EZB senkt Leitzins wie erwartet um 0,25 Punkte auf 1,00 Prozent

Seit Oktober 2008 ist das Zinsniveau damit um insgesamt 3,25 Punkte reduziert worden. Zuletzt hatte die EZB im April den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte reduziert. Der Einlagensatz verharrte unverändert bei 0,25 Prozent. Der Satz der Spitzenrefinanzierungsfazilität wurde überraschend um 0,50 Prozentpunkte von 2,25 Prozent auf 1,75 Prozent reduziert. Die stark gesunkene Inflationsrate und die anhaltende Wirtschaftskrise hat die EZB zu den Zinssenkungen veranlasst.


«Nicht das niedrigst mögliche Niveau»
Die Leitzinsen in der Eurozone sind nach Einschätzung des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, «angemessen». «Das derzeitige Zinsniveau ist aber nicht unter allen Umständen das niedrigst mögliche Niveau», sagte Trichet.


Mittlere Inflationserwartungen «fest verankert»
Die Entscheidung habe berücksichtigt, dass der Preisdruck zunächst niedrig bleibe, sagte Trichet. Die mittelfristigen Inflationserwartungen in der Eurozone sind laut Trichet derzeit «fest verankert» und vereinbar mit der Inflationsdefinition der EZB. Die Jahresinflationsrate werde zunächst weiter fallen und zur Jahresmitte dürften die Verbraucherpreise im Jahresvergleich sogar sinken. Im späteren Jahresverlauf dürften sie jedoch wieder anziehen. Solche kurzfristigen Schwankungen seien aber nicht relevant für die Geldpolitik. Die monetäre Analyse bestätige einen weiter nachlassenden Preisdruck, da das Wachstum der Geldmenge und der Kreditvergabe weiter zurückgegangen sei.


Erste Anzeichen für Stabilisierung auf sehr niedrigem Niveau
Die jüngsten Konjunkturdaten hätten erste Anzeichen für eine Stabilisierung der Konjunktur auf einem «sehr niedrigen Niveau» geliefert, sagte Trichet. Das erste Quartal sei sehr viel schwächer als erwartet verlaufen. «Das zweite Quartal wird eindeutig nicht so schlecht wie das erste.» Für den Rest des Jahres 2009 sollte die Wirtschaftsaktivität aber schwach bleiben. Eine schrittweise Erholung der Konjunktur erwartet Trichet im Jahr 2010.


Das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte werde seit Sommer 2008 durch den Rückgang der Rohstoffpreise gestützt, sagte Trichet. Zudem sollte die Nachfrage durch die makroökonomischen Stimulierungen gestützt werden. Die Abwärtsrisiken für diesen Ausblick liegen laut Trichet in möglicherweise noch stärkeren Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Konjunktur und einem zunehmenden Protektionismus. Zudem stelle eine ungeordnete Auflösung der makroökonomischen Ungleichgewichte eine Gefahr da.


Aussergewöhnliche Massnahmen gegen Finanzkrise
Im Kampf gegen die Finanzkrise hat die EZB ausserdem weitere aussergewöhnliche Massnahmen ergriffen. Nach der Ratssitzung am Donnerstag in Frankfurt kündigte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet Refinanzierungsgeschäfte mit den Geschäftsbanken mit zwölf Monate Laufzeit zu fixen Raten in unbegrenzter Höhe an. Bisher hatte die längste Laufzeit sechs Monate betragen. Damit soll die Kreditvergabe bei den Geschäftsbanken stimuliert werden. Die längere Laufzeit erhöht die mittelfristige Refinanzierungssicherheit der Banken und zerstreut ihre Sorgen, sich über den kurzfristigen Horizont hinaus keine Liquidität beschaffen zu können.


Ausserdem habe sich der EZB-Rat im Prinzip auf die Möglichkeit geeinigt, Bonds in Euro aufzukaufen. Die Details sollen bei der Sitzung im Juni festgelegt werden. Der Umfang wurde mit bis zu 60 Milliarden Euro angegeben.


Bank of England belässt Leitzins bei 0,5 Prozent
Die britische Notenbank hat ihren Leitzins wie erwartet unverändert belassen. Der Leitzins liege weiterhin bei 0,5 Prozent, teilte der geldpolitische Ausschuss der Bank of England (BoE) am Donnerstag in London mit. Volkswirte hatten mit dieser Entscheidung gerechnet, da der Leitzins seinen Tiefpunkt bereits erreicht habe. Bereits im März hatte die BoE den Leitzins auf das jetzige Rekordtief gesenkt und ähnlich wie die US-Notenbank den Ankauf von Anleihen beschlossen. (awp/mc/pg/21)

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