Finanzkrise: Goldman Sachs und Morgan Stanley werden normale Geschäftsbanken

Im Gegenzug können sie sich breiter aufstellen und sind damit auch dank neuem Kapital weniger schwankungsanfällig. Die beiden Banken erhalten in der Übergangsphase zusätzliche Notenbankkredite, wie die US-Notenbank Federal Reserve am Sonntagabend (Ortszeit) in New York mitteilte. Dies verschafft ihnen angesichts der Turbulenzen an den Finanzmärkten etwas Luft. Morgan Stanley holt zudem für frisches Kapital Japans Grossbank Mitsubishi UFJ als Grossaktionär an Bord. Der Preis für einen Anteil von 10 bis 20 Prozent soll nach einer Prüfung der Bücher festgelegt werden. Die Börse reagierte bei Goldman Sachs am Montag verhalten auf die Veränderungen. Die Aktie notierte in der ersten Handelsstunde unverändert bei etwa 131 Dollar. Morgan Stanley profitierte vor allem vom Einstieg der Mitsubishi UFG und gewann mehr als zehn Prozent auf gut 30 Dollar.


Unabhängige Investmentbanken am Ende
Der bisherige Investmentbanken-Primus Goldman Sachs wird durch die rechtlichen Veränderungen zur viertgrössten Bank-Holding der USA nach der Bank of America, JPMorgan Chase und Citigroup. Die Finanzkrise beendet damit die Geschichte der grossen unabhängigen Investmentbanken der Wall Street in ihrer bisherigen Form. Zu Jahresbeginn gab es noch fünf von ihnen. Investmentbanken sind Spezialisten für lukrative Wertpapiergeschäfte aller Art sowie für Fusionen und Übernahmen von Firmen. Unter hohen Risiken erzielten sie oft enorme Gewinne, mit der Kreditkrise stürzten sie in grosse Schwierigkeiten, die meisten erlitten Milliardenverluste.


Künftig gleiche Kontrollen wie für andere Banken
Goldman Sachs und die Nummer zwei Morgan Stanley unterliegen künftig denselben Kontrollen, Regeln und Kapitalanforderungen wie andere Banken. Bisher genossen sie weitgehende Freiheiten, weil sie selbst praktisch keine Geschäfte für Jedermann wie etwa Girokonten anbieten. Dieses weniger riskante Filial- und Einlagengeschäft mit dem Geld normaler Kunden bringt stabilere Einnahmen, allerdings bei geringeren Gewinnmargen. Das neue Modell sichere Goldman ständigen Zugang zu Liquidität, sagte Konzernchef Lloyd Blankfein.


Boutiquen
Die fünftgrösste Investmentbank Bear Stearns hatte im März ihrem Zwangsverkauf an JPMorgan Chase zustimmen müssen. Lehman Brothers als Nummer vier meldete am vergangenen Montag Insolvenz an und die bisher drittgrösste Investmentbank Merrill Lynch rettete sich durch eine Übernahme in die Arme der Bank of America. Künftig gibt es damit Investmentbanking nur noch als Sparte grosser Finanzkonzerne und bei kleinen, sehr spezialisierten Häusern, den sogenannten «Boutiquen».


Konkurrenz für Universalbanken
In ihrer künftigen Rechtsform als Bankholding können Goldman Sachs und Morgan Stanley den anderen Geschäfts- und Universalbanken Konkurrenz auf deren eigenem Terrain machen. Finanzkonzerne wie die amerikanische Citigroup und die Deutsche Bank vereinen unter ihrem Dach die ganze Palette von Finanzdienstleistungen – so etwa das Filialgeschäft, aber auch das eigene, interne Investmentbanking. Angesichts der Schwierigkeiten durch die Finanzkrise waren auch Goldman Sachs und Morgan Stanley zuletzt immer mehr unter Druck geraten. Die Aussicht auf das geplante Mega-Rettungspaket der US-Regierung liess ihre drastisch gefallenen Aktienkurse allerdings Ende vergangener Woche wieder steigen. Morgan Stanley hatte wegen der Notlage bereits Fusionsgespräche mit der US-Bank Wachovia begonnen, die Medienberichten zufolge inzwischen auf Eis liegen.


Milliardenabschreibungen
Goldman Sachs und Morgan Stanley mussten im Zuge der Kreditkrise heftige Gewinneinbrüche durch Milliardenabschreibungen verkraften. Morgan Stanley erlitt sogar einen Quartalsverlust in Milliardenhöhe. Allerdings schlugen sich beide besser als die Wettbewerber. Die zwei Finanzhäuser betrieben bisher bereits über Bankentöchter klassische Einlagengeschäfte in geringerem Umfang und nur für bestimmte Kunden. Dies soll nun deutlich ausgebaut werden, kündigten die Banken an. Goldman Sachs kommt hier bisher auf ein Volumen von rund 20 Milliarden Dollar, Morgan Stanley auf etwa 36 Milliarden Dollar. (awp/mc/ps/04)

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