Leuenberger lenkt ein: Rücktritt früher als geplant

Wann genau das sein wird, will Leuenberger am 18. August bekanntgeben – nach Rücksprache mit den anderen Bundesräten an der ersten Bundesratssitzung nach der Sommerpause. Fest steht aber schon jetzt: Die Ersatzwahl für Leuenberger und den ebenfalls zurücktretenden FDP-Bundesrat Hans-Rudolf Merz findet in der Herbstsession statt. Nationalratspräsidentin Pascale Bruderer (SP/AG) und Ständeratspräsidentin Erika Forster (FDP/SG) wollen die Wahl am 22. September durchführen, wie sie am Montag mitteilten.


Ball vorerst Merz zugeschoben
Bisher hatte Leuenberger auf einem Rücktritt per Ende 2010 beharrt. Im Schweizer Fernsehen sagte er noch am Wochenende: «Wenn jemand einen Doppel-Rücktritt gewollt hätte, hätte er das so arrangieren können.» Als Gründe hatte der Infrastrukturminister den Gotthard-Durchstich vom 15. Oktober und die Klimakonferenz im mexikanischen Cancún genannt. Dem Bundesrat will Leuenberger nun beantragen, dass er nach seinem Rücktritt dennoch die Schweizer Delegation für die Klimakonferenz leiten darf. Diese beginnt Ende November.


«Staatspolitische Überlegungen»
«Staatspolitische Überlegungen» seien der Grund für seinen Schritt, schrieb Leuenberger. Es sei offensichtlich, dass der Bundesversammlung bezüglich politischer und regionaler Wahlkriterien bei einem einzigen Termin mehr Möglichkeiten zur Verfügung stünden. Der Bundesrat könne die Departementsverteilung leichter und nahtloser vornehmen. Leuenberger und Merz waren in den letzten Tagen von Politikern und Medien heftig dafür kritisiert worden, dass sie ihre Rücktritte nicht koordiniert hatten. Ständeratspräsidentin Forster beauftragte die Parlamentsdienste, nach Lösungen zu suchen, um beide neuen Bundesräte am selben Tag zu wählen.


«Schöne Nebenwirkung» 
Um Leuenberger zum Umdenken zu bewegen, habe es weder Druck noch Anreize gebraucht, sagte SP-Präsident Christian Levrat auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Der Magistrat habe wohl ein Wochenende gebraucht, um die verschiedenen Argumente gegeneinander abzuwägen. Für Levrat zeugt Leuenbergers Entscheid von «Grösse» und von Respekt vor den Institutionen. Und als «schöne Nebenwirkung» sei die SP nun für die Ersatzwahl in der besseren Ausgangslage. Bei der gleichzeitigen Wahl wird der Sitz von Leuenberger zuerst vergeben und erst danach jener von Merz.


Sommarugas Wahlchancen wieder gestiegen
Umgekehrt wäre es gewesen, wenn Leuenberger an seinem Rücktrittsdatum festgehalten hätte. Damit hätten sich die Wahlchancen der SP-Kronfavoritinnen Simonetta Sommaruga (BE) und Jacqueline Fehr (ZH) verringert, da sich eine Frauenmehrheit oder eine doppelte Berner Vertretung im Bundesrat abgezeichnet hätte. Diese Taktierereien sind nun teilweise hinfällig. Obwohl die FDP mit ihren Favoriten Johann Schneider-Ammann (BE) und Karin Keller-Sutter (SG) dadurch wieder ins Hintertreffen gerät, begrüsst die Partei Leuenbergers Entscheid. An der Strategie der FDP ändere sich dadurch nichts, sagte Generalsekretär Stefan Brupbacher. Dass Leuenbergers Sitz nun zuerst besetzt werde, nehme die FDP «mit Gelassenheit» zur Kenntnis.


SVP: Termine egal – zweiter Sitz muss her
Leuenberger sei «wieder zur Vernunft gekommen», sagte Christophe Darbellay. Der CVP-Präsident hatte Leuenbergers Beharren auf dem Rücktritt Ende Jahr am Wochenende als «Witz» bezeichnet. Grünen-Präsident Ueli Leuenberger zeigte sich erfreut über den Entscheid seines Namensvetters. Für die SVP ist die Frage, ob gleichzeitig oder gestaffelt gewählt werde, zweitrangig, wie Generalsekretär Martin Baltisser sagte. Ihr gehe es vor allem darum, dass ihr Anspruch auf zwei Sitze erfüllt werde. (awp/mc/ps/26)

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