreter Spekulationen darüber angefacht, ob die EZB Wertpapiere wie «Commercial Papers» direkt ankaufen wird. Obgleich Trichet die Diskussion im EZB-Rat über derartige «quantitative Massnahmen» nicht weiter ausführte, wollte er keine spezifische Massnahme ausschliessen.


Zinsentscheid «im Konsens» getroffen
Auch mit Blick auf die Möglichkeit weiterer Zinssenkungen gab sich Trichet offen. «Wir haben nicht beschlossen, dass der aktuelle Leitzins der niedrigste ist.» Weitere Zinssenkungen könnten nicht ausgeschlossen werden. Allerdings sei das Zinsniveau bereits jetzt «sehr niedrig». Die jüngste Zinsentscheidung ist im EZB-Rat laut Trichet «im Konsens» getroffen worden.


Projektionen für Wachstums- und Preisentwicklung gesenkt
Die EZB hat ihre Projektionen für die Wachstums- und Preisentwicklung für das laufende und das kommende Jahr deutlich reduziert. Die Wirtschaft in der Eurozone dürfte im laufenden Jahr zwischen 3,2 bis 2,2 Prozent (Mittelwert: minus 2,7 Prozent) schrumpfen, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Donnerstag in Frankfurt. Zuvor war die EZB noch von einer Bandbreite von von minus 1,0 bis 0,0 Prozent (minus 0,5 Prozent) ausgegangen. Im kommenden Jahr dürfte Wirtschaft demnach voraussichtlich stagnieren. Das Wirtschaftswachstum dürfte zwischen minus 0,7 bis plus 0,7 Prozent liegen. Zuvor war die EZB noch von plus 0,5 bis plus 1,5 Prozent (plus 1,0 Prozent) ausgegangen.


Inflationsrate zwischen 0,1 und 0,7 Prozent erwartet
Die Inflationsrate wird nach Einschätzung der EZB im Jahr 2009 zwischen 0,1 bis 0,7 Prozent (plus 0,4 Prozent) liegen. Zuvor war sie noch von einer Bandbreite von 1,1 bis 1,7 Prozent (plus 1,4 Prozent) ausgegangen. Im Jahr 2010 dürfte die Inflationsrate zwischen 0,6 bis 1,4 Prozent (plus 1,0 Prozent) betragen. Zuvor war sie noch von einer Bandbreite von 1,5 bis 2,1 Prozent (plus 1,8) ausgegangen. Die Projektionen der EZB werden von dem Mitarbeiterstab erstellt und dienen dem geldpolitischen Rat als Entscheidungshilfe. Die EZB gibt ihre Wachstums- und Inflationsprojektionen jeweils in Bandbreiten an.


EZB erzielt 2,7 Milliarden Euro Überschuss
Die EZB hat im vergangenen Jahr dank des hohen Euro-Kurses einen Überschuss von knapp 2,7 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das sind gut neun Mal mehr als die 286 Millionen Euro Überschuss 2007, wie die EZB weiter mitteilte. Die Einnahmen der EZB stammen vor allem aus Zinsen aus Währungsreserven und Einlagen. Der EZB-Rat entschied, rund die Hälfte des Überschusses als Rücklage für Risiken aus Währungs- oder Goldpreisveränderungen zu nutzen. Die andere Hälfte, die als Reingewinn ausgewiesen wird, geht an die nationalen Notenbanken der Eurozone. (awp/mc/ps/22)

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