Migrosmuseum Zürich: Cory Arcangel – NERDZONE NUMBER 1

Es werden Spielabläufe unterbrochen, kurzgeschlossen und auf ihre monochromen Bildhintergründe reduziert – andere bekommen eine neue Narration. Den Arbeiten liegt nicht bloss ein nostalgischer Gedanke zugrunde, sondern auch eine Wertschätzung und Neuinterpretation des Spielsystems, sowie das Interesse auf einer 8-Bit Technologie elektronische Minimal-Musik zu komponieren.

Das waren die legendären Zeiten des  Super Mario Bros…
Für die stark formalistisch reduzierte Arbeit Super Mario Clouds V2k3 (2003) nimmt Arcangel mit Super Mario Bros wohl eines der bekanntesten Spiele als Ausgangsmaterial. Aus dem ursprünglichen Spiel wurden alle grafischen Elemente entfernt ? bis auf die Wolken, die langsam vor sich hin treiben. Am monotonen Bildaufbau lassen sich nicht nur Referenzen an die monochrome Malerei festmachen. Genauso lässt sich dieser als ironischen Kommentar auf die Entwicklung der klassischen Wolkenmalerei lesen, die kunsthistorisch als Ausgangspunkt der abstrakten Malerei gesehen wird. Im Dokumentarfilm How to Make Super Mario Clouds (2003) wird dem Computerlaien erklärt wie er sich seine eigenen Super Mario-Wolken programmieren kann. In Japanese Racer Game (2004) wurde der ursprüngliche Spielverlauf ebenfalls zum Unspielbaren unterbrochen ? der Rennwagen, der den Spieler durch die grobgepixelte Landschaft steuern sollte, wurde eliminiert. Das Spiel wird zu einer Fahrt durch eine psychedelische Farblandschaft. Auch in Super Mario Movie (2005) wird das Spiel Super Mario Bros als Quelle benutzt, im Gegensatz jedoch wird hier eine Narration erzeugt, die den Helden Mario durch eine stark halluzinogene Farbwelt, die an den deutschen absoluten Film erinnert, wirbelt.
NERDZONE NUMBER 1

Warhol als Pate
Als Ehrerbietung an den Gründer der Pop-Art, Andy Warhol, der wie kein anderer mit fremden Bildmaterial und industriellen Reproduktionstechniken gearbeitet hat, kann I Shot Andy Warhol (2003) gelesen werden. Der Spieler schlüpft dabei in die Rolle von Valerie Solanis, die 1968 versuchte, Warhol zu ermorden. Mit einer Plastikpistole bewaffnet soll versucht werden, den digitalen Andy Warhol zu erschiessen. Super Slow Tetris (2004) und Space Invaders (2004), beide bekannt als Spielklassiker, zeichnen sich vermeintlich durch einen stark partizipativen Charakter aus, doch der Vorfreude wird ein jähes Ende bereitet. Die Monotonität und Langsamkeit der Spiele lassen ein schales Gefühl der Frustration zurück.

Minimal-Musik auf Nintendo
Arcangels Interesse an elektronischer Minimal-Musik kommt am Stärksten in der Arbeit Nipod v. 2 (2004) zur Geltung. Es handelt sich dabei um einen Ipod, der für die Nintendo-Spielkonsole kreiert wurde. Zusammen mit Paul B. Davis, Joseph Beuckman und Joe Bonn hat Cory Arcangel das Programmierkollektiv Beige gegründet, das auch Platten herausgibt und für viele experimentelle Internet-Projekte verantwortlich ist. Unter diesem Label ist die Platte The 8-Bit Construction Set, die Musik-Samples von 8-Bit Konsolen bereitstellt, herausgekommen. In ihren künstlerischen Arbeiten versucht Beige eine Medienkritik zu formulieren, die darauf hinweist, dass die Gesellschaft einer «Diktatur» von Programmierern ausgeliefert ist. Besonders gefährdet ist hier der «autonome» Status des Künstlers, der sich heutzutage, sofern er für sein Schaffen Computerprogramme zu Hilfe nimmt, nur in den jeweiligen Parametern dieser Programme bewegen kann.(mm/mc/th)






Hinweis:
!PERFORMANCE MIT CORY ARCANGEL!

Ausgerüstet mit einem DVD-Player, einem Laserpointer und einer Sammlung von Simon & Garfunkel DVDs wird Cory Arcangel eine Performance über seine Beziehung mit dem berühmten amerikanischen Duo halten.

Samstag, 2. April 2005 um 22.00 im migros museum für gegenwartskunst.
Natürlich mit Bar.

Weitere Infos:
www.beigerecords.com/cory
www.post-data.org/beige









Ein ausführlicher Katalog zur Ausstellung mit einem Essay von Raphael Gygax wird bei JRP/Ringier erscheinen.

Öffentliche Führungen: So, 3. & 24. April, 8. & 22. Mai, 15h sowie Do, 14. April, 18h

So, 8. Mai: Tag der Museen: Freier Eintritt

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