Milchproduzenten und -verarbeiter gründen BO Milch

Zwar sind sich Produzenten und Verarbeiter einig, dass nach dem Ende der staatlichen Milchmengenkontrolle wieder für beide Seiten verbindliche Spielregeln eingeführt werden müssen. Als es am Montag bei der Gründung der BO Milch allerdings um die Besetzung des Vorstandes ging, setzte sich das Seilziehen fort. Für die Wahl des 20-köpfigen Vorstandes brauchte die BO Milch zwei Stunden mehr als veranschlagt, wie Vertreter der Organisation vor den Medien berichteten. Vor allem auf der Seite der Produzenten erreichten nicht alle Kandidaten das verlangte Quroum von drei Vierteln der Stimmen. Ein als konservativ geltender Westschweizer Vertreter wurde nicht gewählt.


Grabenkämpfe dürften anhalten
Weitere Grabenkämpfe im Vorstand der BO Milch sind voraussehbar, denn die je zehn Vertreter der beiden Seiten können auch künftige Beschlüsse nur mit Dreiviertels-Mehrheiten fällen. Damit, so die Begründung, solle sichergestellt werden, dass ein Beschluss von einer grossen Mehrheit akzeptiert wird. Zum ersten Präsidenten der BO Milch ernannt wurde Hansjörg Walter, Präsident des Schweizerischen Bauernverbandes. Walter amtet allerdings nur als Präsident ad interim und ohne Stimmrecht. Auch der Bauernverband soll nur in einer Übergangsphase federführend sein. Später soll die BO Milch auf eigenen Füssen stehen.


Regeln für den Handel von Milch
Eines der Hauptziele der BO Milch ist es, Regeln für den Handel von Milch aufzustellen, die für Verkäufer und Verarbeiter verbindlich sind. Erste Eckpfeiler wurden laut Jacques Bourgeois, dem Direktor des Bauernverbandes, bereits skizziert. Die Deckung des Grundbedarfs an Milch soll über mindestens einjährige Verträge sichergestellt werden. Die BO Milch gewährleistet damit eine gewisse Liefer- und Absatzsicherheit. Milch, die nicht als Vertragsmilch abgesetzt werden kann, soll als so genannte Börsenmilch gehandelt werden.


Eruierung der Mengenverhältnisse auf dem CH-Milchmarkt
Zudem strebt die BO Milch einen Konsens im Bezug auf die strategische Ausrichtung und die Positionierung der Schweizer Milchbranche an. Eine der ersten Arbeiten besteht nun darin, die tatsächlichen und bisher unbekannten Mengenverhältnisse auf dem Schweizer Milchmarkt zu eruieren. Die nun in der BO Milch zusammengeschlossenen 50 Organisationen und Unternehmen der Schweizer Milchbranche produzieren und handeln rund 95 Prozent der Schweizer Milchmenge. Vertreten sind alle grossen Milchverarbeiter, die Käsebranche, die verschiedenen regionalen Produzentenorganisationen sowie die grossen Detailhändler Coop und Migros.


Fehlende Spielregeln
In den letzten Monaten sei wegen den fehlenden Spielregeln unter den Milchverkaufsorganisationen ein brutaler Konkurrenzkampf um Marktanteile entbrannt, sagte Peter Gfeller, der Präsident der Schweizer Milchproduzenten. Dabei sei der Milchpreis ins Bodenlose gefallen. Die Milchindustrie begrüsst die neue Organisation. Sie will aber nicht, dass die BO Milch künftig die Preisverhandlungen führt oder die Preise festlegt, wie Markus Willimann, der Präsident der Vereinigung der Schweizerischen Milchindustrie, sagte. Zudem sei eine Annäherung der Schweizer Milchwirtschaft an das EU-Milchpreisniveau unerlässlich.


Noch kein Freibrief der Weko
Die Wettbewerbskommission (Weko) stellt der BO Milch noch keinen Freibrief aus. Die Struktur der BO Milch sei an und für sich nicht störend, es komme nun darauf an, welche Instrumente eingesetzt werden, sagte Weko-Vizedirektor Patrik Ducrey auf Anfrage. Man werde die Sache weiterverfolgen und die Umsetzung beobachten. Die Verantwortlichen der BO Milch seien bereits vor der Gründung der neuen Organisation mit der Weko in Kontakt getreten und hätten ihre Pläne offengelegt, sagte Ducrey weiter. Vorgängig hatte die BO Milch auch Kontakte mit dem Bundesamt für Landwirtschaft. Das BLW stand laut seinem Sprecher Jürg Jordi der BO Milch beratend zur Seite. (awp/mc/ps/29)

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