George Egloff, CEO Ticketcorner: «Das Interesse an unserer RFID-Technologie und dem Skiticketing ist enorm»

von Patrick Gunti


Herr Egloff, Ticketcorner ist mit der Sportmarketing-Agentur Infront Sports eine strategische Partnerschaft eingegangen. Was ist das Ziel dieser Zusammenarbeit, welche Vorteile ergeben sich dadurch für Ticketcorner?


Die Partnerschaft mit einer der weltweit grössten Sporvermarktungsagenturen eröffnet uns völlig neue Möglichkeiten. Gerade im Sport werden Ticketingrechte mittlerweile wie Marketingrechte gehandelt, das Ticketing erhält einen viel grösseren Stellenwert. Künftig werden wir unsere Synergien im Bereich der Vermarktung grosser Sportveranstaltungen bündeln und gemeinsam Angebote abgeben. Mit gemeinsamer Kraft kommen wir dabei schneller ans Ziel.


Ticketcorner investiert sehr viel in den Sportbereich. Sie haben den Ticketverkauf der Handball-WM abgewickelt, zahlreiche Vereine der Axpo Super League stehen bei Ihnen unter Vertrag etc. Was sind die nächsten geplanten Schritte von Ticketcorner im Sportbereich?


Wir halten weiterhin Ausschau nach attraktiven Partnern! Zunächst einmal werden wir im Auftrag des Organsiationskomitees der 2009 IIHF Eishockey-Weltmeisterschaft  exklusiv den Vertrieb für dieses sportliche Highlight in der Schweiz übernehmen. Darüber hinaus stehen wir mit vielen Sportklubs in Deutschland, Österreich und der Schweiz in intensiven Verhandlungen. In Österreich haben wir gerade einen Vertrag mit dem Traditionsverein LASK Linz unterschrieben. Der Sport bietet uns zahlreiche Möglichkeiten –  gerade auch in Verbindung mit unseren elektronischen Zutrittssystemen und modernen Ticketträgern. Wir werden jedenfalls «am Ball» bleiben.


«Gerade im Bereich Skiticketing sehe ich absolutes Wachstumspotenzial, der Markt hat ein Umsatzvolumen von fast zwei Milliarden Franken!» (George Egloff, CEO Ticketcorner)


Ebenfalls um Sport, allerdings um Aktivsport des Endverbrauchers, dreht sich das sogenannte Skiticketing. Was sind die Ziele und Möglichkeiten in diesem Bereich?


Gerade im Bereich Skiticketing sehe ich absolutes Wachstumspotenzial, der Markt hat ein Umsatzvolumen von fast zwei Milliarden Franken!  Von diesem Kuchen wollen wir uns ein Stück abschneiden. Bislang haben die Bergbahnbetreiber weniger als ein Prozent ihrer Tickets im Vorverkauf abgesetzt – das wird sich nun ändern, denn der Kunde verlangt nach flexiblen Lösungen, er möchte nicht am Kassenhäuschen in der Warteschlange stehen, sondern direkt auf die Piste. Möglich macht dies unsere RFID-Technologie (Radio Frequency Identification), bei der Sie ihr Ticket einfach im Internet oder telefonisch bestellen, auf Ihre Bank- oder Kundenkarte  laden und direkt ans Drehkreuz gehen. Das ist die Zukunft des Ticketing! Durch unsere Kooperation mit Skidata erhalten wir die notwendigen Software-Komponenten für den Zugang zu den Zutrittssystemen.


Wie sehen die zeitlichen Pläne für die Entwicklung von Skiticketing aus?


Was die Entwicklung anbelangt, werden wir mächtig Gas geben. Unser neuer Bereichsleiter Skimarkt, Robert Beer, steht bereits in aussichtsreichen Verhandlungen mit einigen Bergbahnbetreibern in der Schweiz und Österreich. Das Interesse an unserer RFID-Technologie und dem Skiticketing ist enorm. Deshalb können wir schon pünktlich zur Wintersaison die Technologie in mindestens einer Pilotregion testen, weitere werden folgen. Bis 2011 soll dieser neue Service flächendeckend in der Schweiz sowie einigen österreichischen und deutschen Skiregionen angeboten werden.


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RFID (Radio Frequency Identification), welches das Skiticketing möglich macht, und andere Technologien sind auf dem Vormarsch. Welche Möglichkeiten eröffnen sich Ticketcorner damit, auf welche Technologien setzen Sie und wie werden diese das Geschäft verändern?


Die Geschwindigkeit, mit der unsere neuen Ticketträger wie RFID und print@home den Markt erobern, ist wirklich atemberaubend. Der Ticketkäufer ist heute wesentlich spontaner und technikbegeistert, so dass diese Entwicklung noch lange nicht ausgereizt ist. Sie können ja heute bequem im Internet bestellen und via print@home ihr Ticket direkt ausdrucken oder mittels RFID auf eine Karte laden und damit dann direkt zur Einlasskontrolle. Für Veranstalter verlängert sich dadurch der Vorverkaufszeitraum enorm, er kann seine Tickets bis kurz vor der Veranstaltung noch über unsere Vertriebswege absetzen. Die Auslastung an den Spielorten wird sich also weiter erhöhen. Und der Ticketkäufer profitiert von geringeren Kosten und einer flexibleren Nutzung.


Gleichzeitig verfügt Ticketcorner nicht zuletzt dank der Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Post und den SBB über ein sehr dichtes Verkaufsnetz. Wird sich dieser mit den angesprochenen Technologien nicht je länger je mehr erübrigen?


Ganz im Gegenteil! Ticketcorner verfügt über eines der europaweit dichtesten Verkaufsstellennetze – und die Vorverkaufsstellen werden nach wie vor rege genutzt. Viele Kunden nehmen die Gelegenheit wahr und kaufen beim Gang zur Post oder am Bahnhof noch schnell ein Ticket. Die neuen Technologien sind eine sinnvolle Ergänzung unserer Vertriebswege, aber sie werden weder das Call Center noch die Vorverkaufsstellen vollständig ersetzen. Sie benötigen einen optimalen Multi-Channel-Vertrieb, um die Wünsche Ihrer Kunden erfüllen zu können.


Ticketcorner ist in der Schweiz klarer Marktleader. Wie schätzen Sie die Konkurrenzsituation ein?


Wie heisst es so treffend? Die Konkurrenz schläft nicht. Gerade auf dem Ticketingmarkt weht einem ein sehr rauer Wind entgegen. Das gilt für den europäischen Markt – aber im besonderen Masse auch für die Schweiz. Wir werden aber alle Anstrengungen unternehmen, um unsere führende Marktposition zu behaupten.


«Unser Fokus liegt derzeit aber klar auf qualitativem Wachstum in unseren Kernmärkten sowie dem Aufbau des Skiticketing.» (George Egloff)


Wie präsentiert sich die Situation in Deutschland und Österreich?


In Deutschland und Österreich werden wir weiterhin gezielt wachsen, die entsprechenden Massnahmen haben wir bereits eingeleitet. In Deutschland konzentrieren wir uns auf ausgesuchte Regionen und Ballungsräume, in denen wir das grösste Wachstumspotenzial sehen. Dort sind wir dann in absehbarer Zeit mit entsprechender Manpower und Niederlassungen vor Ort, um eine dauerhafte Präsenz und Nähe zu den Veranstalterkunden zu gewährleisten. Ähnliches gilt für den österreichischen Markt, in dem wir ja noch nicht so lange aktiv sind. Aber der Erfolg kann sich bereits sehen lassen. In drei Jahren gehören wir in Österreich zu den Top-3-Anbietern.


Ist eine Expansion in weitere europäische Länder ein Thema?


Die Expansion in weitere Länder ist natürlich immer eine Option, die auch wir uns offen halten werden. Unser Fokus liegt derzeit aber klar auf qualitativem Wachstum in unseren Kernmärkten sowie dem Aufbau des Skiticketing. Aber wenn sich eine günstige Gelegenheit ergibt – warum nicht?


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Ticketcorner feiert in diesem Jahr den 20. Geburtstag. Können Sie sich noch erinnern, wie Sie sich vor der Aera Ticketcorner Tickets für ein Konzert besorgt haben?


Tja, ehrlich gesagt: Das kann ich mir kaum noch vorstellen. Die Welt des Ticketing hat sich in den vergangenen Jahren wirklich rasant verändert. Früher habe ich mir das Ticket an der Abendkasse gekauft und dafür häufig sehr lange angestanden. Dieses Ticket wurde dann am Eingang einfach abgerissen. Das ist heute kaum noch vorstellbar, das Ticketing ist ein hochkomplexes Feld geworden. Sitzplatzgenaues Buchen, Abonnementveraltung, elektronische Zutrittskontrolle, print@home , Bestellung übers Internet, unfassendes Reporting und Controlling, Fullfilment – das sind heute die Mindestanforderungen an modernes Ticketing. Dafür benötigen sie schon eine äusserst leistungsfähige Plattform. Und ein Ende dieser Entwicklung ist lange noch nicht abzusehen.nbsp;


Was sind die die wesentlichen Merkmale der Unternehmens-Entwicklung in den letzten zwei Jahrzehnten?


Vom Marketinginstrument zum Marktleader – so kann man die vergangenen zwei Jahrzehnte umschreiben. Wir wurden vom Schweizerischen Bankenverein als Marketinginstrument gegründet, um junge Menschen an die Bankschalter zu locken. Daraus ist dann eine echte Erfolgsgeschichte geworden, die ihresgleichen sucht. Heute gehören wir zu den führenden europäischen Ticketingunternehmen und sind technologischer Innovationsleader. Erstmals in unserer Unternehmensgeschichte können wir uns nach dem Verkauf 2005 unter dem neuen Aktionariat auf unser Kerngeschäft und unsere Stärken konzentrieren. 


Zum Schluss ein Blick nach vorne: Wo wird das Unternehmen in zehn Jahren stehen?


Tja, da müsste ich fast schon in die Glaskugel schauen. Denn zehn Jahre sind in unserer Branche fast eine Ewigkeit. Aber ich gehe davon aus, dass wir unsere Wachstumsziele allesamt erreichen dann nach wie vor zu den führenden Ticketingunternehmen gehören. Ob unter neuen Investoren oder als börsenkotiertes Unternehmen – das wird die Zukunft zeigen. Ich freue mich jedenfalls auf weitere spannende Jahre in einem aufregenden Umfeld!

Herr Egloff, wir bedanken uns für das Interview.





Zur Person:
Der 44jährige George Egloff hat seit der Gründung der heutigen Ticketcorner AG im Jahr 1997 deren Geschäftsleitung inne. In dieser Funktion ist er massgeblich für den Ausbau von Ticketcorner zu einem der führenden Ticketingunternehmen in Europa verantwortlich. Mit seiner mehr als 20jährigen Erfahrung als Unternehmer und Führungskraft im Event- und Ticketingbereich zählt Egloff heute zu den herausragenden Exponenten dieser Wachstumsbranche.


Seine berufliche Laufbahn hat Egloff als Journalist beim Jean Frey Verlag in Zürich begonnen, bevor er sich im Event-Bereich selbständig machte und Grossveranstaltungen organisierte. Von 1997 bis 1999 war er als Geschäftsführer verantwortlich für Gründung und Aufbau der Fastbox Ticketservice AG, einem Gemeinschaftsprojekt von Credit Suisse und UBS, die dann schliesslich in die Ticketcorner AG überging.


Zum Unternehmen:
Ticketcorner zählt heute zu den führenden Ticketingorganisationen Europas. Mit rund 150 Mitarbeitern in der Schweiz, Deutschland und Österreich verfolgt das Unternehmen eine konsequente, europäische Wachstumsstrategie. Ticketcorner bietet Veranstaltern neben einer hochverfügbaren Plattform auch moderne Ticketing-Softwarelösungen für den Eigenvertrieb an. Den Ticketverkauf wickelt das Unternehmen über ein Call Center, ein Internet-Portal und an europaweit rund 5000 Verkaufspunkten ab. Die Aktien-Mehrheit ist im Besitz eines Konsortiums bestehend aus dem Private-Equity-Unternehmen Capvis, dem Technologieunternehmen Kudelski, dem Phonak-Gründer Andy Rihs und dem Ticketcorner-Management. 

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