Patrick Müller, CEO iTrust

Von Helmuth Fuchs


Moneycab: Herr Müller, 2009 war für iTrust trotz einer allgemein schwierigen Wirtschaftslage das beste Jahr seit der Firmengründung im Jahre 2003 mit einem Umsatzwachstum von 33%. Wie kam dieses Wachstum zustande und konnte der Gewinn ebenfalls gesteigert werden?


Patrick Müller: Einen grossen Anteil am Wachstum hatte natürlich die Akquisition des Outsourcing-Anbieters MBB networks GmbH. Gegen Jahresende übernahmen wir zudem die Geschäftstätigkeiten des ERP-Lösungsherstellers Heeb AG Software in Au, St. Gallen, die allerdings das Fiskaljahr 2009 noch nicht beeinflusste. Damit haben wir uns bewusst antizyklisch verhalten: Während andere über die Krise klagten, verfolgte iTrust eine mutige Wachstumsstrategie und baute das Geschäft aus. Aber auch organisch sind sowohl Umsatz als auch Gewinn im vergangenen Jahr gewachsen.



«Das Outsourcing ist ganz klar unser nachhaltigstes Geschäftsmodell. Es erbringt den grössten Anteil am Firmenumsatz: Heute stammen etwa die Hälfte unserer Einnahmen aus dem Auslagerungsgeschäft.» Patrick Müller, CEO iTrust


Mit der Übernahme der kleinen, aber profitablen MBB networks im April 2009 haben Sie vor allem den Outsourcing- und IT-Infrastruktur-Bereich stärken wollen. Wie ist die Integration nach der Übernahme verlaufen und welchen Anteil am Gesamtgeschäft hat heute der Outsourcingbereich?


Das Outsourcing ist ganz klar unser nachhaltigstes Geschäftsmodell. Es erbringt den grössten Anteil am Firmenumsatz: Heute stammen etwa die Hälfte unserer Einnahmen aus dem Auslagerungsgeschäft. Die Integration von MBB networks verlief gut, weil beide Firmen ähnliche Ziele und Wertvorstellungen besassen. Mit der Übernahme erhielt iTrust nicht nur zahlreiche neue Kunden, sondern auch zusätzliche Mitarbeiter mit grosser Erfahrung in den Bereichen Infrastruktur und Betrieb & Support. Dieses Frühjahr haben uns ein paar Querelen allerdings gezeigt, dass Integrationen nicht zu unterschätzen sind. Diese Probleme haben wir inzwischen aber gelöst, und wir können uns wieder vollständig auf unser Geschäft konzentrieren.


Im Dezember 2009 folgte die Übernahme der Heeb AG, die als Anbieterin der ERP-Software ProfiPlus vor allem in der Ostschweiz tätig war. Damit konnten Sie zwar das eigene Softwareangebot stärken, übernahmen aber auch 15 Mitarbeitende eines kriselnden Unternehmens in einem geografisch und kulturell anderen Marktsegment. Wie weit sind sie heute mit der Neustrukturierung des Geschäftsbereiches mit der CRM- und ERP-Software und welchen Einfluss hat diese Übernahme auf das Finanzergebnis der iTrust im 2010?


Wie sich die Aufnahme von Profiplus ins Angebotsportfolio von iTrust schlussendlich auf das Jahresergebnis auswirken wird, kann ich Ihnen noch nicht sagen. Direkt nach der Übernahme betrug der Anteil des neuen ERP-Bereichs am Gesamtumsatz rund 30 Prozent. Formell ist die Integration der Heeb-Tätigkeiten als neue ERP-Sparte in iTrust abgeschlossen. Die Produktentwicklung geht weiter, wir stellen neue Leute an und können auch Neukunden von Profiplus überzeugen. Aber selbstverständlich gibt es noch immer viel zu tun. CRM und ERP sind bei uns derzeit zwei getrennte Geschäftsbereiche. Hier wird es in Zukunft sicher mehr Überschneidungen geben. Mit Business Tool Omega (BTO) verfügt Profiplus über ein eigenes CRM-Produkt. iTrusts CRM-Lösungen basieren hingegen traditionell auf Microsofts Dynamics-Software. Dieses Jahr werden wir deshalb BTO auf die Microsoft-Plattform migrieren. Eine erste Version werden wir im Herbst präsentieren können, der Abschluss der Produktmigration ist auf Ende Jahr geplant. Die bestehenden Profiplus-Kunden werden dann erstmals richtig von den Synergien der Heeb-Übernahme durch iTrust profitieren.



«Die mit der Neupositionierung einhergehende Fokussierung auf genau definierte Geschäftsbereiche erfordert von uns viel Disziplin: Wir mussten lernen, nein zu sagen und auch einmal ein verlockendes Geschäft nicht einzugehen, wenn es nicht in den Fokus passt.»


Im Jahre 2007 haben Sie die Geschäftsstrategie grundlegende verändert. Vom «Body-Shopping» Geschäft mit wenigen Grosskunden zum strategischen Partner von KMU-Kunden mit Lösungen in den Bereichen ERP- und CRM, Outsourcing von IT-Infrastruktur und Virtualisierung. Wie kam es zu dieser Neuausrichtung und welches waren die grössten Hindernisse in der Umsetzung der Neupositionierung?


2006 überlegten wir uns, wie es mit dem Unternehmen weitergehen sollte. Wir wussten, dass im Body-Shopping-Geschäft nur sehr beschränktes Wachstum möglich war. Im Speziellen war es der Einkäufer einer Schweizer Privatbank, der uns die mangelnde Nachhaltigkeit unseres Geschäftsmodells als erster drastisch vor Augen führte: Er forderte von uns ultimativ eine Senkung der Preise um 20 Prozent, da er das benötigte Personal andernorts zu diesem Preis bekomme. Ein weiterer Beweis für die Notwendigkeit eines Strategiewechsels war kurz darauf der Verlust unseres grössten Kunden, der 54 Prozent unserer Bruttorendite ausmachte. iTrusts neue Strategie sah eine Fokussierung auf Lösungen vor. Wir wollten näher an die Kunden herankommen, um ihnen mehr bieten zu können ? und um für den Kunden gleichzeitig auch weniger schnell entbehrlich zu werden. 2007 starteten wir mit dieser neuen Strategie. Die mit der Neupositionierung einhergehende Fokussierung auf genau definierte Geschäftsbereiche erfordert von uns viel Disziplin: Wir mussten lernen, nein zu sagen und auch einmal ein verlockendes Geschäft nicht einzugehen, wenn es nicht in den Fokus passt.


Mit der Neuausrichtung hat sich auch die Preisgestaltung der Leistungen verändert. Vom relativ einfachen Stundenansatz im Body-Shopping zum komplexeren Gesamtangebot aus Software, Outsourcing- und Beratungsleistungen. Wie preisbewusst sind die KMU-Kunden im Vergleich zu den Grosskunden und wie gross ist die Transparenz und Vergleichbarkeit bei der Preisgestaltung im Marktsegment von iTrust?


Die Preisgestaltung unterscheidet sich sehr deutlich zwischen den beiden Segmenten. Die Beziehung eines Body-Shopping-Anbieters zu Grosskunden ist vom Einkauf geprägt. Das Aushandeln der Preise wird dort knallhart betrieben. KMU-Kunden sind zwar auch sehr preisbewusst, ihnen kann man jedoch den Wert einer unternehmerischen Lösung einfacher darlegen. Sie lassen sich deshalb schneller für solche Lösungen begeistern. Die Verhandlungen mit KMU verlaufen daher bedeutend einfacher und rationaler. Bei der Ausgestaltung unserer Lösungen haben wir immer den konkreten Geschäftsnutzen unserer Kunden vor Augen. Wir helfen ihnen, ihre Geschäftsprozesse zu optimieren und zu unterstützen. Deshalb ist unser Angebot oft nicht direkt mit jenem der Konkurrenz vergleichbar. Das ist unser Wettbewerbsvorteil.


Durch Übernahmen und organisches Wachstum planen Sie eine Erweiterung von 42 auf 50 Mitarbeitende im 2010 und eine Verdoppelung auf 100 Mitarbeitende bis 2014. Wie suchen Sie im ausgetrockneten Markt für Informatikspezialisten zukünftige Mitarbeitende und wie stellen Sie sicher, dass diese in Ihre Firmenkultur passen?


Das ist für uns ein wichtiges Thema. Die passenden Mitarbeiter zu finden, ist tatsächlich nicht ganz einfach, obwohl wir viele Bewerbungen erhalten. Wir legen grossen Wert darauf, dass die Mitarbeiter die Firmenkultur von iTrust verstehen und weitertragen. Ich möchte sagen: In erster Linie suchen wir Menschen und erst in zweiter Linie Fachkräfte. Wir prüfen alle Anwärter intensiv und im Beisein mehrerer Leute. Jede Neuanstellung benötigt deshalb viel Zeit und Engagement. Die Suche erfolgt über Inserate und externe Personalvermittler. Zudem haben wir begonnen, selbst Lehrlinge auszubilden ? in Einklang mit unserer Firmenkultur: Wir wollen unsere Mitarbeiter fordern und fördern. Bei iTrust finden sich zahlreiche Beispiele von Angestellten, die seit ihrem Eintritt erstaunliche Entwicklungen durchmachten.


Wie finanzieren Sie das aktuelle und geplante Wachstum und wie sind die Besitzverhältnisse bei iTrust?


Die Firma ist zu 100 Prozent im Besitz von operativ tätigen Mitarbeitern. Wir haben unser gesamtes Wachstum bisher ausschliesslich aus dem Cash Flow, beziehungsweise eigenen privaten Mitteln finanziert, ohne zusätzliche Investorengelder. Auch die nächste Wachstumsrunde mit einer geplanten Verdoppelung von Umsatz und Mitarbeiterstamm bis 2014 werden wir noch gut aus eigener Kraft stemmen können. Wir haben bereits einige Anfragen von Investoren erhalten. Unsere Unabhängigkeit ist uns allerdings sehr wichtig. Wir haben solche Angebote deshalb bis anhin immer abgelehnt.


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Sie legen grossen Wert auf die Gestaltung der Arbeitsumgebung. In einem Ideenwettbewerb überzeugte der Innenarchitekt Beat Schöpfer mit seinen Themenräumen und den organischen Formen und im wenig attraktiven Gewerbegebiet von Cham entstanden innovativ gestaltete «Trusts». Welchen Einfluss hat die spezielle Architektur auf die Leistung der Mitarbeitenden und wie reagieren die Kunden auf Ihre Bürogestaltung?


Als wir 2008 die Architekturplanung in Angriff nahmen, meinte ein Unternehmerkollege, ich sei wohl nicht ganz bei Trost. Unter den damaligen wirtschaftlichen Gegebenheiten konzentrierten sich die anderen Firmen auf den Abbau von Infrastrukturkosten und Belegschaft. Kapazitäten schnell aufbauen und wieder abbauen zu können, heisst die Devise. Mein Ziel ist das nicht. Lieber baue ich langsam auf, dafür nachhaltig. Diese Haltung versinnbildlicht die Architektur der iTrust-Büros. Zudem bringt sie die Grundwerte des Unternehmens zum Ausdruck: Transparenz, Verantwortungsbewusstsein, Qualität und Solidität. Ganz abgesehen davon bin ich überzeugt, dass die Arbeitsumgebung viel zur Motivation der Mitarbeiter beiträgt. iTrusts Kapital sind im wesentlichen seine Kunden, seine Mitarbeiter und eine Arbeitsumgebung, die geschäftlichen Erfolg ermöglicht. Unsere Aufgabe ist es, diese Umgebung bereitzustellen.



«Auch die nächste Wachstumsrunde mit einer geplanten Verdoppelung von Umsatz und Mitarbeiterstamm bis 2014 werden wir noch gut aus eigener Kraft stemmen können.»


Nebst dem Hauptsitz in der Zentralschweiz ist iTrust in Widnau präsent. Wie soll sich die geografische Entwicklung in Zukunft gestalten, wo setzen Sie Schwerpunkte?


Traditionell konzentrierte sich iTrusts Wirkungsradius auf die Regionen Zentralschweiz und Zürich. Mit der Übernahme der Heeb-Aktivitäten expandierten wir Ende 2009 in die Ostschweiz. Während wir mit MBB vor allem Neukunden und Fachspezialisten einkauften, wollten wir mit der Heeb-Akquisition erklärtermassen auch geografisch expandieren. Um die angestrebten Wachstumsziele der nächsten Jahre zu erreichen, muss iTrust neue Regionen erschliessen. Bislang beschränkten sich unsere Aktivitäten in Widnau auf das ERP-Geschäft. Mittelfristig wollen wir aber unser gesamtes Portfolio in allen Regionen anbieten. Besonders das Outsourcing-Geschäft bedingt geografische Nähe zum Kunden. Seit Juli verfügen wir daher bereits über ein Outsourcing-Team in der Ostschweiz.


Sie sind nach Ihrer Matura und einem abgebrochenen Studium direkt als selbstständiger Unternehmer aktiv geworden. Was sind die aus Ihrer Sicht wichtigsten Eigenschaften, die ein erfolgreicher Jungunternehmer haben muss und aus welchen Erfahrungen haben Sie bis anhin die grössten Erkenntnisse gezogen?


Es sind vor allem zwei Eigenschaften, die jeder Unternehmer ? ob jung oder alt ? haben sollte: Mut zum Risiko und mentale Stärke. Den Mut, auch einmal Brücken abzubrechen, um anschliessend zum Erfolg verdammt zu sein. Und die mentale Stärke, um zielbewusst und zielstrebig den eigenen Weg zu verfolgen. Es mag etwas pathetisch klingen, aber tatsächlich habe ich eines gelernt: dass sich auch der grösste Tiefschlag in eine Chance verwandeln lässt. Wenn man sich kompromisslos auf diese Chancen fokussiert, kann man die grössten Leistungen erreichen.


Welche Aufgaben haben bei Ihnen aktuell die höchste Priorität auf der strategischen und operativen Ebene?


Strategisch hat bei iTrust derzeit die Unternehmenskonsolidierung Priorität. Nach dem schnellen Wachstum durch die beiden Akquisitionen im letzten Jahr ist es nun Zeit für den «Verdauungsprozess», um die Integration der übernommenen Unternehmen voranzutreiben und die entstehenden Synergien zu nutzen. Gleichzeitig gilt es, unsere nun stark erweiterten Lösungsangebote so auszurichten, dass sie dem Geschäft unserer Kunden einen höchstmöglichen Nutzen bieten. Danach werden wir aber weiter unseren Wachstumskurs fahren. Wir halten die Augen immer offen für gute Übernahmegelegenheiten. Auf der operativen Seite besitzt für mich momentan die Suche nach neuen Mitarbeitern hohe Dringlichkeit. Um eine optimale Wirkung auf das Geschäft unserer Kunden haben zu können, benötigen wir ein schlagkräftiges Team von IT Spezialisten.


Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus? 


(Nach langem Überlegen) Ich wünsche mir, dass mein privates und geschäftliches Umfeld und ich selbst gesund bleiben. Weiter wünsche ich mir, dass wir bei iTrust mit tollen Leuten gemeinsam etwas Grosses aufbauen können, mit Leidenschaft und Stolz.





Der Gesprächspartner:
Patrick Müller


2003 – heute
iTrust AG, CEO/Inhaber
– Strategieentwicklung
– Wachstum von 6 Mitarbeiter auf total 50 Mitarbeiter
– Geschäftsführung
2001 – 2003
Ruepp & Partner AG, Leitung IT
– Aufbau des IT Infrastrukturgeschäfts
– Verkauf/Führung der Mitarbeiter
– Selbstständig im Rahmen eines Franchisingmodells
1994 – 2001
Müller Computers -> Rogatec GmbH, Inhaber/CEO
– Aufbau der Selbstständigkeit im Bereich IT Infrastruktur/Webhosting
– Aufbau der eigenen Firma
– Gesamtverantwortung


Ausbildung
– 2007, ZfU Thalwil, Master of Executive Management
– 1996, Kantonsschule Urdorf, Abschluss Matura Typus B


Das Unternehmen:
Die iTrust AG ist ein Beratungsunternehmen, Systemintegrator und Softwarehersteller mit rund 40 Mitarbeitern in Cham (ZG) und Widnau (SG). Das Unternehmen wurde 2003 vom heutigen CEO Patrick Müller mitbegründet und ist seither kontinuierlich gewachsen. iTrust ist spezialisiert auf die Realisierung von ERP-, CRM- und Virtualisierungslösungen vorwiegend bei KMU in der Zentral- und Ostschweiz sowie im Grossraum Zürich. Weitere Standbeine sind Outsourcing von IT-Infrastrukturen und Support. iTrust verfügt für sein Qualitätsmanagementsystem über eine Zertifikation nach ISO 9001.

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