Julius-Bär-CEO Knabenhans: «Das Schweizer Bankenwesen ist überreguliert»


Während die Konkurrenz hohe Gewinne schreibt, erleidet Julius Bär einen Gewinnrückgang von 55 Prozent. CEO Walter Knabenhans erklärt im Moneycab-Interview warum. Mit Blick nach vorne gibt er sich optimistisch, hält aber auch mit Kritik nicht zurück.

Von Lukas Schweizer

Moneycab: Herr Knabenhans, UBS, Credit Suisse und die ZKB legten 2003 zu, verzeichneten zum Teil gar Rekordgewinne. Julius Bär hingegen weist einen massiven Gewinnrückgang aus. Ist das wirklich nur mit einmaligen Sonderfaktoren zu begründen?

Walter Knabenhans: Der Gewinnrückgang hat alleine mit den Sonderfaktoren zu tun, operativ sind wir auf gutem Niveau. Die Unterschiede zu den von Ihnen erwähnten Instituten ergeben sich in erster Linie aus den verschiedenen Geschäftsmodellen. Bei der UBS, der CS und der ZKB kamen substanzielle Beträge aus dem Retail-Geschäft und dieses fehlt bei uns völlig.

Wenn das Ergebnis nicht gut aussieht, wird dies oft mit einmaligen Sonderfaktoren begründet. Die Abschreibungen sind bei Ihnen 2003 aber nicht wesentlich höher als die Jahre zuvor.

Es sind in unserem konkreten Fall, dies können Sie aus den transparenten Details des Finanzberichts entnehmen, die Sonderfaktoren. Sie können das drehen und wenden wie Sie wollen.

Sie sagen, die Wende bei der Ertragsentwicklung sei eingeleitet, die Kosten unter Kontrolle. Mit was für einem Resultat rechnen Sie in den nächsten Jahren?

Wir wissen in der Zwischenzeit, nachdem wir sowohl die Boomjahre wie auch schwierige Phasen durchschritten haben, dass unsere Ertragslage stark mit dem Zustand des Finanz- undAktienmarktes korreliert. Die Gewinnerwartungen der Analysten die uns verfolgen liegen bei etwa 230 Millionen Franken. Wir glauben, auf Grund des momentanen Marktumfelds und des operativen Schwungs der letzten Monate,dass wir uns in diesem Bereich bewegen können.

Noch eine Frage zur von Ihnen angesprochenen Überregulierung im Schweizer Bankenwesen. Was stört Sie daran?

Ich glaube, es ist eine Regulierung, die sich zum Teil in eine Granularität entwickelt, die vom Kosten-Nutzen-Verhältnis her fragwürdig ist…

..aber braucht es denn nicht scharfe Kontrollmechanismen, um Missbräuchen, beispielsweise bei der Geldwäscherei, vorzubeugen?

Sicher braucht es, um die Integrität und die Reputation eines Finanzplatzes zu erhalten oder gar auszubauen, ein sinnvolles Kontrollnetz. Aber man muss bei der Umsetzung, gemessen am Nutzeffekt, immer die Frage im Kopf behalten was es bringt, wenn man dieses und jenes vorschreibt.


Der Gesprächspartner 
Walter Knabenhans
 
geboren, 1950, schweizerischer Staatsangehöriger
Ausbildung: Dipl. Bauing. ETH Zürich, 1975, Lic. oec. publ. Universität Zürich, 1978
Werdegang: 1978–1994 Credit Suisse, diverse Funktionen
1994–1996 Credit Suisse Financial Products, London, Managing Director and COO

1997–1998 Credit Suisse Group, Managing Director and Chief Risk Officer, Mitglied der Erweiterten Geschäftsleitung

1998 Eintritt in die Julius Bär Gruppe als Vizepräsident der Konzernleitung und Leiter der Sparte Trading

Seit 2001 Präsident der Konzernleitung und Chief Executive Officer der Julius Bär Holding AG

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