Kunsthaus Aarau: Ugo Rondinone – Die Nacht aus Blei

Der Künstler Ugo Rondinone (*1963) zählt zu den national und international bekanntesten, zeitgenössischen Schweizer Kunstschaffenden. Während ihm namhafte Institutionen weltweit grosse Ausstellungen gewidmet haben, war hierzulande seit elf Jahren keine Einzelschau mehr zu sehen. Die Ausstellung Ugo Rondinone – Die Nacht aus Blei schliesst nun diese Lücke: Das Aargauer Kunsthaus ist 2010 Austragungsort einer umfassenden Einzelausstellung mit grossformatigen skulpturalen Werken, Gemälden sowie Sound- und Videoarbeiten. Gezeigt werden eine Auswahl von Werken aus den letzten Jahren sowie neue Arbeiten und ortsspezifische Installationen, die eigens für das Aargauer Kunsthaus entstanden sind.



Von Poesie durchdrungen



Der in New York lebende Künstler Ugo Rondinone arbeitet mit verschiedenen Medien wie Skulptur, Malerei, Klang- und Rauminstallation und Collage, wobei eine grosse Nähe zur Poesie sein ganzes Schaffen durchdringt. Die Auseinandersetzung mit räumlichen Aspekten und das Verhältnis zu Vergänglichkeit und Zeit stehen im Mittelpunkt der Schau im Aargauer Kunsthaus. In der Ausstellung präsentiert er seine Werke nicht isoliert, sondern als räumliche Gesamtbilder, als atmosphärische Bühnenbilder und verführerischen Traumlandschaften, in denen alles möglich scheint. Der im Ausstellungstitel zitierte Roman Die Nacht aus Blei (1956) von Hans Henny Jahnn diente als Inspirationsquelle für die Ausstellung. Das Buch erzählt von einem Mann, der in einer «bleiernen» Winternacht durch eine Stadt irrt und dabei sich selber als jungen Menschen begegnet. Psychologische und metaphysische Ebenen überlagern sich, die Trennung von Vergangenheit und Gegenwart wird aufgehoben.



Anlässlich der Vernissage wird der amerikanische Poet John Giorno mit einer Performance auftreten.




Kulisse oder Traum



Angelehnt an diese Erzählung oszillieren Ugo Rondinones Installationen zwischen traumähnlichen Landschaften und kulissenhaften Szenerien. Der Dualität von Tag und Nacht entsprechend, erstreckt sich die Ausstellung über zwei Museumsetagen, wobei im Untergeschoss ausschliesslich schwarze Arbeiten präsentiert werden. So etwa die zwölfteilige Maskenserie (MOONRISE, 2004), die raumfüllende, minimalistische X-Skulptur (Lessness, 2003) oder eine von Rondinones psychologisch eindringlichen Klanginstallationen. In den grosszügigen Erdgeschossräumen präsentiert der Künstler sorgfältig inszenierte Settings überlebensgrosser Skulpturen, etwa einer Nachbildung eines uralten Olivenbaums oder eines Kamins sowie grossformatiger Malerei. Dem gegenüber stehen kleinformatige Werke von grösster Fragilität, wie Abgüsse von Mandarinen, zarte Tagebuch-Zeichnungen oder auf die Museumswand geschriebene Gedichte. Der rote Faden durch die gesamte Ausstellung ist die Gegenüberstellung des Spirituellen und Poetischen mit dem Gewöhnlichen und Alltäglichen. Die Ausstellung Die Nacht aus Blei vereint über sechzig Werke.


Ugo Rondinone nimmt nicht nur die einzelnen Ausstellungsräume gänzlich in Besitz; mit einer grossen Arbeit an der Fassade des Aargauer Kunsthauses greift er auch in die Architektur ein und vereinnahmt das gesamte Museum. Er bemalt die Glasfront mit einer weissen Backsteinstruktur – das Museum wird buchstäblich «zugemauert». Diese Geste ist bezeichnend für den Künstler, sucht er in seinem Werk doch immer wieder die Abgrenzung zur Aussenwelt und schafft eine Distanz zum Alltäglichen – einen Schutzraum für die Kunst.


Die Ausstellung ist in Kooperation mit dem Museo de Arte Contemporáneo de Castilla y León, Spanien entstanden.
Ugo Rondinone, 1962 geboren in Brunnen, besuchte von 1985 bis 1990 die Meisterklasse von Ernst Caramelle an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Seit Ende der 1990er-Jahre lebt er in New York. (kha/mc/th)

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