US-Zölle beginnen Schweizer Industrie zu belasten

US-Zölle beginnen Schweizer Industrie zu belasten
(Unsplash)

Zürich – Die Schweizer Wirtschaft bekommt die Folgen der verschärften US-Handelspolitik und dem Zoll-Hammer von Präsident Donald Trump bereits mit Wucht zu spüren – bei Aufträgen, Arbeitsplätzen und den Aussichten.

Während einzelne Sektoren wie die Pharmaindustrie noch von Ausnahmen profitieren, ist das Gesamtbild trüb. Der Industrie-Einkaufsmanagerindex (PMI) ist im April um 3,1 auf 45,8 Punkte abgestürzt – der tiefste Stand seit Juli 2024.

Bei Werten unter 50 Punkten gehen die befragten Unternehmen insgesamt von einer schrumpfenden wirtschaftlichen Aktivität aus. Der Industrie-PMI verfehlte den 28. Monat in Folge die Wachstumsschwelle.

Laut der am Freitag veröffentlichten Umfrage des Einkauf-Fachverbands procure.ch und der Grossbank UBS sehen viele Industrieunternehmen einen direkten Zusammenhang mit den neuen US-Strafzöllen. 43 Prozent gaben an, in den letzten zwölf Monaten von protektionistischen Massnahmen betroffen gewesen zu sein – mehr als doppelt so viele wie noch im März.

Ökonomen sehen Risiko seit Wochen
Damit rückt erstmals konkret ins Bild, was Ökonomen bereits seit Wochen als Risiko beschrieben hatten: Die Zölle der US-Regierung unter Präsident Donald Trump beginnen die exportorientierte Schweizer Industrie spürbar zu belasten.

Trump hatte am 9. April neue Basiszölle von 10 Prozent eingeführt, die auch für die Schweiz gelten – mit Ausnahme von Stahl- und Aluminium, für die weiterhin 25 Prozent Zoll fällig sind.

Präsident Trump hat zwar angedrohte «reziproke Zölle» für die Schweiz von satten 31 Prozent für 90 Tage ausgesetzt, dennoch bleibt die Belastung insbesondere für Schweizer Tech-Firmen hoch, da die neuen Zölle auf bestehende Abgaben aufgeschlagen werden. Die Tech-Industrie ist laut dem Branchenverband Swissmem mit mehr als einer Verdoppelung der Zollschranken konfrontiert.

Zwei von drei Firmen rechnen mit mehr Hemmnissen
Der Rückgang des Einkaufsmanager-Indexes PMI betrifft besonders die Auftragslage und die Beschäftigung. Zwei von drei Firmen rechnen mit einer weiteren Zunahme an Handelshemmnissen in den kommenden zwölf Monaten – ein Ausdruck wachsender Unsicherheit.

Parallel zum PMI signalisieren auch andere Frühindikatoren eine deutliche wirtschaftliche Eintrübung. Das Konjunkturbarometer der KOF fiel im April um 6,1 Punkte auf 97,1 Zähler und liegt damit erstmals in diesem Jahr unter dem mittelfristigen Durchschnitt.

Besonders betroffen ist das Verarbeitende Gewerbe, mit Einbrüchen unter anderem im Maschinen-, Fahrzeug- und Druckereibereich. Die KOF erwartet je nach Ausmass der Handelskonflikte eine jährliche Wachstumsdämpfung zwischen 0,2 und 0,6 Prozentpunkten.

Experten pessimistisch wie seit Jahren nicht mehr
Auch der von UBS ermittelte CFA-Indikator – ein Barometer für die Konjunkturerwartungen der Finanzexperten – verzeichnete mit einem Minus von 40,9 auf -11,6 Punkte den stärksten Einbruch seit Jahren. Der CFA-Indikator lag letztmals im November 2022 mehr als 50 Punkte im Minus.

Seit dessen Einführung gab es nur zu vier Gelegenheiten einen noch stärkeren Rückgang: während der Finanzkrise 2008, nach der Aufhebung des Franken-Mindestkurses im Jahr 2015 und zweimal während der Covid-Pandemie.

Für das laufende Jahr erwarten laut Umfrage nur noch 20 Prozent der Analysten ein Schweizer Wachstum von über 1,5 Prozent. Im Jahr 2026 liegt dieser Wert bei 34 Prozent.

Ernüchterung bei Personaldienstleistern
Ernüchternd zeigt sich bereits der Arbeitsmarkt im Bereich der Personaldienstleister – traditionell eine konjunktursensitive Branche. Im ersten Quartal 2025 brach das Feststellengeschäft um 25 Prozent ein, die Zahl der geleisteten Stunden sank um 8,4 Prozent.

Laut dem Branchenverband Swissstaffing wird die US-Zollpolitik in einer ohnehin labilen Konjunkturlage zum zusätzlichen Belastungsfaktor.

Analysten und Ökonomen warnten zuletzt vor einem Szenario, in dem sich globale Handelskonflikte weiter zuspitzen und die Schweizer Exportwirtschaft strukturell unter Druck gerät. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) könnte demnach gezwungen sein, mit Zinssenkungen oder Deviseninterventionen zu reagieren. (awp/mc/pg)

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