Gary King, CEO der Dubai Mercantile Exchange (DME): «Futures-Kontrakt auf Oman-Öl wird neue Benchmark»

von Gérard Al-Fil


 


Moneycab: Herr King, herzlichen Glückwunsch zum gelungenen Start der Dubai Mercantile Exchange (DME)!


 


Gary King: Danke.


 


Worin unterscheidet sich die DME von anderen Börsen?


 


Die DME ist die erste internationale Terminbörse im Mittleren Osten und füllt die Lücke der in der Zeitzone zwischen Ostasien und Europa, wo zwei Drittel der weltweiten Erdölreserven, es aber noch keine Ölterminbörse gab. Die DME ist ein Jointventure zwischen Tatweer Dubai Ltd., einer Tochter der staatlichen Dubai Holding, und der New York Mercantile Exchange (NYMEX), der grössten Terminbörse der Welt. Seit Mitte Mai ist auch das Nachbarland Oman zu 30% an der DME beteiligt; Tatweer und die NYMEX halten jeweils 32.4%, die restlichen  5% halten DME floor members. Dies ist einerseits ein sehr machtvolles, mit internationalem Rückhalt geschaffenes Konstrukt, das es in dieser Form bei Terminbörsen noch nicht gab. Andererseits bieten wir der Industrie einen Futures-Kontrakt mit physischer Liferung auf «saures», also schwefelreiches Oman-Öl, und wir sind zuversichtlich, dass wir diesen Rohöl-Futures neben den üblichen «süssen» (schwefelarmen) Sorten Brent und West Texas Intermediate (WTI) als neue Benchmark etablieren werden.


 


Ursprünglich sollte die DME ja bereits im 4. Quartal 2006 live gehen, dann wurde der 1. Mai genannt. Schliesslich eröffneten Sie am vergangenen Freitag, 1. Juni, den Handel. Wie kam es zu diesen Verzögerungen?


 


Obwohl wie immer optimisch waren, den Zeitplan einzuhalten, erfordert es viel mehr Zeit und Mühe als geplant eine internationale Öl-Terminbörse aufzubauen und die Erwartungen aller Beteiligten, also der Ölindustrie, der potenziellen Mitgliedsbanken und der Broker zu erfüllen. Wir wollten beim Zusammensetzen aller Bausteine gründlich vorgehen und der Energiebranche eine technologisch hochmoderne Handelsplattform bieten, die unter einem international kompatiblen Regelwerk operiert. Das ist uns gelungen.


 


Wie gross ist die DME im Hinblick auf die Manpower und Kapitalausstattung?


 


Wir haben ein Team aus 55 Mitarbeitern aus allen Teilen der Welt und wir wachsen weiter. Zu unserer Kapitalausstattung machen wir keine Angaben, ebenso wenig wie zu allfälligen Projektionen im Hinblick auf das Handelsvolumen.


 


Am vergangenen Mittwoch, also zwei Tage vor dem offiziellen DME-Start, hatte Dubais Regierung angekündigt, Öl-Exporte nur noch über die DME zu «pricen». Was hat das Emirat zu diesem Schritt veranlasst?


 


Das war für uns eine wichtige Entscheidung, so kurz bevor wir live gingen, und ich denke, daß wir hier von einer natürlichen Entwicklung des Emirats sprechen können. Das Konzept der DME hat übrzeugt: eine Terminbörse mit globalem Rückhalt und hohen Anforderungen an ihre Mitglieder. Eine Terminbörse, die gemeinsam mit dem Oman neue Standards auf dem Rohölmarkt setzen will.


 


Einen neuen Standard im Exportgeschäft setzt derzeit auch der global drittgrösste Erdölproduzent Iran, der seinen Ölhandel inzwischen zu 70% in Euro abrechnet statt wie bisher in US-Dollar. Ändert das irgend etwas auf dem globalen Ölmarkt?


 


Da sehe ich mich persönlich nicht in der Position, diese Entwicklung zu kommentieren. Ich kann nur sagen, dass die Standardwährung an der DME der US-Dollar ist…


 


?was wohl auch so sein muss, weil die DME in der Freezone Dubai International Financial Centre (DIFC) angesiedelt ist, wo der US-Dollar gilt. Könnte an der DME als internationale Terminbörse, die jedem offen steht, theoretisch auch eine israelische Bank Mitglied werden?


 


In diesem Fall muss sich die DME an die Gesetze der Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) halten.


 


Haben sich israelische Banken um eine DME-Mitgliedslizenz bemüht?


 


Anträge aus diesem Bereich liegen uns bislang nicht vor.


 


Können Sie eigentlich noch Ihren Wagen volltanken, ohne an die DME zu denken?


 


(lacht) Nein, aber dazu muss ich sagen, dass ich eigentlich rund um die Uhr an die DME denke und nicht nur dann, wenn ich tanken gehe.


 


Falls Sie dann einmal an der Tankstelle von einem Dubai-Urlauber aus Europa erkannt werden und dieser Ihnen zuruft: «Herr King, können Sie nichts gegen zu hohe Ölpreise tun?», wie würden Sie antworten?


 


Dann würde ich ihm ganz sachlich erklären, dass es nicht die Aufgabe einer Terminbörse ist, den Preis für das Barrel Rohöl (ein Barrel entspricht 159 Liter, d. Red) zu kontrollieren, sondern Produzenten und Rohstoffändlern mit einer Handelsplattform einen Service zu bieten und der Finanzindustrie Referenzpreise zur Verfügung zu stellen. Die DME gestattet es den Markttteilnehmern, sich mit Derivaten gegen Preisschwankungen in der Zukunft abzusichern. 


 


Sie haben die letzten Wochen und Monate grösstenteils im Flugzeug verbracht, um weltweit für die DME zu werben. Wo werden Sie sich in den nächsten Wochen und Monaten primär aufhalten?


 


Jetzt nachdem wir erfolgreich live gegangen sind, werde ich primär an unserem Sitz im DIFC die Entwicklung des Handels an der DME verfolgen, damit die ersten Wochen genauso reibungslos wie der erste Handelstag über die Bühne gehen. Auf meiner Agenda stehen weiterhin Konferenzteilnahmen, Medien-Termine und umfangreiche Auslandsreisen, insbesondere in die Region Asien-Pazifk. Unsere Kunden erwarten, dass wir zu Ihnen kommen, und wir werden weiterhin intensiv um neue Mitgliedsbanken und Broker werben.


 


Sehen Sie Ihre Aufgabe als langfristige Herausforderung?


 


Ja, ich will die DME zusammen mit meinem Team wie geplant auf dem globalen Parkett etablieren. Es ist eine spannende und hochinteressante Aufgabe, und solange das Direktoren-Gremium und die Anteilseigner von meiner Arbeit überzeugt sind, fühle ich mich der DME auch langfristig verpflichtet.


 


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Der Gesprächspartner:


Der Brite Gary King war über zwei Jahrzehnte lang im Finanz- und Rohstoffsektor tätig, darunter bei der finnischen Ölgesellschaft Neste Oy, bei Morgan Stanley und bei der Emirates National Oil Company (ENOC). Im Bereich Private Equity lancierte King den Standard Bank/GIB GCC Energie-Fonds, einen des ersten lizenzierten Fonds im Dubai International Financial Centre (DIFC). King schloss sein Studium an der University of London mit einem Bachelors of Science in Petroleum Exploration Geology und einem MSC D. I. C. in der selben Fachrichtung ab.

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