Kunsthaus Zug: Ilya Kabakov ? Orbis Pictus

Neben dieser offiziellen Tätigkeit, die einer strengen zensurartigen Aufsicht unterstand und Kabakov hauptsächlich zum Broterwerb diente, entstanden seit den 1960er Jahren inoffiziell und in einem geheimen Atelier eigene künstlerische Arbeiten.


Ilya Kabakov – ein alter Bekannter



2001 war er beteiligt an einer Gruppenausstellung mit Pavel Pepperstein und Boris Groys im Kunsthaus Zug: «Die Ausstellung eines Gesprächs». Für den Bahnhofplatz konnte er mit seiner Frau Emilia 2003 die Marmorskulptur «Drinking Fountain» realisieren (im Auftrag der Wasserwerke Zug AG). 2005 zeigte das Künstlerpaar sodann die grosse Ausstellung «Architekturprojekte» mit zahlreichen Modellen und Zeichnungen im Kunsthaus Zug. Ilya und Emilia Kabakov haben ferner die Idee eines öffentlichen Sammlungsarchivs für das neue Kunsthaus Zug entwickelt und dieses 2006 mit Modellen und Entwürfen erstmals vorgestellt.


Weitgehend unbekannt blieb bisher das frühe illustrative Schaffen Ilya Kabakovs. Nach einer ersten kleineren Präsentation in der Chinati Foundation, Marfa (Texas), und der grossen Überblickausstellung 2008/2009 in vier japanischen Museen wird das Thema im Kunsthaus Zug nun erstmals überhaupt und exklusiv in Europa vorgestellt. Zu sehen sein werden zahlreiche Bücher und rund dreihundertfünfzig Originalentwürfe des Künstlers aus seinem eigenen Bestand. Kabakov richtet die Ausstellung ein, die damit selber zu einer künstlerischen Arbeit wird.



Anatoly Markovich Markusha; Tima is at Home. Illustrationen Ilya Kabakov, Moskau, 1968


Bei allen grundsätzlichen Unterschieden zwischen seinem freien Werk und den illustrativen Auftragsarbeiten gibt es interessante Verbindungen, die es noch zu entdecken gilt. Zu erwähnen ist, dass die Kinderliteratur in der Sowjetunion, anders als im Westen, auch für Erwachsene einen hohen Stellenwert besass. Namhafte bildende Künstler und Autoren befassten sich deshalb mit diesem Genre. Nicht zuletzt auch deshalb, weil der «unverfänglichen» Welt des Kindes gewisse künstlerische Spielräume innerhalb des totalitären Systems offen gehalten wurden.



Von den Einflüssen der Vergangenheit



Kabakovs eigener Kunstbegriff ist bis heute stark von dieser fremdbestimmten Arbeitssituation in der Sowjetunion geprägt. Seine Werke beziehen sich immer primär auf ein imaginäres Gegenüber und suchen den Dialog mit verschiedenartigen Betrachtern. Die Ausstellung der Kinderbücher kann deshalb vielschichtig verstanden werden: zugleich als «Fest» fantasievoller Zeichenkunst und als doppelbödige, komplexe Darstellungswelt, hinter der sich menschliche Sehnsüchte verbergen. Das auffallend viele Weiss der Zeichnungen erlaubt der Fantasie einen Freiraum inmitten der vorgegebenen Bildwelt. (khz/mc/th)



Barbara Levandovskaya; Far and Near. Illustrationen Ilya Kabakov, Moskau, 1982

Zur Ausstellung erscheint das von Ilya Kabakov konzipierte und von Matthias Haldemann mit dem Team für das Kunsthaus Zug edierte, umfangreiche Werkverzeichnis von Kabakovs Künstlerbüchern im Kerber Verlag, Bielefeld, Leipzig, Berlin, mit einer Einleitung von Matthias Haldemann und einem dreiteiligen Dialog zwischen Ilya Kabakov und Matthias Haldemann.  480 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen.
Deutsch/Englisch. ISBN 978-3-86678-372-0 CHF 192

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