Interview Hans Hess: «Kleinere wie Leica Geosystems haben mehr Aufholpotenzial»


Nach einem erfolgreichen ersten Jahr an der Börse brach die Aktie von Leica Geosystems im Herbst 2001 ein. Mit einer Restrukturierung will CEO Hans Hess das Unternehmen nun wieder auf Wachstum trimmen.

Von Markus Schär


(Foto: Keystone)
Moneycab: Herr Hess, als Sie Ende März das Geschäftsjahr 2001/02 abschlossen, lag die Börsenkapitalisierung von Leica Geosystems unter dem Buchwert. Das kann Sie kaum kalt gelassen haben.
Hans Hess: Eine gewisse Enttäuschung war da, ja. Aber wir können uns nur sagen: Wir im Management machen das Geschäft, der Markt macht den Markt. Sie müssen sehen, dass der Aktienkurs seit dem letzten Juli, als er noch bei 500 Franken lag, genau im Gleichschritt mit dem Swiss Small Cap Index gesunken ist. Die Investoren sind gegenwärtig einfach nicht an den kleineren Werten interessiert. Aber das wird sich ändern, denn wenn der Aufschwung kommt, haben sie ein viel grösseres Aufholpotenzial.


Nach dem Börsengang vor zwei Jahren entwickelte sich der Kurs zuerst noch günstig, bis Sie im Oktober 2001 eine Gewinnwarnung veröffentlichen mussten.
Nein, es gab zwei Einbrüche. Die Hälfte des Rückgangs fand schon im August und September statt, als sich die Investoren von den kleineren Werten abwandten.

Bröckelte der Kurs denn nicht ab, weil die Private-Equity-Gesellschaft ausstieg, die Sie an die Börse gebracht hatte?
Das ist nicht so, nein. Investcorp verkaufte ihre Beteiligung schon im September 2000. Eigentlich unterlag die Gesellschaft einer Verkaufssperre von einem halben Jahr, aber Investcorp handelte mit den Banken einen früheren Ausstieg aus. Inzwischen hat Leica Geosystems einen Free Float von 100 Prozent, niemand hält mehr als 5 Prozent der Aktien. Und wir vom Management haben in den letzten Monaten eher Aktien dazugekauft, weil das Unternehmen aus unserer Sicht unterbewertet ist und deshalb eine attraktive Investitionsgelegenheit bietet.

Dass Ihr zweites Quartal von Juli bis September 2001 wegen des 11. September schwach war, tönt allerdings eher nach Ausrede. Ein halber Monat kann doch nicht so viel ausmachen.
Doch. Die Hälfte des Umsatzes kommt erst im letzten Monat, manchmal erst in den letzten drei Wochen eines Quartals herein. Und wir machten nach dem 11. September in den USA während drei Wochen null Umsatz.

Dann müssen Sie sich nicht vorwerfen lassen, zu spät auf die wirtschaftliche Abschwächung seit dem letzten Sommer reagiert zu haben?
Nein, in unserem Geschäft erkannten wir den Abschwung bis im September wirklich nicht. Das mag blauäugig gewesen sein, aber Sie müssen sehen, dass wir aus einer fünfjährigen Wachstumsphase kamen. Noch im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2001/02 erzielten wir Rekordwerte. Und als wir am 10. September unsere Mittelfristplanung überarbeiteten, sahen wir noch keinen Anlass zu Korrekturen. Erst nach dem 11. September fehlten uns 20 Millionen Umsatz, was beim Ergebnis 10 Millionen zu wenig ergab. Diese Entwicklung überraschte uns, wir mussten sie auch zuerst verarbeiten.

Aber die Massnahmen, die Sie im Oktober beschlossen haben, greifen jetzt?
Insbesondere in der Bilanz sind sie schon deutlich sichtbar, beim Ertrag dagegen noch nicht. Es ist ja nicht in jedem Land gleich einfach, Stellen abzubauen. Und wir wollen diese Restrukturierung sozialverträglich durchziehen. Insgesamt kann man uns also vorwerfen, dass wir zwei, drei Monate zu spät reagiert haben, mehr aber nicht.

Beim Ausblick gehen Sie, nach einem schwachen ersten Quartal, von einer deutlichen Verbesserung aus. Ist das nicht Wunschdenken?
Nein, das ist der Basiseffekt. Das laufende Quartal müssen wir ja mit dem Vorjahr vergleichen, das noch sehr stark war. In diesem Jahr wird das Erstquartalsergebnis deshalb nicht mehr so grossartig sein. Dafür sollte das zweite Quartal, das letztes Jahr schwach war, diesmal deutlich besser ausfallen.

Worauf stützen Sie Ihren Optimismus?
Wir bringen dann viele neue Produkte auf den Markt und schliessen die Restrukturierung ab. Dazu sollte sich auch der Markt verbessern – das mag allerdings Wunschdenken sein.

Und was ist, wenn der Aufschwung nicht kommt?
Es ist möglich, dass wir in den USA den Boden noch nicht ganz gesehen haben. Falls sich die Konjunktur insgesamt nicht weiter abschwächt, sollten wir aber auf jeden Fall bei Umsatz und Gewinn ein Wachstum erzielen. Es fällt dann vielleicht nicht zwei-, sondern einstellig aus.

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