Im internationalen Vergleich kann sich die Schweiz weiterhin sehen lassen

von Helmuth Fuchs


Moneycab: Die Schweiz erlässt in zunehmender Kadenz auf vielen Kanälen Verordnungen, Gesetze und Auflagen zur Regulierung des Finanzplatzes und zur Bekämpfung der Geldwäscherei. Wie sieht die Aufgabe der Kontrollstelle aus?

Dina Balleyguier: Die Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei ist die vom Geldwäschereigesetz eingesetzte Aufsichtsbehörde über den Nichtbankensektor. In dieser Eigenschaft bewilligt und kontrolliert sie die ihr direkt unterstellten Finanzintermediäre und die Selbstregulierungsorganisationen, die ihrerseits wiederum ihre Mitglieder kontrollieren. In bezug auf die Aufsicht nach Geldwäschereigesetz erfüllt die Kontrollstelle somit im Nichtbankensektor die gleiche Aufgabe wie die Eidg. Bankenkommission bei Banken, Effektenhändler und Anlage-fonds, das Bundesamt für Privatversicherungen bei Lebensversicherungen und die Eidg. Spielbankenkommission bei Casinos. Sie ist auch selber Autorin von Regulierungen und Auflagen an die Finanzintermediäre.

Organisatorisch sollen die EBK (Eidgenössische Bankenkommission) und das BPV (Bundesamt für Privatversicherung) zusammengelegt werden. Welche Vorteile soll diese Zusammenlegung bringen und was sind die Auswirkungen auf die Kontrollstelle?

In bezug auf die Vorteile einer Zusammenlegung der EBK und des BPV verweise ich auf den Bericht der Expertenkommission Zimmerli. Zusammenfassend ist festzustellen: Eine zusätzliche Integration der schweizerischen Finanzmarktaufsicht lässt eine wesentlich bessere Nutzung der Fachkompetenz zu, vermindert Doppelspurigkeiten und beseitigt unbeabsichtigte Aufsichtslücken.
Im Interesse einer sinnvollen Staffelung der Unterstellung weiterer Aufsichtsbereiche wird indessen von der Expertenkommission empfohlen, von einer Integration der Kontrollstelle zur Zeit noch abzusehen.
Verzichtet man in dieser ersten Phase oder sogar vollständig auf eine Integration der Kontrollstelle in die neue Behörde, würde dies für die Kontrollstelle weitreichende Folgen haben. Der Hauptgrund für die Einführung des Geldwäschereigesetzes war die Gefahr, dass die Schweiz international anerkannte Empfehlungen zur Geldwäschereibekämpfung nicht mehr einhalten konnte. Besonders negativ fiel als Lücke im Abwehrdispositiv das Fehlen einheitlicher Standards im Nichtbankenbereich auf. Es wurde daher beschlossen, den Anwendungsbereich des Gesetzes auf den Nichtbankensektor auszudehnen und die betroffenen Finanzintermediäre durch eine neue Behörde direkt oder indirekt beaufsichtigen zu lassen. Angesiedelt wurde die Kontrollstelle in der Eidg. Finanzverwaltung und zwar mit der Begründung, dass dort die Fachkenntnisse im Bereich der Aufsichtsgesetzgebung sowie im Bereich der Finanzmärkte allgemein liege. Wenn nun weite Teile dieser Aufsicht und Kompetenzen in die neue Finanzmarktaufsichtsbehörde übergehen und die Kontrollstelle nicht einbezogen wird, bin ich der Ansicht, dass hier Signale ausgesendet würden, die den immer wieder vorgebrachten Argumenten der Schweiz entgegenlaufen, dass sie die Regulierung im Nichtbankensektor vorbildlich geregelt hat. Das würde wohl insbesondere auf der internationalen Ebene schlecht verstanden.

Die Umsetzung der vierzig Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) erhöhen nochmals den Druck auf eine schnelle Umsetzung und detailliertere Ausarbeitung der Geldwäscherei Verordnung. Wo steht die Schweiz im internationalen Vergleich?

Im internationalen Vergleich kann sich die Schweiz weiterhin sehen lassen. Von den neuen Empfehlungen der FATF sind die meisten in unserem Land auf Gesetzes- oder Verordnungsstufe, aber auch in der konkreten Anwendung, bereits umgesetzt, so dass nur in wenigen Punkten noch ein Anpassungsbedarf besteht. Der in der Schweiz geltende Standard in Bezug auf die Kundenidentifikation oder das Risikomanagement ist im internationalen Vergleich beispielhaft. So wurden namentlich die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht in den Kundenbeziehungen im Bankensektor mit der jüngsten Verordnung der Eidgenössischen Bankenkommission in nationales Recht umgesetzt. Dasselbe gilt auch für die Verstärkung der Überwachungsmassnahmen gegenüber den Kunden und Transaktionen mit erhöhtem Risikopotenzial, insbesondere im Bereich der Kundenbeziehungen mit politisch exponierten Personen. Die Schweizer Gesetzgebung im Bereich der Geldwäschereibekämpfung bietet auch im Nichtfinanzsektor bereits einen sehr weitreichenden Schutz. Dem Geldwäschereigesetz sind zudem alle berufsmässig ausgeübten Finanzaktivitäten unterstellt, die keiner spezialgesetzlichen Aufsicht unterstehen. Das heisst nichts anderes, als dass die meisten Nichtfinanzberufe, auf die die FATF neu die Sorgfalts- und Meldepflicht ausdehnt, bereits heute dem Geldwäschereigesetz unterstellt sind. Schliesslich entsprechen die neuen Empfehlungen über die internationale Zusammenarbeit den Regeln, die von den Schweizer Strafverfolgungs- und Verwaltungsbehörden in ihren Beziehungen zu den ausländischen Amtskollegen bereits heute Anwendung finden. Das aktuelle Schweizer Dispositiv muss einzig in folgenden Punkten angepasst werden:

– Ergänzung der Liste der Vortaten, die unter die Definition der Geldwäscherei fallen;
– Ausweitung der Sorgfaltspflicht auf bestimmte Berufe und Tätigkeiten des Nichtfinanzsektors und
– Erhöhung der Transparenz in Bezug auf die wirtschaftlich Berechtigten von Gesellschaften mit Inhaberaktien.


Wie bewerten Sie die erhebliche Zunahme der Verdachtsmeldungen (2002: 652; bis Oktober 2003: 719): Führen die neuen Verordnungen einfach zu mehr Verdachtsfällen oder auch zu prozentual mehr erfolgreich bekämpften Geldwäschereifällen?

Das Dispositiv zur Bekämpfung der Geldwäscherei in der Schweiz ist massgebend auf eine präventive Wirkung ausgerichtet. Die lückenlose Anwendung der Sorgfaltspflichten auf alle Kunden der Finanzintermediäre soll dazu führen, dass Personen, die versuchen, über den schweizerischen Finanzplatz Gelder zu waschen, frühzeitig erkannt werden und ihnen die Eröffnung einer Geschäftsbeziehung schon gar nicht ermöglicht wird. Wird eine solche Geschäftsbeziehung trotzdem eröffnet oder wird sie erst im Laufe der Zeit verdächtig, sorgt das System der Meldungspflicht für ein effizientes Einschalten der Strafverfolgungsbehörden.
Die Tatsache, dass die Zahl der Meldungen weiterhin zunimmt, insbesondere aus dem Nichtbankensektor, ist wohl einerseits auf ein immer noch zunehmendes Bewusstsein der betroffenen Finanzintermediäre zurückzuführen, dass sie in diesem Bereich gewissen Pflichten unterworfen sind. Andererseits darf aber auch angenommen werden, dass die Finanzintermediäre zunehmend hellhörig werden und verdächtige Transaktionen und Geschäftsbeziehungen leichter erkennen und melden. So ist gemäss dem Bericht der MROS im Jahr 2002 die Zunahme der Zahl von Meldungseingängen auf eine veränderte und verschärfte Meldepraxis im Bereich der Finanzintermediäre, die Dienstleistungen im internationalen Zahlungsverkehr erbringen (Money-Transmitter) zurückzuführen.
Der Rückgang der Summe der involvierten Vermögenswerte kann ein Indiz dafür sein, dass das Dispositiv der Geldwäschereibekämpfung in der Schweiz nun auch präventiv tatsächlich greift. Vier Jahre der strikten Anwendung der Sorgfalts- und Meldepflichten haben zur Aufdeckung grosser Geldwäscherei-Fälle geführt. Der Finanzplatz Schweiz hat dadurch möglicherweise an Attraktivität für die Geldwäscher verloren.

Wie wird sich die revidierte Verordnung der Kontrollstelle auf die Finanzintermediäre auswirken? Was wird in der täglichen Arbeit einfacher, was komplizierter durch die Verordnung.

Die neue Verordnung der Kontrollstelle bringt eine gewisse Anzahl Vereinfachungen beim Identifizierungsvorgang. Es wurde insbesondere versucht, die Anforderungen mit denjenigen, die im Bankensektor gelten, zu harmonisieren. Es wird eine grössere Auswahl an Identifizierungsdokumenten zugelassen, nicht nur Pass und Identitätskarte. Auf überspitzte Formalismen wie das Erfordernis einer Apostille bei echtheitsbescheinigten Kopien aus dem Ausland wird verzichtet. Bei der Durchführung des Identifizierungsvorgangs darf zudem ein Dritter, insbesondere ein anderer beaufsichtigter Finanzintermediär, beigezogen werden.

Im organisatorischen Bereich wird die Verordnung den tatsächlichen Begebenheiten der Finanzintermediäre angepasst. Die Anforderungen an die interne Organisation werden einerseits präzisiert, andererseits aber auch vereinfacht, indem viele Funktionen in einer Person oder Stelle zusammengelegt werden können oder Dritte zu ihrer Erfüllung beigezogen werden können. Für grössere Finanzintermediäre, welche mehr als fünf Personen beschäftigen, die eine dem GwG unterstellte Tätigkeit ausüben, bleiben gewisse Anforderungen bestehen, indem von ihnen weiterhin verlangt wird, dass sie sich schriftliche interne Richtlinien geben und eine interne Kontrolle veranlassen. Auch für diese Aufgabe kann allerdings ein Dritter beigezogen werden.

Wie wird Ihre Arbeit im allgemeinen von den Vertretern des Finanzplatzes Schweiz gewürdigt? Sehen diese darin eher ein Hindernis oder einen Beitrag zur Sicherheit des Finanzplatzes?

Das Echo, das wir bei der Kontrollstelle bruchstückhaft erhalten, deutet darauf hin, dass die Finanzintermediäre die Auflagen des Gesetzes und der Verordnungen und Regelemente als zum Teil bürokratisch und unnötig empfinden. Dazu kommt, dass die Organisation, die sie vorsehen müssen, und die von den SRO und der Kontrollstelle verlangten Kontrollen, insbesondere durch regelmässige Revisionen, kostenträchtig ist. Gleichzeitig sind die Finanzintermediäre aber auch der Ansicht, dass ein reibungsloses und effizientes Dispositiv zur Bekämpfung der Geldwäscherei für den schweizerischen Finanzplatz unerlässlich ist, damit sie weiterhin von seinem guten Ruf profitieren können. In diesem Sinn sind sie grundsätzlich auch bereit, den verlangten Aufwand zu treiben und scheuen die notwendigen Kosten nicht, um den erstrebten Standard zu erreichen.

Was wünschen Sie sich für die die Kontrollstelle für das nächste Jahr, um noch erfolgreicher Ihre Aufgabe wahrnehmen zu können?

Ich wünsche mir eine noch bessere Zusammenarbeit und einen regen Gedankenaustausch mit den Selbstregulierungsorganisationen, damit die Effektivität und Effizienz der Aufsicht auf beiden Seiten erhöht wird.

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