Kunstmuseum Winterthur: Plane Figure

Plane/Figure heisst ein Gemälde von Robert Mangold in der Sammlung des Kunstmuseums Winterthur. Es ist ein Meisterwerk der neueren amerikanischen Kunst und steht mit seinem Titel, der eine zentrale malerische Fragestellung anspricht, als Emblem für diese Ausstellung.


Winterthur hat sich einen Schatz zugelegt
Im Kunstmuseum Winterthur wurde in den letzten Jahrzehnten eine Sammlung amerikanischer Kunst aufgebaut, in der Künstler und Künstlerinnen wie Agnes Martin, Ellsworth Kelly, Brice Marden, James Bishop, Robert Mangold, Eva Hesse, Richard Tuttle, Richard Artschwager und John Chamberlain vertreten sind. Für einmal werden in dieser Ausstellung die Werke aus dem Besitz des Museums gezielt durch Leihgaben aus privaten Schweizer Sammlungen ergänzt.


So entsteht eine vertiefte Darstellung von Aspekten der amerikanischen Nachkriegskunst, die mit Werken von sechzig Künstlerinnen und Künstlern den ganzen Erweiterungsbau des Kunstmuseums und das Graphische Kabinett einnimmt.


Auf den Pfaden von fundamentalen Leistungen
In der Schweiz geht die Beschäftigung mit der neueren amerikanischen Kunst auf die fünfziger Jahre zurück, als Arnold Rüdlinger, Leiter der Kunsthalle Basel, Werke von Sam Francis, Alfred Jensen, Joan Mitchell, Kimber Smith in seinem Freundeskreis vermittelte und Sammler für diese Künstler begeistern konnte. Zahlreiche wichtige Werke in Sammlungen gehen auf diese Zeit zurück. Seit den sechziger Jahren engagierten sich einige Galerien intensiv für die Entwicklungen in den USA. Dank ihrer Arbeit versorgte ein steter Fluss von Informationen Sammler und Museumsleute. Dies sind kurz gesagt die Voraussetzungen dafür, eine Ausstellung durchzuführen, die den fundamentalen Leistungen der neueren amerikanischen Kunst nachspürt. Die zahlreichen malerischen und skulpturalen Tendenzen, die sich seit 1945 entwickelt haben, übersteigen den Umfang einer einzigen Ausstellung. Deshalb liegt der Akzent auf dem abstrakten Expressionismus, dem malerischen Aufbruch der Nachkriegszeit, und seinen Nachfolgern. Die Ausstellung beginnt mit Bildgruppen von Jackson Pollock, Mark Rothko, Philip Guston, gefolgt von Sam Francis, Agnes Martin, Ad Reinhardt, Mark Tobey, Cy Twombly.


Auf den Prinzipien des abstrakten Expressionismus ? sich ohne Vorurteile mit den Fakten zu befassen und daraus Erfahrungen zu gewinnen ? basieren aber auch die grossen Maler der letzten Jahrzehnte, nämlich Robert Mangold, Brice Marden, Robert Ryman, schliesslich auch Jerry Zeniuk. Ein Aussenseiter, der sich wieder auf die europäische Moderne besinnt, ist Ellsworth Kelly, von dem eine herausragende Gruppe von Bildobjekten zu sehen ist. Auch Al Held und George Sugarman nehmen Formen auf, die sie in Paris kennen gelernt hatten; Josef Albers, John McLaughlin und Leon Polk Smith setzen die strenge Linie der Abstraktion fort. Objekthafte Arbeiten, die einen anderen Umgang mit dem Werk verlangen, führen die Künstler der sechziger Jahre ein, aus denen Carl Andre, Donald Judd und Dan Flavin herausragen. Während Robert Barry und Lawrence Weiner die Sprache als Objekt begreifen, erfinden Richard Artschwager, Bruce Nauman, Paul Thek und Richard Tuttle Werke, die alle festen Kategorien überschreiten. Als jüngere Künstlerin antwortet Rita McBride in ihrer eigenwillig ironischen Arbeit auf diese Vorgaben.


Die Leichtigkeit der Leere
Den Prolog zur Ausstellung bilden schwarze Malereien auf Papier von Franz Kline, Willem de Kooning, Barnett Newman. Auf diesen magistralen Auftakt antworten im Graphischen Kabinett ausgewählte amerikanische Zeichnungen aus den letzten Jahrzehnten. Besonders zu erwähnen ist eine umfangreiche Gruppe von Arbeiten der jungen Eva Hesse, deren Werk um 1964/1965 eine Wende nahm, die für zahlreiche andere Künstler ihrer Generation vorbildlich war. Herausragende Einzelblätter von Cy Twombly und Ellsworth Kelly stehen in diesem Teil der Ausstellung neben grösseren Werkgruppen. Die lyrische Seite des abstrakten Expressionismus findet ihre Fortsetzung etwa in den Blättern von Sam Francis, James Bishop, Brice Marden und Kimber Smith. Die vielfältigen Erweiterungen, welche die Zeichenkunst in Amerika erfuhr, repräsentieren die Arbeiten der plastisch arbeitenden Künstler, darunter Barry Le Va, Robert Grosvenor, Roni Horn, Ruth Vollmer. Grosse Einzelgänger wie Vija Celmins oder John Cage haben ebenfalls ihren Platz. Der Katalog ist ein eigentliches Handbuch zur neueren amerikanischen Kunst mit zahlreichen wenig bekannten Künstlertexten und mit Aufsätzen, die einzelne Aspekte des Themas näher beleuchten. Er ist reich illustriert mit farbigen Abbildungen der ausgestelltenWerke. Das Buch beschliesst eine ausführliche Bibliographie, die als Nachschlagewerk dienen kann. (kmw/mc/th)



Franz Kline, Untitled No. 2, 1947

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