Gilles Rollet, CEO Mirabaud (Middle East) Ltd. in Dubai: «Boom im Mittleren Osten ist fundamentaler, nicht spekulativer Natur»

von Gérard Al-Fil


 


Herr Rollet, Sie sind vor fünf Monaten von der Bank ABN Amro zu Mirabaud als deren neuer CEO für die Region Mittlerer Osten hinzugestossen. Wie empfinden Sie Ihren Wechsel zwischen den zwei doch sehr unterschiedlichen Unternehmenskulturen?


 


Es ist in der Tat ein markanter Kulturwechsel in meiner Laufbahn. Die vorherige Bank, für die ich den Bereich vermögende Privatkunden in Mittelost und Indien leitete, war ein sehr grosses Unternehmen und in einem anderen Stadium als Mirabaud. In meiner neuen Funktion als CEO von Mirabaud (Middle East) Ltd., haben mein Team und ich in Dubai die Möglichkeit, Wachstum mitzugestalten. Nehmen Sie die Zahl der Menschen, die für Mirabaud arbeiten: vor fünf Monaten, als ich zur Bank hinzustiess, waren es insgesamt 415 Angestellte. Heute arbeiten für Mirabaud 450 Menschen. Eine ähnliche Entwicklung ist bei den verwalteten Vermögen zu verzeichnen. Wir hatten zu Beginn dieses Jahres 20 Milliarden Dollar Asset under Management (AuM), jetzt verwalten wir über 22 Milliarden Dollar. Hinzu kommt der Unternehmergeist, der bei Mirabaud herrscht und der für mich ausschlaggebend war, diese neue Herausforderung anzunehmen. Die Partner der Bank unterstützen die Wachstumspläne in jeder Hinsicht und legen zugleich Wert auf Unabhängigkeit, auch was unseren ambitionierten Businessplan für Mirabaud (Middle East) Ltd. anbelangt.


 


Wie fügt sich die neue Mittelost-Hauptniederlassung im Dubai International Financial Centre (DIFC) in die Wachstumsstrategie der Bank Mirabaud ein?


 


Für den Mittleren Osten verfolgt die Bank Mirabaud mehrere Ziele. Hier im DIFC verfügen wir über eine Lizenz für das klassische Asset Management und das Private Banking. Das bedeutet: wir wollen sowohl institutionellen als auch vermögenden Privatkunden die gesamte Bandbreite an Produkten bieten, die Mirabaud auch an ihren zehn Standorten weltweit offeriert und die klassische Vermögensverwaltung und Beratungsdienstleistungen. Ein Kunde, der beispielsweise einen Teil seines Vermögens in Hedge Funds investieren möchte, wird von Mirabaud direkt betreut, weil wir zu den erfahrendsten Privatbanken auf dem Gebiet der Hedge Funds zählen. Will der Kunde jedoch einen Leverage für sein Portfolio mit einer Grössenordnung von 150 Millionen Dollar, was nicht zu unserem Business gehört, dann arbeiten wir eng mit unseren Partnerbanken als booking center zusammen, wie etwa mit der Credit Suisse AG oder der Société Générale. Das Kunden-Portfolio wird  in einem solchen Fall weiterhin von Mirabaud betreut, jedoch bei der Partnerbank verbucht. Mit unserem Team aus sechs Asset Managern, fünf Assistenten im Management und drei Produktspezialisten im DIFC wollen wir 2009 planmässig break-even erreichen.


 


Bieten Sie Scharia-konforme Finanzdienstleistungen an?


 


Ja, obgleich die Bank Mirabaud über keinen Bereich «Islamic Finance» verfügt, bieten wir sowohl massgeschneiderte, korankonforme Lösungen als auch Standardprodukte wie Investmentfonds über unser Partnerbanken an. Wir arbeiten in der Golfregion mit den besten islamischen Finanzdienstleistern zusammen.


 


Können Sie Namen nennen?


 


Eher nicht, weil die Marktteilnehmer im Wettbewerb zueinander stehen. Sie können aber davon ausgehen, dass sich darunter die führenden Namen im Islamic Bankig befinden. Mit ihnen sind wir strategische Allianzen eingegangen. Damit erkennt die Bank Mirabaud an, dass Scharia Banking ein Schlüsselmarkt ist, den man im Mittleren Osten einfach bedienen muss, will man sich im Asset Manegement und Private Banking glaubwürdig präsentieren.


 



Das Geschäft mit dem Koran und Kapital wächst weltweit mit 15 – 20% pro Jahr. Stellen diese Zahlen ein Benchmark für Sie dar?


 


Ja, sicher, wüchsen wir in diesen Bereichen nicht stärker als der Markt, würden wir sicher etwas falsch machen. Noch wichtiger ist unser aber der qualitative Aspekt in unserem Business. Wir wollen die richtigen Kundenbeziehungen einbringen und diese langfristig entwickeln.&


 


Wächst die Golfregion nicht auch zu schnell? Sehen Sie die Gefahr einer Überhitzung wie vor zehn Jahren bei den «Tigerstaaten» in Südostasien?


 


Das Wachstum in den GCC-Staaten (Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate (VAE), Kuwait, Bahrain, Katar und Oman, d. Red.) ist in der Tat enorm. Nehmen Sie die Liquidität, die in die Märkte von Saudi-Arabien fliesst. Es heisst, dass das Königreich jeden Tag 380 Millionen Dollar aufgrund der hohen Ölpreise einnimmt und die VAE 120 Milionen Dollar pro Tag. Der Wert der Erdölexprte aller Golfstaaten ist heute höher als der Gesamtwert aller chinesischen Exporte. Ich denke, dass der Boom, den die Region verzeichnet, fundementaler Natur ist und nicht spekulativ oder weil die Leute von der Region nur aufgrund der ewig scheinenden Sonne und ihrer schönen Strände begeistert sind. Natürlich müssen wir in einem so expansiven Umfeld auf die Preise der Assets achten. Nehmen Sie den Immobilienmarkt: im internationalen Vergleich ist dessen Preisentwicklung sicher exorbitant und wir müssen hier Vorsicht walten lassen, wenn wir unsere Kunden beraten.


 


Dubai erzeugt weltweit Begeisterung, während der Nahe Osten eher mit Unruhe und politischen Risiken in Verbindung gebracht wird. Inwieweit spielen regionale Unwägbarkeiten in ihrer Strategie ein Rolle?


 


Es ist unbestritten, dass es in der Region eine Reihe von Unwägbarkeiten und Konflikten gibt, wie im Iran, Irak und in Palästina. Doch sind die meisten Volkswirtschaften des Mittleren Ostens sehr lebendige, ja boomende Märkte. Ich nenne hier nochmals das Beispiel Saudi-Arabien, der mit 27 Millionen Menschen grösste Markt auf der arabischen Halbinsel. Was Dubai betrifft, so finden Sie ein ideales Umfeld vor: hohe politische Stabilität und eine boomende Volkswirtschaft. Dubai hat seine Wirtschaft früh diversifiziert, ist heute in der Region führend im Handel, im Finanzsektor und im Tourismus. Neu ist Dubais Engagement bei akademischen Ausbildungsprogrammen und im Bereich der Kunst. Regionale Unwägbarkeiten sind eine Tatsache, die Sie in Ihre Strategie mit einbeziehen müssen. Fakt ist aber auch, dass die Situation in Nahost die Leute nicht davon abhält, neue Geschäfte einzugehen und bestehende Projekte auszubauen.


 





Der Gesprächspartner


Gilles Rollet kann auf eine über 20-jährige internationale Bankenkarriere zurückblicken. Er began seine Laufbahn im Investment Banking bei Goldman Sachs in New York. Dann wechselte Rollet zur niederländischen Bank ABN Amro, für die er zuletzt in Dubai als Head of Private Clients, Middle East and Indian Sub-continent fungierte. Im Juli 2007 stiess Rollet zur Bank Mirabaud hinzu, für die er fortan als CEO von Mirabaud (Middle East) Ltd. die am 27. Juli 2007 gegründete und am 5. November offiziell eröffnete Mittelost-Hauptniederlassung im Dubai International Financial Centre (DIFC) aufbaut.

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