Naher Osten: Der Dreikampf am Golf

Unter den Ländern des Golf-Kooperationsrates (GCC), zu dem Kuwait, Bahrain, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und der Oman zählen, buhlen drei mehr oder weniger im Aufbau befindliche Finanzzentren um die Führungsrolle in der dank der Ölpreishausse prosperierenden Region: der Bahrain Financial Harbour (BFH), das Dubai International Financial Centre (DIFC) sowie das Qatar Financial Centre (QFC).


Vorreiter Bahrain
Das Königreich Bahrain gilt als das Bankenmekka am Golf. Die im Jahr 1973 gegründete Bahrain Monetary Agency, der älteste Finanzmarkt-Regulator innerhalb des GCC, ist stets bestrebt, globale Standards wie beispielsweise Basel II oder die Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) im Kampf gegen die Geldwäscherei, zu adaptieren. Dies hat zur Folge, dass heute mehr als 365 Banken (darunter 28 islamische) mit einem Anlagevermögen von über 377 Mrd Dollar in dem Inselstaat ihren Sitz haben. In dem im Bau befindlichen Bahrain Financial Harbour will der 720000-Einwohner-Staat ab 2008 Finanzdienstleistungen «unter einem Dach» in einer modernen Infrastruktur anbieten. Der BFH untersteht der Bahrain Monetary Agency, ist somit in die bestehende Finanzmarktordnung integriert. Hier unterscheidet sich Bahrain im Wesentlichen von seinen benachbarten Konkurrenten, dem Emirat Dubai und dem Scheichtum Qatar. Letztere haben mit ihren Onshore-Finanzplätzen DIFC bzw. QFC ein neues Umfeld mit internationalen Regulierungsstandards geschaffen, analog zur britischen Financial Services Authority (FSA).


Dubai profitiert von der Börse
Während die Bahrain Monetary Agency also auf 30 Jahre Erfahrung zurückgreifen kann, müssen sich das 18 Monate alte DIFC und das kaum ein Jahr alte QFC erst noch beweisen. «Für die Finanzzentren wird die Handhabung der Regulierung und die Weiterentwicklung der gesetzten Standards von grosser Bedeutung sein», erklärt Beat Nägeli, verantwortlich für die Credit Suisse in Dubai. Regelwerke westlichen Zuschnitts seien jedoch nur die eine Seite der Medaille, wie Thomas R. Meier, Regional Head Middle East bei Julius Bär, betont: «In arabischen Ländern ist die behördliche Genehmigung noch keine Garantie für geschäftlichen Erfolg; dieser steht und fällt mit der Qualität der persönlichen Beziehungen.» Hier setzen die Schweizer Banken auf ihre bewährten Stärken im Private Banking. So haben sich in Dubais Financial Freezone DIFC neben der Credit Suisse als bislang einzige Vollbank auch Julius Bär sowie die Bank Sarasin (in einem Joint Venture) niedergelassen. Die im September 2005 eröffnete vollelektronische Dubai International Financial Exchange (DIFX) ist zudem die erste internationale Börse in Nahost. Sie kann es im Hinblick auf Abwicklung und Transparenz mit den etablierten Märkten in New York, London oder Hongkong durchaus aufnehmen ­ ein klarer Vorsprung der Millionen-Metropole Dubai gegenüber Bahrain und Qatar.


Vorbereitung für die Zeit nach dem Rohstoffreichtum
Der Konkurrenzkampf zwischen dem DIFC und dem QFC lässt sich insbesondere an der Person Philip Thorpe ablesen, dem CEO der Regulierungsbehörde des QFC. Der Neuseeländer Thorpe war zuvor oberster Regulierungschef im DIFC, bis sich DIFC-Chairman Habib Al Mulla aufgrund fachlicher Differenzen von ihm trennte. Seit dem 1. März 2005 macht Thorpe nun von Doha aus dem DIFC die Führungsrolle als Finanzzentrum am Golf streitig. Das am 1. Mai 2005 gegründete QFC soll dem Scheichtum Qatar als weltführendem Exporteur von Flüssiggas helfen, die Kapitalabwanderung ins Ausland zu stoppen. Die Wirtschaftsdaten Qatars (630’000 Einwohner) sind eindrucksvoll. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs in den letzten zehn Jahren mit über 13% p.a. Beim BIP pro Kopf liegt der Halbinselstaat mit 36’000 US-Dollar fast gleichauf mit der Schweiz und verweist Bahrain und Qatar auf die hinteren Plätze.


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Finanz-Hub zwischen Europa und den aufstrebenden Märkten in Indien und China
Gemeinsam haben die drei Aspiranten, dass sie mit international kompatiblen Finanzplätzen ihre Volkswirtschaft zu diversifizieren suchen, um für die Zeit nach der Rohstoffhausse vorzusorgen. Zugleich empfehlen sie sich als Finanz-Hub zwischen Europa und den aufstrebenden Märkten in Indien und China. Laut Betreiber der DIFX planen bereits mehrere chinesische Firmen einen Börsengang in Dubai. Doch auch ohne die Giganten aus Fernost stellen die GCC-Länder einen lukrativen Markt mit geschätzten 1,3 Billionen US-Dollar Privatvermögen und derzeit 5% Wachstum jährlich dar. Der Wettlauf zwischen Bahrain, Dubai und Qatar zeigt jedoch, dass die Steine im Banken-Puzzle des Nahen Ostens noch lange nicht an ihrem Platz sind.


Die Strategien der Schweizer Banken
UBS: Die UBS unterhält Representative Offices in Abu Dhabi, Bahrain, Dubai. Innerhalb der letzten drei Jahre hat sich die Zahl der Mitarbeiter im gesamten Nahen Osten auf 60 verdoppelt. Für das DIFC und das QFC hat die UBS noch keine Lizenzen beantragt. Der Grund: «Wir betrachten die Entwicklung dieser Zentren als noch nicht abgeschlossen», sagt UBS-Sprecherin Sabine Wössner. In Bahrain bedient der Konzern mit seiner 100%igen Tochtergesellschaft Noriba Bank (wörtlich: «zinslose Bank») auch den Markt für islamische Finanzprodukte.

Credit Suisse: Die Credit Suisse (CS) ist im DIFC die bisher einzige Bank mit vollumfänglichen Finanzdienstleistungen. In der Dubai International Financial Exchange (DIFX) ist die CS zudem Mitgliedsbank. Weitere Standorte kommen in diesem Jahr in Katars QFC und in Riad (Saudi-Arabien) hinzu. Im Islamic Finance setzt die Credit Suisse auf massgeschneiderte Lösungen. «Dies schliesst aber nicht aus, dass wir im Asset Management oder im Private Banking das eine oder andere Standardprodukt mitentwickeln und einsetzen werden», betont Beat Nägeli, verantwortlich für die Credit Suisse in Dubai.

Julius Bär: Mit ihrer Filiale im DIFC verfolgt die Bank die Verankerung der Marke Bär in der Region. Dort fokussiert man sich laut Thomas R. Meier, Regional Head Middle East, auf eine sehr anspruchsvolle Klientel mit «bankable assets» um 10 Mio Dollar. Die Eröffnung weiterer regionaler Repräsentanzen nennt Thomas R. Meier «gerade im Hinblick auf den indischen Subkontinent eine mögliche Option». Bei Koran-konformen Lösungen prüfe man im Einzelfall spezielle Produktformen.

Sarasin: «Die Synergien zwischen den Investment-Banking-Aktivitäten der Alpen Corporation und dem Private Banking von Sarasin-Alpen sind hervorragend», erklärt Eric G. Sarasin zum ein Jahr alten Joint Venture mit Alpen Corporation im DIFC. Man habe planmässig die Gewinnschwelle erreicht. Dubai als Hub gestatte es, die GCC-Länder auch tageweise zu bereisen. «Weitere Standorte in der Region sind daher momentan nicht geplant. Kooperationen an anderen Standorten sind jedoch möglich.» Im Islamic Finance prüfe man die Entwicklung neuer Produkte. «Bislang ist die Nachfrage nach puren Sharia-Produkten jedoch limitiert», fügt Sarasin hinzu.

(Handelszeitung/mc/hfu)

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