Hans-Jörg Walther; Hotel Riffelalp Zermatt: Innovation für sich allein, ohne Tradition, ist kein Wert
Moneycab: Herr Walther, als Spross der Familie Walther in Pontresina hätten wir Sie eigentlich in der Nachfolge Ihrer Eltern im «Walther» erwartet. Hatten Sie keine Lust auf das vorbereitete Erbe?
Hans-Jörg Walther: Zum Zeitpunkt, als dieser Entscheid anstand, sprachen drei Gründe dagegen, dass ich die Nachfolge im «Walther» übernahm. Erstens bekam ich die Chance nach dem «Nicoletta» die «Riffelalp» zu übernehmen. Zweitens habe ich mich mit meinem Bruder darauf geeinigt, dass er das «Walther» leitet und drittens war ich der Meinung, dass drei Familien von Walthers unter einem Hoteldach doch eher etwas viel seien. Nach meiner Zeit im Nicoletta war ich gewohnt, selbst und mit grossem Freiraum Entscheidungen zu treffen und genau das konnte ich im Riffelalp Resort fortführen.
«Für mich ist es wichtiger, dass ich meine Gäste kenne und um ihre Bedürfnisse und Vorlieben weiss, als dass ich über den Umsatz pro Bett brüte. Dieser ist das Ergebnis der Arbeit, nicht das Ziel.» Hans-Jörg Walther, Hoteldirektor Riffelalp, Zermatt
Moneycab: Mit dem Riffelalp führen Sie ein Luxusressort an traumhafter Lage (2222 m.ü.M) direkt gegenüber dem Matterhorn. Logistisch muss das jedoch ein Alptraum sein. Was sind die grössten Herausforderungen und wie lösen Sie diese?
Hans-Jörg Walther: Um die Logistik zu bewältigen unterscheiden wir verschiedene Ebenen:
1.) Der Gast und sein Gepäck: Dafür haben wir schon in Täsch ein Welcome Parking eingerichtet. Wir kümmern uns um das Gepäck, sobald der Gast sein Fahrzeug verlässt. In Zermatt haben wir einen eigenen Portier mit Elektromobil. Wer hier den Zug verlässt, muss sich ebenfalls um nichts mehr kümmern.
2.) Nahrung, Getränke, Abfallentsorgung: Hierzu haben wir einen speziellen Fahrzeugpark: Einen Ratrac und drei Schneemobile, wovon ein Prototyp mit Batteriebetrieb. Jedes der Schneemobile legt pro Winter 4’000 km zurück.
3.) Wellnessbereich, Heizung, Lüftung: Für den Betrieb unserer technischen Anlage muss unser Cheftechniker versiert und sehr selbstständig sein. Alle überlebensnotwendigen Geräte sind doppelt vorhanden, die restlichen so weit wie möglich an der Fernwartung des Herstellers angeschlossen.
Nebst allen Konzepten benötigen wir vor allem auch «Hände». Unsere Mitarbeiter packen überall mit an und helfen uns, alle Aufgaben zu bewältigen.
Moneycab: Zu Beginn des Jahres hat die Sandoz-Stiftung das gesamte Aktienpaket der Familie Seiler übernommen. Nach dem vollständigen Um- und Neubau von 1998-2000, dem Ausbau der Wellnessanlage, stehen fünf weitere Luxussuiten und zwei Doppelzimmer vor der Vollendung. Wie sehen die Erwartungen bezüglich Return on Investment (ROI) der Besitzerin aus?
Hans-Jörg Walther: Das Hotel muss seit seiner Wiedereröffnung am 1. Dezember 2000 für den Betrieb selbsttragend sein. Ebenso müssen Erweiterungen oder Neubauten (zum Beispiel Wellnessbereich und neue Suiten) aus dem laufenden Betrieb finanziert werden. Die Investitionen der Stiftung (ca. 60 Millionen Schweizer Franken) werden für den ROI nur teilweise berücksichtigt.
Moneycab: Lassen die speziellen logistischen Rahmenbedingungen (zum Beispiel Versorgung mit Nahrungsmittel, Transport des Personals, Entsorgung des Abfalls) einen rentablen Hotelbetrieb zu und bei welcher Auslastung erreichen Sie die operative Gewinnzone?
Hans Jörg Walther: Ja, auch mit der herausfordernden logistischen Situation lässt sich ein rentabler Hotelbetrieb führen. Die Gewinnschwelle liegt im Sommer einer Auslastung von etwa 60% im Winter bei etwa 70%. Dies liegt nebst den erhöhten Heizkosten im Winter vor allem auch am zusätzlichen Personal. Zum Beispiel beschäftigen wir einen Mitarbeiter allein für die Schneeräumung.
Moneycab: Wie sieht der typische Gast im Riffelalp Resort aus? Woher kommt er, was sucht er in Ihrem Hause?
Hans-Jörg Walther: Hier unterscheiden wir zwischen dem Gast im Sommer und demjenigen im Winter. Im Sommer haben wir hier vor allem die Stadtbewohner aus der Schweiz, die der Hitze entfliehen wollen, die Ausflugstouristen, welche die grossartige Naturkulisse geniessen und in Gruppen organisierte Gäste (Konferenzen, Incentive Reisen, Gruppen aus dem Fernost).
Im Winter kommen die urbanen Skifans aus den grossen Städten Europas und der Schweiz. Diese haben ein Jahreseinkommen von über 200’000 Franken, möchten ein abwechslungsreiches Skigebiet vor der Haustüre, und vor allem viel Ruhe und Zeit für sich selbst.
Moneycab: Die Diskussion um die Bundesbeiträge für Schweiz Tourismus haben hohe Wellen geworfen. Wie wichtig sind die Beiträge für Ihre tägliche Arbeit und wie beurteilen Sie die Resultate von Schweiz Tourismus?
Hans-Jörg Walther: Schweiz Tourismus ist ein absolutes «Must». Hier müsste vom Bund eigentlich viel mehr getan werden, wenn man die Wertschöpfung des Tourismus für die Schweiz berücksichtigt. Bei der Umsetzung läuft aber Einiges schief. Zuerst fehlt eine einflussreiche Lobby auf der politischen Ebene. Dann sollte der Public Relations Bereich fundamental überarbeitet werden. So macht heute zum Beispiel Kroatien eine sehr viel effizientere PR als die Schweiz. Wir müssen hier selbstbewusster und gezielter agieren. Zuletzt müssen auch die Mitglieder sich wieder sehr viel stärker für die Belange von Schweiz Tourismus interessieren und einsetzen.
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Moneycab: In der Sommersaison kann im Gegensatz zur Wintersaison die Auslastung noch bedeutend gesteigert werden. Eine mögliche Lösung, die Sie ebenfalls praktizieren, ist die Öffnung für Gruppenreisen. Individualreisende und Gruppenreisende galten bis anhin als nicht gerade verträgliche Zielsegmente. Wie lösen Sie diese marketingtechnische Quadratur des Kreises?
Hans-Jörg Walther: Die Lösung des Problems liegt in der Einzigartigkeit unseres Produktes. Das Riffelalp Resort lässt sich nur schon wegen seiner einzigartigen Lage nicht ersetzen. Dazu kommt, dass wir den gleichen Preis für die gleiche Leistung verrechnen. Wir machen keinen Unterschied, ob der Gast als Mitglied einer Gruppe zu uns kommt, oder als Individualreisender. Er bekommt von uns die gleiche Aufmerksamkeit und die gleiche Qualität. Zu Beginn glaubten einige Touroperators nicht, dass wir das werden beibehalten können. Sie haben sich inzwischen eines Besseren belehren lassen.
Moneycab: Im Bereich der Fünf-Sterne Hotellerie kann man nur mit dauernder Innovation und Qualität wettbewerbsfähig bleiben. Welche Ziele haben Sie mit dem Riffelalp Resort noch und welche konkreten Schritte zur Umsetzung stehen in der kommenden Zeit an?
Hans-Jörg Walther: Qualität setzen wir voraus, wobei auch ein Fiat Panda zum Beispiel qualitativ gut gemacht sein muss. Innovation an sich ist kein Wert, auch Traditionen müssen Platz haben. Unsere Vorfahren haben intuitiv etwas sehr richtig gemacht: Sie haben sich vorwiegend um den Gast gekümmert. Auch für mich ist es wichtiger, dass ich meine Gäste kenne und um ihre Bedürfnisse und Vorlieben weiss, als dass ich über den Umsatz pro Bett brüte. Dieser ist das Ergebnis der Arbeit, nicht das Ziel.
Unsere Gäste schätzen die absolute Ruhe und die Grosszügigkeit der Räumlichkeiten. Das sehe ich auch als Trend für die nächste Zukunft. Um dem gerecht zu werden, erweitern wir das Hotel um fünf weitere Suiten (80m2 und 100m2) und zwei Doppelzimmer. Zudem werden wir die gesamte Hotelumgebung nach der abgeschlossenen Umbauphase renaturieren. In weiterer Zukunft möchte ich das Platzangebot in der Restauration eventuell mit einem dritten Restaurant erweitern.
Moneycab: Mit dem Riffelalp Resort haben Sie eine intensive Zeit des Neubaus und der Neuausrichtung hinter sich. Welche Aufgaben würden Sie als Hotelier noch reizen und wie würde Ihr Traumhotel aussehen?
Hans-Jörg Walther: Eigentlich wäre die Riffelalp mit seiner Lage mein Traumhotel, wenn es noch das zentrale Umfeld des urbanen Mittellandes hätte. Hier fahre ich eine Stunde und bin immer noch weit weg von jeglicher städtischen Umgebung.
Was ich mir auch noch vorstellen könnte wäre ein Haus in der Toscana, Typ «Relais & Chateaux» mit Rebberg und Golfplatz. Manchmal, wenn ich richtig wütend bin, wünschte ich mir ein Hotel in der Wüste mit fünf Angestellten, von denen drei Kamele sind. Wenn sie nicht spuren, landen sie auf der Speisekarte.
Aber das legt sich dann schnell wieder und ich bin wieder in meinem heutigen Traumhotel, dem Riffelalp Resort.
Moneycab: Wo erholen Sie sich in Ihren Ferien am liebsten?
Hans-Jörg Walther: Im Wasser, sofern dieses über 28° warm ist, da ich ein überzeugter Warmduscher bin. Auch sonst brauche ich Wärme rundherum, will keine Gespräche über die Hotellerie im Allgemeinen und über das Riffelalp im Speziellen führen müssen.
Moneycab: Sie haben zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?
Hans-Jörg Walther: Gesundheit für meine Familie und mich, und mehr Zeit für meine Familie.
Der Gesprächspartner
Hans-Jörg Walther, Geboren am 15.10.1964
Verheiratet mit Claudia Walther,
3 Kinder.
9 Schuljahre in Pontresina,
Diplom der Handelsschule in Gruyères,
Diplom der Ecole Hotelière Lausanne.
Berufliche Stationen: Beatus Merligen, Du Park Baden, Suvretta House, Waldhaus Sils, Ermitage Golf.
Führungspositionen: Park Hotel Waldhaus Flims (Dir. Assistent),
Seiler Nicoletta Zermatt (Direktor)
Riffelalp Resort Zermatt (Direktor seit 2001)
Hobbies: Sport, Klassische Musik, Kochen.