Nationalrat will schärfer gegen Strompreiserhöhungen vorgehen

Als «unerträglich», «übertrieben», «schockierend», ja gar als «skrupellos» bezeichneten die Votanten das Gebaren der Elektrizitätswirtschaft. Einige gaben sich auch selbstkritisch: «Das Parlament muss sich den Vorwurf gefallen lassen, bei der Gesetzgebung zu stark auf die Stormwirtschaft gehört zu haben», sagte Ruedi Lustenberger (CVP/LU).


Bundesrats-Massnahmen gehen in die richtige Richtung…
Einig war sich der Rat auch, dass die vom Bundesrat letzten Freitag angekündigten Massnahmen in die richtige Richtung weisen. Die Landesregierung hatte beschlossen, die Verordnung zum Stromversorgungsgesetz zu revidieren und so die angekündigten Preiserhöhungen von bis zu 25% auf die Hälfte zu drücken. Insbesondere sollen die Stromversorger den Konsumenten für die Haltung der für die Netzstabilität nötigen Reserveenergie nur noch 0,4 Rappen pro Kilowattstunde statt 0,9 Rp./kWh belasten dürfen. Zudem zwingt der Bundesrat die Netzbetreiber, die ihren Wert des Netzes künstlich hochhielten, zu einer Wertreduktion von 20%.


… aber zu wenig weit
Diese Massnahmen gehen dem Nationalrat jedoch zu wenig weit. In einer Motion schlug die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) vor, dass die Kraftwerkbetreiber zwischen 2009 bis 2014 die Reserveenergie zu Gestehungskosten und nicht zu Marktpreisen zur Verfügung stellen. Zudem Sollen sie die neuen Preise bereits Ende Juni statt erst Ende August publizieren müssen.


Motion einstimmig überwiesen
Energieminister Moritz Leuenberger liess durchblicken, dass er sich der Motion nicht widersetze, obwohl vieles davon vom Bundesrat bereits umgesetzt sei. Das Argument von Roger Nordmann (SP/VD) sei wohl richtig, dass der Vorstoss der Stromwirtschaft klar signalisiere, auf den Rechtsweg gegen die Bundesrats-Massnahmen zu verzichten. Der Entscheid des Nationalrats war eindeutig: Die Motion wurde mit 182 Stimmen einstimmig überwiesen. Wenig umstritten waren auch zwei Postulate die eine Revision des Gesetzes und der Verordnung sowie einen Bericht zur Reservehaltung der Stromwirtschaft forderten. Beide wurden mit deutlichem Mehr angenommen.


Kritik der SVP
Einzig die SVP hatte am Postulat zur Gesetzesrevision etwas zu kritisieren. Sie forderte, dass die Regulierungsbehörde ElCom nicht – wie postuliert – die Netznutzungstarife und -entgelte punktuell und vorgängig prüfen dürfe (ex-ante Prüfung). Aus einer Aufsichtsbehörde würde so eine Genehmigungsinstanz, argumentierte Hans Rutschmann (SVP/ZH). Ordnungspolitisch sei das falsch. Roger Nordmann hielt dagegen, dass nur diese ex-ante Prüfung ein genügend starkes Mittel sei, um das Problem in den Griff zu bekommen. Nordmann wies zudem darauf hin, dass die ElCom ähnlich scharfe Sanktionen müsse treffen können wie die Wettbewerbskommission. Bei Firmen mit Milliardenumsätzen seien Sanktionen von 100’000 CHF «lächerlich». Der Rat folgte Nordmann und der Kommissionsmehrheit und lehnte den SVP-Änderungsantrag deutlich ab.


Nicht-Einführung der Preiserhöhungen als Ziel
Gegen den Willen des Bundesrats verabschiedete der Rat mit 148 zu 20 Stimmen eine parlamentarische Initiative der Wirtschaftskommission. Danach soll Anfang nächsten Jahres ein dringliches Gesetz erlassen werden, um die Strompreishausse zu verhindern. Ziel müsse es sein, dass die Preiserhöhungen gar nich erst in Kraft treten können, erklärte Johann Schneider-Ammann (FDP/BE). Einmal eingeführt, seien sie nur schwer wieder rückgängig zu machen, sagte der Präsident des Verbandes der Schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Swissmem). (awp/mc/pg/24)

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