Kunsthaus Zürich: Europop

Vom 15. Februar bis 12. Mai 2008 zeigt das Kunsthaus Zürich Meisterwerke der europäischen Pop Art, gruppiert um die Motivkreise «Konsum», «Spektakel», «Medien» und «Freizeit». Die Ausstellung beweist: Pop Art ist keine amerikanische Erfindung.







Richard Hamilton
Just what is it that makes today’s homes so different, so appealing?, 1956
Collage, 26 x 25 cm Kunsthalle Tübingen, Sammlung Zundel
Die Ausstellung «Europop» verfolgt die künstlerischen Einstellungen und usdrucksformen der 50er und 60er Jahre von London, wo der Begriff der Pop Art um 1955 erfunden wurde, über Paris nach Düsseldorf und Mailand. Mit über 80 Spitzenwerken aus über 10 europäischen Ländern belegt das Kunsthaus Zürich die zeitgenössische Brisanz einer der intensivsten und wirkungsmächtigsten Kunsttendenzen des 20. Jahrhunderts.


Einen neuen Begriff: Europop
Beidseits des Atlantiks begannen Künstler Mitte der 50er Jahre, sich mit der Bildwelt der Massenmedien auseinanderzusetzen. Die Haltung und Auseinandersetzung der europäischen Künstler wie Sigmar Polke, David Hockney, Niki de Saint Phalle oder Gerhard Richter mit diesem neuen Thema sind Gegenstand der von Tobia Bezzola und Franziska Lentzsch kuratierten Ausstellung. Der mit Werken aus öffentlichem und privatem Besitz zusammengestellte, reiche Überblick zeigt die ganze Vielfalt ndividueller, milieu- und lokalspezifischer Einstellungen zu den Motivkreisen des Pop: «Konsum», «Spektakel», «Medien» und «Freizeit».


Die Sicht auf die Dinge
Wie beim kunsthistorischen Urahn Dada geht es bei der Pop Art nicht um Technik, Form und Stil, sondern primär um eine Haltung. Da gibt es einmal die schlicht naive, bewundernd-nacheifernde Attitüde, dann einen ironisch-parodistischen Umgang mit den Bildwelten der Plakatwände und der Hochglanzillustrierten; daneben finden sich kritisch-subversive Kommentare, oder die zynisch-ausbeutende Einstellung gegenüber den Ausdrucksformen kommerzieller Kunst.


Ist die Internationalisierung die Vorläuferin der Globalisierung?
Das Auftreten der Pop Art ist das Symptom einer völlig neuen, wechselseitigen Beeinflussung und Abhängigkeit zwischen Westeuropa und den USA nach dem zweiten Weltkrieg. Die zeitgenössische Kunstproduktion beider Kontinente erreicht ein Niveau der Gemeinsamkeit, das vorher nicht denkbar war. Die amerikanische Massenkultur wird zur Waffe im Kalten Krieg: Hollywoodfilme, Jukeboxes, Comicstrips und Rock ’n› Roll-Platten sind in Frankreich, Deutschland und allen anderen westeuropäischen Ländern bald ebenso geläufig wie die immer öfter in den Museen ausgestellten Gemälde amerikanischer Maler. Diese Welle der Amerikanisierung bringt sich in einer Kunst zum Ausdruck, welche die Spannung zwischen alter und neuer Welt zum Inhalt hat. Kein Zufall, dass der Ausdruck erstmals in London verwendet wird. Pop ist, diesen Nachweis erbringt die Ausstellung, gerade keine amerikanische Erfindung. Die Kunsthistoriker bringen es in ihren Beiträgen auf den Punkt: Kein Europop ohne amerikanische Kommerzkultur, keine amerikanische Pop Art ohne die Avantgarden (Dada, Surrealismus) der alten Welt. Pop Art ist ein Nebeneffekt der weit reichenden kulturellen Fusion zweier Kontinente.


Aus zehn Ländern
Aus dem Spektrum der europäischen Pop-Kunst wurden Arbeiten der folgenden Künstlerinnen und Künstler ausgewählt: Thomas Bayrle, Peter Blake, Pauline Boty, KP Brehmer, Erró, Öyvind Fahlström, Franz Gertsch, Domenico Gnoli, Richard Hamilton, David Hockney, Alain Jacquet, Allen Jones, Jean-Jacques Lebel, Konrad Lueg, Eduardo Paolozzi, Peter Phillips, Michelangelo Pistoletto, Sigmar Polke, Martial Raysse, Gerhard Richter, Mimmo Rotella, Niki de Saint Phalle, Peter Stämpfli, Wolf Vostell. Einzelne Spitzenwerke von Andy Warhol, Tom Wesselmann und Roy Lichtenstein signalisieren die Dualität der Pop-Strömungen beidseits des Atlantiks.



Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (Dumont, 316 S., ca. 160 Abb.). Die Autoren dieser deutsch-englischen Publikation (Tobia Bezzola, Walter Grasskamp, Catherine Grenier und John-Paul Stonard) gehen über die allgemeine Definition der europäischen Pop-Kunst hinaus. Sie vertiefen den Blick auf die deutsche und britische Pop Art, analysieren das Werk Richard Hamiltons und widmen sich der Kunst des Nouveau Réalisme, die der Pop Art vieles vorwegnimmt. Die Publikation ist für CHF 65.- am Kunsthaus-Shop erhältlich. (kh/mc/th)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert