Fast jeder Zweite Journalist glaubt an Paid Content

Der Abbau fester Redakteure in den Redaktionen macht Journalismus heute durchlässiger für PR. Das hat eine neue Umfrage der dpa-Tochter news aktuell und Faktenkontor ergeben. Knapp 700 Journalisten haben an der Untersuchung teilgenommen.

Können Apps die Umsatzverluste im Printgeschäft ausgleichen?
Seit iPhones, iPads und andere Tablet-PCs den Markt erobert haben, diskutieren Verlage und Journalisten leidenschaftlich darüber, ob kostenpflichtige Apps das Potenzial haben, die Umsatzverluste im Printgeschäft auszugleichen. Die Branche ist skeptisch. Knapp zwei Drittel aller befragten Journalisten bezweifeln es («auf keinen Fall»: 13 Prozent/ «eher nicht»: 46 Prozent). Immerhin jeder Dritte räumt den Apps eine potentielle Chance ein («eventuell»: 33 Prozent). Nur sechs Prozent aller befragten Medienvertreter sind dagegen heute fest davon überzeugt, dass Apps die finanzielle Stütze der Zukunft werden. Dabei kommen optimistische Stimmen vor allem aus den Reihen der Nachrichtenagenturen («auf jeden Fall»: 12 Prozent). Bedenkenträger sind Redakteure aus Zeitschriften-Redaktionen («auf keinen Fall»: 16 Prozent) sowie aus dem Online- und Multimedia-Bereich («auf keinen Fall»: 13 Prozent).


Paid Content
Auch das Thema Paid Content beschäftigt Journalisten intensiv. Dabei gehen 43 Prozent aller Befragten heute davon aus, dass bezahlte Inhalte im Netz ihre besten Zeiten noch vor sich haben. Ebenso viele Journalisten sind dagegen überzeugt davon, dass Paid Content immer ein Nischenprodukt bleiben wird (42 Prozent). Gut jeder Zwanzigste erklärt laut Umfrage das Thema sogar für «tot» (6 Prozent). Knapp jeder Zehnte traut sich kein Urteil zu (9 Prozent).


Freie Mitarbeiter statt fest angestellter Redakteure
Medienhäuser arbeiten zunehmend mit freien Mitarbeitern und weniger mit festen Redakteuren. Für die PR Branche scheint das von Vorteil zu sein: 75 Prozent aller Befragten geben an, dass der Journalismus dadurch  durchlässiger wird für die PR. Fast ebenso viele Journalisten bemängeln, dass Verlage zu wenig tun, um die Qualität ihres Mediums trotz Personal-Einsparungen zu erhalten (74 Prozent). Sie kritisieren weiter, dass der Tiefgang der Berichterstattung abnimmt (73 Prozent), die journalistische Qualität sinkt (70 Prozent) und feste Redakteure am Ende Mehrarbeit durch die Freisetzung leisten müssen (65 Prozent). Dass die Kostenreduzierung dagegen Mittel freisetzt für wichtige Innovationen halten 73 Prozent für eine leere Versprechung. Laut Umfrage fürchtet fast jeder zweite Journalist, dass die Unabhängigkeit eines Medienhauses unter der neuen Struktur leidet (48 Prozent).


Internetangebote deutscher Verlagshäuser
Dass sich die Internetangebote deutscher Verlagshäuser in absehbarer Zeit finanziell selbst tragen werden, bezweifeln laut Studie noch immer fast zwei Drittel aller Journalisten (57 Prozent). Darunter mehr als die Hälfte aller befragten Redakteure aus Rundfunk (53 Prozent), Zeitschriften (52 Prozent) und Pressebüros (52 Prozent). Mehr Optimismus zeigen dagegen Kollegen aus Nachrichtenagenturen («auf jeden Fall»: 19 Prozent/»eventuell»: 19 Prozent) sowie aus dem Online- und Multimedia-Bereich («auf jeden Fall»: 15 Prozent/»eventuell»: 39 Prozent). Ein Blick auf die Umfrageergebnisse vom Juni 2009 macht deutlich, dass sich die skeptische Einstellung zu Internetangeboten als Umsatztreiber in den letzten 17 Monaten kaum verändert hat.


Geschenke & Co – ein Mittel zur Beeinflussung von Journalisten?
Kleine Aufmerksamkeiten für Medienvertreter scheinen beliebt. Fast jeder zweite Journalist gibt laut Studie an, schon mal kleinere Geschenke (bis schätzungsweise 20 Euro) von PR-Beratern oder Unternehmenssprechern erhalten zu haben (44 Prozent). Fast ebenso viele Medienvertreter geben zu, auch schon mal zu aufwendigen Pressereisen (42 Prozent) oder Sport- und Musikevents eingeladen worden zu sein (39 Prozent). Gängig scheint auch die Einladung zum Essen, das bestätigte jeder dritte Befragte (35 Prozent). Wie erfreulich zu sehen, dass laut Studie dennoch jeder Fünfte sagt, er sei noch nie «bestochen» worden (22 Prozent).


Zur Lage der Medienbranche im Jahr 2010
Die Meinung der Journalisten über die allgemeine Lage der Medienbranche in 2010 ist geteilt. Für fast jeden zweiten Medienmacher war sie in 2010 «nicht zufriedenstellend» (47 Prozent), fast ebenso viele empfanden sie immerhin «akzeptabel» (45 Prozent). Am besten fühlen sich laut Studie Redakteure beim Rundfunk («akzeptabel»: 53 Prozent), gefolgt von den Kollegen aus den Pressebüros («akzeptabel»: 50 Prozent). Besonders unzufrieden mit der Situation in 2010 sind Journalisten in Nachrichtenagenturen («nicht zufriedenstellend»: 65 Prozent) sowie bei Tageszeitungen («nicht zufriedenstellend»: 49 Prozent). Auch jeder zweite freie Journalist klagt über die aktuelle Lage der Medienbranche («nicht zufriedenstellend»: 49 Prozent). Als «glänzend» beurteilen nicht mal zwei Prozent die Lage in 2010. Jeder Zwanzigste bewertet sie sogar mit «katastrophal» (5 Prozent). (news aktuell/mc/ss)

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