Lehman erneut mit Milliardenverlusten – Verkauf von Vermögenswerten

Die Dividende wird nun radikal zusammengestrichen. «Dies ist eine der schwersten Zeiten in der Geschichte des Unternehmens», sagte Lehman-Chef Richard Fuld am Mittwoch in New York. Unterdessen zog die Aktie nach dem Kurssturz von 45 Prozent am Vortag zu Beginn des New Yorker Handels zweistellig an.


Mit Verkauf von Konzernteilen zu frischem Kapital
Um der wachsenden Probleme Herr zu werden, hat die viertgrösste US-Investmentbank nach eigenen Angaben bereits rund 1.500 Stellen abgebaut. Sie will nun zudem Konzernteile verkaufen, um sich dringend benötigtes frisches Kapital zu beschaffen. So verhandelt Lehman über den Verkauf eines Mehrheitsanteils an seiner Vermögensverwaltung. Von diesem Schritt erhofft sich das Finanzinstitut Erlöse in Höhe von mehr als 3,0 Milliarden US-Dollar. Gleichzeitig will sich das Unternehmen mehr als 50 Prozent des Vorsteuerergebnisses der Sparte sichern.


Gewerbe-Immobilien sollen ausgegliedert werden
Infolge des Niedergangs auf dem US-Immobilienmarkt und der sich daraus ergebenden Abschreibungen will Lehman ausserdem den Grossteil seiner Gewerbe-Immobilien in eine neue Gesellschaft mit dem Namen Real Estate Investments Global (REI Global) ausgliedern. In sie sollen etwa 25 bis 30 Milliarden an Vermögenswerten eingebracht werden. Dieser Schritt werde voraussichtlich im 1. Quartal des Geschäftsjahres 2008/09 vollzogen.


Britische Privatimmobilien an BlackRock
Mit dem Vermögensverwalter BlackRock spricht Lehman zur Zeit bereits über den Verkauf seiner britischen Privatimmobilien. Von diesem Schritt erwartet sich die US-Investmentbank einen Erlös von rund 4,0 Milliarden Dollar. Eine entsprechende Vereinbarung solle in den nächsten Wochen abgeschlossen werden, hiess es. Ausserdem will Lehman Brothers die Jahresdividende von 0,68 US-Dollar für 2006/07 auf 0,05 US-Dollar je Aktie kürzen.


Verlust doppelt so hoch wie erwartet
Der Verlust im dritten Quartal fiel mit 5,92 US-Dollar je Aktie wesentlich höher aus als erwartet. Experten hatten im Schnitt 2,91 US-Dollar erwartet. Vor einem Jahr hatte Lehman Brothers noch einen Gewinn von 1,54 Dollar je Aktie verzeichnet. Wegen der Probleme an den Finanzmärkten und der daraus entstandenen Abschreibungen konnte Lehman Brothers im Zeitraum von Juni bis August keine Erträge erwirtschaften, sondern musste einen negativen Wert von 2,9 Milliarden Dollar verbuchen. Im Vorjahr hatte das Institut noch Erträge von 4,3 Milliarden Euro erwirtschaftet.


Ausstehende private Hypothekendarlehen auf 17,2 Mrd. Dollar gesenkt
Den Angaben zufolge hat Lehman Brothers im dritten Quartal die Höhe der ausstehenden privaten Hypothekendarlehen um 31 Prozent auf 17,2 Milliarden US-Dollar gesenkt. Bei den Gewerbeimmobilien gingen die Aussenstände im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent auf 32,6 Milliarden Dollar zurück.


Korea Develpment Bank bricht Gespräche ab
Ebenfalls am Mittwoch musste Lehman einen Rückschlag bei der Suche nach einem Investor hinnehmen. Die staatlich kontrollierte Korea Development Bank (KDB) brach die Gespräche über einen möglichen Einstieg bei der angeschlagenen US-Investmentbank ab. Es gebe Meinungsverschiedenheiten über die Transaktionsbedingungen, teilte die Bank in Seoul mit. Die KDB hatte laut Medienberichten über den Kauf eines 25-Prozent-Anteils an Lehman verhandelt.


Kein Einstieg der Deutschen Bank
Auch die Deutsche Bank wird nicht bei der US-Investmentbank einsteigen. Sie sei weder an Teilen von Lehman noch an der gesamten Bank interessiert, sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Allerdings rechnet Ackermann nicht mit einem Zusammenbruch des Finanzinstituts. «Ein Kollaps einer Bank dieser Grössenordnung würde eine weitere Welle von Verwerfungen nach sich ziehen. Aber davon gehe ich nicht aus», sagte er bei der «Handelsblatt»-Tagung «Banken im Umbruch» in Frankfurt.


Hoffnung bei den Anlegern
Spekulationen über ein mögliches Scheitern der Gespräche mit der KDB hatten am Vortag zu panikartigen Verkäufen von Lehman-Aktien geführt. Der Kurs sackte bis auf ein Zehn-Jahres-Tief ab und schloss bei 7,79 US-Dollar. Die Bank hatte als Reaktion darauf die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse um gut eine Woche vorgezogen. Nun schöpfen die Anleger wieder Hoffnung. Im vorbörslichen Handel in New York notierte das Papier kurz nach Börsenstart bei 8,61 Dollar – ein Plus von 10,53 Prozent.  (awp/mc/pg/23)

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