Josef Felder, Unique (Flughafen Zürich AG): «Unser Unternehmen ist für die Zukunft gestärkt und ich bin ebenfalls noch fit, neue Herausforderungen anzunehmen»

Josef Felder, Unique (Flughafen Zürich AG): «Unser Unternehmen ist für die Zukunft gestärkt und ich bin ebenfalls noch fit, neue Herausforderungen anzunehmen»

von Patrick Gunti


Herr Felder, Unique hat im 1. Halbjahr 2007 den Gewinn erneut um 24,5 % auf 46,1 Mio. Franken steigern können. Was sind die Hauptgründe für das gute Ergebnis?

Die starke Verkehrsentwicklung und eine erfreuliche Entwicklung im Kommerzgeschäft haben massgeblich zum erreichten guten Ergebnis beigetragen.


Ohne die gestiegenen Sicherheitskosten wäre das Ergebnis noch besser ausgefallen. Welche Kosten haben die verschiedenen Massnahmen (Flüssigkeitsbeschränkung etc.) verursacht?

Die Sicherheitskosten sind wegen der am 6. November 2006 eingeführten Flüssigkeitsbeschränkung im Handgepäck sowie wegen der Umsetzung weiterer EU-Sicherheitsmassnahmen im ersten Halbjahr um über 30 Prozent gestiegen. Allein die Regelung mit der Flüssigkeitsbeschränkung verursacht monatliche Kosten von rund einer Million Franken.


Speziell der Nutzen der Einschränkung auf Mitnahme von 100 ml Flüssigkeit im Handgepäck ist sehr umstritten und verursacht einen enormen Aufwand. In Zürich wird täglich fast eine Tonne Waren konfisziert. Wie schätzen Sie diese Massnahme ein und glauben Sie, dass politische Vorstösse, diese wieder abzuschaffen, erfolgreich sein werden?

Ich schätze es als sehr schwierig ein, dass diese Massnahme kurzfristig wieder abgeschafft wird. Die Luftfahrtindustrie ist eine globale Industrie. Wenn neue Massnahmen eingeführt werden müssen, sollte das auf allen Flughafen weltweit gleichzeitig geschehen. Sonst gibt es für Passagiere die bekannten Unannehmlichkeiten. Die Reisenden wissen letztendlich nicht mehr, welche Sicherheitsmassnahmen an welchen Flughäfen gelten. Über Sinn oder Unsinn der Flüssigkeitsbeschränkung im Handgepäck zu diskutieren, ist müssig. Wir mussten sie auf Geheiss unserer Aufsichtsbehörde einführen und leben nun mit den Nachteilen, wie dies andere grosse europäische Flughäfen auch tun.


«Allein die Regelung mit der Flüssigkeitsbeschränkung verursacht monatliche Kosten von rund einer Million Franken.» (Josef Felder, CEO Unique Flughafen Zürich AG)


Haben die gestiegenen Sicherheitsmassnahmen auch mit dazu beigetragen, dass das Jahresziel der Abflugspünktlichkeit von 76,9 % mit 75,1 % im ersten Semester verpasst wurde?

Für die Pünktlichkeit an einem Flughafen sind verschiedene Faktoren verantwortlich. Ein wesentlicher Faktor ist sicher auch das Wetter, und zwar nicht nur in Zürich, sondern auch an den Ausgangsdestinationen der Flugzeuge. Die zusätzlichen Sicherheitsmassnahmen führen zu einem Mehraufwand an den Kontrollstellen. Das war auch der Grund, weshalb zusätzlich viel Personal eingestellt wurde, um die Wartezeiten nicht allzu lang werden zu lassen. Das zusätzliche Personal führt selbstverständlich auch zu zusätzlichen Kosten. Auf die Pünktlichkeit hatte die neue Sicherheitsbestimmung hingegen keinen wesentlichen Einfluss.


Die Passagier-Sicherheitskontrollen am Flughafen sind auch Teil des Projekts Zürich 2010. Was sind die Ziele des Projekts und welche baulichen Massnahmen hat es zur Folge? 

Das Projekt Zürich 2010 beinhaltet vor allem die notwendige Infrastruktur, um Schengen am Flughafen Zürich umsetzen zu können. Ein Teil davon ist die Zentralisierung der Sicherheitskontrolle. Zwischen dem Check-in 1 und dem Check-in 2 wird ein so genannter Sicherheitsturm erstellt. Die Kontrolllinien werden in einem neuen Gebäude im Bereich des ehemaligen Restaurants Top Air auf zwei miteinander verbundenen Ebenen verteilt.


Die Verkehrsentwicklung im 1. Halbjahr verlief sehr erfreulich. 9,7 Mio. Passagiere (+ 8,1 %) benutzten den Flughafen Zürich. Der Anteil der Transferpassagiere erhöhte sich dabei von 31 auf 33, 7 %. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Ohne unvorhergesehene Ereignisse gehen wir davon aus, dass in diesem Jahr rund 20,4 Millionen Passagiere am Flughafen Zürich abfliegen, ankommen oder umsteigen.


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Die Non-Aviation-Erträge lagen mit 147,8 Mio. Franken 1,8 Prozent über dem Vorjahr. Die Erträge im Kommerzbereich wie Retail oder Duty Free legten besonders stark zu. Nun soll das «Airport Shopping» erweitert werden. Wie sehen die entsprechenden Pläne aus?

Das Airport Shopping wird derzeit auf der unteren Ebene, also direkt über den Gleisen des Flughafenbahnhofs, für rund 20 Mio. Franken erweitert. Einerseits wird der Reisemarkt kundenfreundlicher gestaltet, anderseits kommen neue Geschäfte ins Airport Shopping. Die Fashion-Stores Esprit, New Yorker, Mango, BIG und My Shoes sowie ein Ochsner Sport und ein Interdiscount werden das Angebot an Einkaufsmöglichkeiten im Flughafen ab 17. April 2008 erweitern. Neu wird auch ein Starbucks Coffee auf der Ebene über den Bahngleisen Einzug halten.


Wie haben sich die Auslandsgeschäfte von Unique entwickelt?

Die Auslandgeschäfte von Unique laufen gut. Das Herausragendste dabei ist sicher die im Frühling 2008 bevorstehende Eröffnung des neuen internationalen Flughafens im südindischen Bangalore. Unique (Flughafen Zürich AG) hält 17 % an Bangalore International Airports Ltd. Aber auch die Aktivitäten in Lateinamerika entwickeln sich zu unserer Zufriedenheit.


Am 25. November wird im Kanton Zürich über die Plafonierungsinitiative und den Gegenvorschlag abgestimmt. Unique stellt sich gegen die Plafonierungsinitiative, unterstützt aber auch den Gegenvorschlag nicht. Weshalb?

Unique (Flughafen Zürich AG) stellt sich ganz klar gegen die Plafonierungsinitiative. Eine plafonierende Wirkung entfaltet aber auch der im Gegenvorschlag enthaltene Zürcher Fluglärmindex (ZFI). Zwar begrenzt er nicht direkt die Anzahl der Flugbewegungen, sondern die Anzahl lärmbelasteter Personen. Dies kann zweckmässiger sein als ein starrer Bewegungsplafond, ist aber nicht minder frei von Risiken. Die bis heute fehlende raumplanerische Vorsorge könnte dazu führen, dass selbst bei einer Abnahme der Flugbewegungen der Richtwert erreicht oder allenfalls sogar überschritten wird, nämlich dann, wenn die rasante Bevölkerungsentwicklung in der Flughafenregion unvermindert anhält. Unique (Flughafen Zürich AG) kann deshalb den Gegenvorschlag nicht unterstützen, auch wenn sie Verständnis für die politischen Erwägungen hat, die diesem zugrunde liegen. Weil Veränderungen am Pistensystem gemäss Zürcher Flughafengesetz schon heute einem referendumsfähigen Beschluss des Kantonsrates unterliegen, kann ein Wachstum über die Kapazitätsgrenze des heutigen Pistensystems hinaus (ca. 350’000 Flugbewegungen pro Jahr) nicht gegen den Willen der Bevölkerung erfolgen.


Nach neun Jahren im Amt werden Sie spätestens Ende August des nächsten Jahres als CEO von Unique zurücktreten.  Was sind die Gründe für Ihren Rücktritt?

Ich durfte in den vergangenen neun Jahren die vermutlich anspruchsvollste Phase am Flughafen Zürich mitprägen. Unser Unternehmen ist für die Zukunft gestärkt und ich bin ebenfalls noch fit, neue Herausforderungen anzunehmen. Mir scheint dies der richtige Zeitpunkt zu sein, etwas Neues anzupacken. 


In einer anspruchsvollen Amtszeit mit dem Börsengang, den Terroranschlägen vom 11. September und dessen Folgen, dem Swissair-Grounding oder der Fluglärmproblematik ist es keine Selbstverständlichkeit, dass Ihr Rücktritt von allen Seiten mit Bedauern zur Kenntnis genommen wurde. Wie haben Sie dies erreicht?

Ich konnte in den vergangenen neun Jahren auf ein zuverlässiges starkes Management zurückgreifen. Auch die Mitarbeitenden der Unique (Flughafen Zürich AG) haben viel dazu beigetragen, dass unser Unternehmen die Krisenjahre unbeschadet überstanden hat.


Besten Dank für die Beantwortung unserer Fragen und alles Gute für Ihre berufliche und private Zukunft.





Zur Person
Josef Felder wurde 1961 in Wolhusen, Luzern, geboren. Nach einer kaufmännischen Grundausbildung und Weiterbildung zum eidg. dipl. Buchhalter/Controller begann er seine Karriere in einem Treuhandbüro. Er arbeitete danach in verschiedenen Funktionen im Rohstoffhandel, in der Automobilindustrie sowie in der Immobilienbranche. Heute verfügt er über eine 16jährige Erfahrung im Luftfahrtgeschäft. Zwischen 1989 und 1998 bekleidete er verschiedenen Positionen bei der Crossair, und zwar als Buchhaltungschef, Marketing-Leiter, im Product-Management  und als Stv. Direktor. 1998 wurde er Direktor der Flughafen Immobilien Gesellschaft und seit dem 30. März ist Felder CEO Unique (Flughafen Zürich AG). Spätestens Ende August 2008 wird Felder von seinem Amt zurücktreten.


Zum Unternehmen
Unique (Flughafen Zürich AG) betreibt den Flughafen Zürich als gemischtwirtschaftliches Unternehmen und Konzessionärin des Bundes. Die nicht subventionierte Gesellschaft beschäftigt gut 1’500 Mitarbeitende. Während die Mehrheit des Aktienkapitals in Privatbesitz ist, gehören 33.3 Prozent dem Kanton und 5 Prozent der Stadt Zürich. Der Flughafen Zürich ist das Tor der Schweiz zur Welt. 19.2 Millionen Menschen sind im Jahr 2006 hier abgeflogen, angekommen oder umgestiegen und machen so die wichtigste Verkehrsdrehscheibe auch zum bedeutendsten Begegnungszentrum der Region. Rund 270 Unternehmen beschäftigen knapp 21’000 Menschen am Wirtschaftmotor Flughafen Zürich.

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