Obama plant gewaltiges Konjunkturprogramm – Geithner wird Finanzminister

Notwendig seien mutige und rasche Schritte. Die US- Wirtschaft befinde sich in einer «Krise von historischem Ausmass». Es drohe der Verlust von Millionen Arbeitsplätzen im kommenden Jahr.


Teuerstes Wirtschaftsprogramm seit dem «New Deal»
Die von Obama geplanten Konjunkturspritzen wären einem Bericht der «Washington Post» zufolge das teuerste Wirtschaftsprogramm der Regierung seit der Präsidentschaft Franklin Roosevelts, der mit seinem «New Deal» die Folgen der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren meisterte. Obama weigerte sich auf Fragen, konkrete Zahlen zu nennen. In der US-Presse waren Beträge zwischen 500 und 700 Milliarden Dollar genannt worden.


Wirtschaftsteam mit Geithner, Summers und Romer
Obama kündigte wie erwartet an, den Chef der Notenbank (Fed) von New York, Timothy Geithner (47), zu seinem Finanzminister zu machen. Mit seinen 47 Jahren ist Geithner zwar noch relativ jung, aber er gilt als krisenerprobt. Bevor er 2003 auf seinen derzeitigen Posten als Präsident der New Yorker Notenbank rückte, war er unter Präsident Bill Clinton ein Spitzenbeamter im Finanzministerium und formulierte Ende der 90er Jahre massgeblich die amerikanische Politik nach dem Zusammenbruch der Währungen in Russland, Mexiko und Asien. Der einstige Finanzminister in der Regierung von Bill Clinton, Lawrence Summers (53), soll Obama als Direktor des Wirtschaftsrates im Weissen Haus dienen. Auch die Wirtschaftsprofessorin Christina Romer sowie die Politikberaterin Melody Barnes wurden als Spitzenberater benannt.


Aussergewöhnliche Schwierigkeiten – aussergewöhnliche Massnahmen
«Der Wirtschaft wird es wahrscheinlich erst schlechter gehen, bevor es ihr besser geht», sagte Obama, der am 20. Januar George W. Bush im Weissen Haus ablösen wird. Die US-Wirtschaft befinde sich in aussergewöhnlichen Schwierigkeiten, die aussergewöhnliche Massnahmen erforderten. Es gelte nun angesichts der enorm schweren Aufgaben keine Zeit zu verlieren. Obama kündigte erneut Steuererleichterungen für die überwältigende Mehrheit der Amerikaner an. Nur eine schmale Schicht der Spitzenverdiener werde stärker belastet.


Autoindustrie soll geholfen werden
Auf jeden Fall will Obama der Automobilindustrie helfen. Die Autobranche sei «das Rückgrat» der Industrie in den USA. Zudem hingen zahlreiche Zuliefererfirmen an den drei grossen US-Autounternehmen. «Wir können nicht erlauben, dass die Autobranche einfach verschwindet», sagte Obama. Es müsse allerdings sicher gestellt werden, dass keine Steuergelder verschwendet würden. Die Autoindustrie müsse einen überzeugenden Plan vorlegen, wie sie international wettbewerbsfähig werden könne.


Obama betonte die Internationalität der Wirtschaftskrise. «Wir müssen deshalb mit anderen Ländern in der Welt zusammenarbeiten um eine globale Antwort zu finden», sagte der Demokrat.


Bush gibt sich optimistisch
Der noch amtierende US-Präsident Bush gab sich überzeugt, dass die USA die wirtschaftlich «harten Zeiten» überstehen. Der erste Schritt zur Überwindung der Krise sei die «Rettung des Finanzsystems». Er verwies auf das jüngste Milliarden-Rettungspaket für die Citigroup . Es könne auch weitere solcher Rettungsaktionen der Regierung für Banken geben, sagte Bush am Montag.


Schrumpfung der Wirtschaft um 5 % im letzten Quartal befürchtet
Die US-Wirtschaft steuert derzeit auf eine der schwersten Krisen in ihren jüngeren Geschichte hin. Experten der US-Investmentbank Goldman Sachs rechnen damit, dass die amerikanische Wirtschaft im letzten Quartal um fünf Prozent schrumpft. Bis Ende 2009 erwarten sie eine für US-Verhältnisse aussergewöhnlich hohe Arbeitslosenquote von neun Prozent. Die drei grossen US-Automobilfirmen sehen sich in ihrer Existenz bedroht.


Grossbritannien mit neuem Milliardenpaket
Unterdessen preschte in Europa Grossbritannien am Montag mit seinem Milliarden-Paket vor. Die Gesamtsumme von 20 Milliarden Pfund sei für den Haushalt bis Ende April 2010 eingeplant, sagte Finanzminister Alistair Darling in London. Die Staatsverschuldung werde in diesem Finanzjahr auf 78 Milliarden Pfund steigen und im kommenden Jahr auf 118 Milliarden Pfund – acht Prozent des BIP. «Das sind ausserordentliche Zeiten der globalen Wirtschaft», sagte Darling. Die Massnahmen würden den Abschwung «leichter und kürzer» machen. Auch Grossbritannien steht kurz vor einer Rezession.


Druck auf Deutschland steigt
Die geplanten Massnahmen der USA und Grossbritanniens erhöhen den Druck auf Deutschland, dem ersten Konjunkturpaket in Höhe von 12 Milliarden Euro weitere Schritte folgen zu lassen. Merkel lehnt dies aber bisher ab. Anfang Januar werde die Berliner Koalition darüber beraten, ob weitere Massnahmen nötig seien, sagte sie am Montag in Paris nach einem Treffen mit Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy. Die Massnahmen würden mit Frankreich und den anderen Partnern abgestimmt. Die Prognosen änderten sich «täglich, fast stündlich», betonte Merkel. (awp/mc/pg/33)

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