Liechtenstein 15 Jahre im EWR: Eine Erfolgsgeschichte

Dies schreibt das Presse- + Informationsamt Liechtenstein (pafl) in einer Mitteilung vom Wochenende. Demnach zieht Regierungschef Klaus Tschütscher eine positive Gesamtbilanz nach fünfzehn Jahren EWR-Mitgliedschaft: «Unsere EWR-Mitgliedschaft ist eine äusserst erfreuliche Erfolgsgeschichte. Die wirtschaftliche Entwicklung seit 1995 zeigt, dass es gelungen ist, mit der EWR-Mitgliedschaft die guten Rahmenbedingungen zu erhalten und sogar auszubauen.» Dies bestätigen auch die Stellungnahmen verschiedener Wirtschafts- und Interessenverbände. Der ungehinderte Zugang zum EU-weiten Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen, der insgesamt 30 Staaten und ca. 500 Millionen Bürger umfasst, stellt einen bedeutenden Standortvorteil dar, der sich auch in den Exportstatistiken niedergeschlagen hat. Positiv zu beurteilen ist auch die mit dem EWR-Beitritt einhergehende Diversifizierung und Internationalisierung im Dienstleistungsbereich.


Versprechen erfüllt
Bei EWR-Beitritt wurde versprochen, dass die guten Beziehungen zur Schweiz erhalten bleiben und weiterentwickelt werden. Dies ist in hervorragender Art und Weise gelungen, da die sogenannte «Parallele Verkehrsfähigkeit» problemlos funktioniert. Zudem wurde zugesichert, dass mit dem EWR-Beitritt die Wettbewerbsfähigkeit Liechtensteins bewahrt werde, was die durchwegs positive wirtschaftliche Entwicklung in Industrie, Gewerbe und Dienstleistungssektor auch belegt.


Knackpunkt Personenverkehr gelöst
Das EWR-Abkommen hat sich für sehr sensible, Liechtenstein-spezifische Themen nicht nur als verkraftbare, sondern auch als anpassungsfähige Lösung erwiesen. Die bei EWR-Beitritt verhandelten und bei den EWR-Erweiterungen 2004 und 2007 angepassten Bestimmungen im Bereich des freien Personenverkehrs berücksichtigten die geographischen, demographischen und soziologischen Gegebenheiten. Liechtenstein hat eine massgeschneiderte Lösung verhandeln können, die auch den EWR-Erweiterungen 2004 und 2007 nicht nur standgehalten haben, sondern sogar verbessert werden konnten, da es kein automatisches Auslaufen mehr gibt.


Erfolgreiche Wirtschaft
Der durch den EWR bedingte Konkurrenzdruck stellte für einzelne Branchen und Unternehmen eine grosse Herausforderung dar. Doch auch hier kann festgestellt werden, dass sich die liechtensteinische Wirtschaft den neuen Herausforderungen stellt und die erfolgte Öffnung ausländischer Märkte zu nutzen vermag. Gesamthaft kann festgestellt werden, dass die liechtensteinische Volkswirtschaft heute in sehr guter Verfassung dasteht. Die vor EWR-Beitritt vorhandenen Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet, die meisten der erhofften Entwicklungen sind eingetreten. Selbstverständlich gibt es auch im EWR-Abkommen Bereiche, die Probleme in der Anwendung und in der Umsetzung in nationales Recht verursachen. Die EWR-Zugehörigkeit bietet aber neue Geschäftsmöglichkeiten, wie z.B. Versicherungen, Anlagefonds, Telekommunikation, Zertifizierung und eröffnet neue Märkte.


Grössenverträglichkeit gegeben
Im Vorfeld des EWR-Beitritts wurden teilweise Bedenken geäussert, dass die EWR-Mitgliedschaft einen unverhältnismässigen Aufwand verursache. Nach fünfzehnjähriger Erfahrung kann auch hierzu eine positive Bilanz gezogen werden, auch wenn die Schaffung neuer Stellen in der Landesverwaltung sich nicht im ursprünglich prognostizierten Rahmen bewegte. Es hat sich gezeigt, dass mit der Schaffung der Stabsstelle EWR als zentrale Anlauf- und Koordinationsstelle, der Stärkung der Mission in Brüssel, dem Aufbau von Fachwissen in den Ressorts und den Amtsstellen sowie dem Einbezug der Interessensvertretungen das EWR-Abkommen effizient zu administrieren und dabei insbesondere die Interessen Liechtensteins optimal zu wahren sind. Die Umsetzungsstatistiken zeigen, dass Liechtenstein bei der Erfüllung der Umsetzungsverpflichtungen eine sehr gute Position einnimmt.


Gewohnte Praktiken und Abläufe tangiert
Kritik am EWR-Abkommen wurde aus den zur Stellungnahme eingeladenen Kreisen teilweise dann geübt, wenn der durch den EWR geforderte Wettbewerb gewohnte Praktiken und Abläufe tangiert (beispielsweise öffentliches Auftragswesen) oder der staatliche Handlungsspielraum durch die staatlichen Beihilfenregelungen des EWR-Abkommens eingeschränkt wird. Manche Interessensvertretungen kritisierten auch die mit dem EWR-Abkommen einhergehende Regelungsdichte.


EWR und Steuern
Die Steuerharmonisierungsfragen werden von der EU nicht nur innerhalb der EU/EWR-Institutionen gestellt; sie betreffen alle Staaten mit vorteilhaften Steuersystemen (wie z.B. auch die Schweiz, die nicht EWR-Mitglied ist, aber auch die neuen EU-Mitgliedstaaten). Nach Auffassung der Regierung ist die Zugehörigkeit zum EWR auch in diesem Zusammenhang als Vorteil zu werten, können doch nur die Mitglieder vom Grundprinzip des EWR als Raum des Rechts profitieren. In den vom EWR geregelten Bereichen sind die Beziehungen zur EU und zu den EWR-Mitgliedstaaten durch Rechtsregeln geordnet. Zum Zinsbesteuerungsabkommen ist auszuführen, dass dieses nicht in direktem Zusammenhang mit dem EWR-Abkommen steht, aber im Kontext der europäischen Integration.


EWR-Vertrag: nicht bloss ein Wirtschaftsvertrag
Der EWR-Vertrag ist weit mehr als ein Wirtschaftsvertrag. Dazu Regierungschef Klaus Tschütscher: «Das EWR-Abkommen hat auch im Konsumenten- und Arbeitnehmerschutz, bei der Gleichstellung von Mann und Frau und in anderen gesellschaftlichen Bereichen verschiedene Veränderungen ausgelöst, die jedem Einzelnen zugute kommen.» So ist auch die Eröffnung des europäischen Binnenmarktes vorteilhaft für die Konsumentinnen und Konsumenten, da der Handel günstigere Produkte behinderungsfrei aus dem gesamten EWR-Ausland importieren kann. Selbst wenn die Entwicklungen aufgrund bestehender traditioneller Bezugs- und Vertriebsstrukturen im Handel eine gewisse Zeit beanspruchen, so werden längerfristig auch die Konsumentinnen und Konsumenten verstärkt direkt von der EWR-Mitgliedschaft profitieren können.


Bildung und Jugend
Was die Programmteilnahmen insbesondere im Bereich der Bildungs- und der Jugendprogramme betrifft, so wurden die Erwartungen weit übertroffen. Gerade dieser Bestandteil des EWR-Abkommens ist für ein europäisches Bewusstsein der Menschen besonders hervorzuheben und als eine langfristige, friedensstiftende und die Lebensqualität erhöhende Investition zu betrachten.


Gute Ausgangslage für weitere Entwicklungen
Zum Abschluss dieser positiven Bilanz der fünfzehnjährigen EWR-Mitgliedschaft Liechtensteins kann die Regierung festhalten, dass der Integrationsstatus Liechtensteins derzeit als angemessen bewertet wird und als beste Startposition für ein allenfalls notwendig werdendes anderes Integrationsszenario. «Dennoch darf die Dynamik in- und ausserhalb des EWR, dabei insbesondere bezüglich der integrationspolitischen Entwicklungen in der EU, in den Ländern unserer EFTA-Partner und allen voran in der Schweiz, nicht unterschätzt werden. Die Regierung beobachtet die Entwicklungen sehr genau, um zum richtigen Zeitpunkt die geeigneten Weichenstellungen vornehmen zu können», so Regierungschef Klaus Tschütscher. (pafl/mc/ps)

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