Peter Hofer, Geschäftsführer und VR-Präsident IHA-GfK AG

von Patrick Gunti


Herr Hofer, IHA-GfK hat die Studie «IHA-GfK Business-Reflector 2008» zum Ruf der Schweizer Unternehmen veröffentlicht. Nach welchen Aspekten wurde die Studie erarbeitet?


Der GfK BusinessReflector misst rationale und emotionale Faktoren sowie die Nachhaltigkeit. Dieser Ansatz basiert auf dem von der Universität Zürich erarbeiteten Modell. Einfach gesagt ist das Ansehen auf drei Säulen gestellt – ein Unternehmen muss richtig, gut und sympathisch handeln.


Die REGA ist nach wie vor das Unternehmen, das in der Schweiz das höchste Ansehen geniesst. Dank welcher Faktoren verdient sich die REGA diese Spitzenposition?


Die REGA ist einzigartig, hat einen hervorragenden Leistungsausweis und übernimmt eine gesellschaftliche Aufgabe. Den Mitarbeitern wird ausserordentlich hohe Kompetenz zugesprochen. Sowohl rational wie emotional liegt die REGA auf dem ersten Platz.


Generell hat sich der Ruf der Schweizer Unternehmen im Inland verbessert. Welche Faktoren haben zu diesem Resultat geführt?


Insbesondere bei der Identifikation mit den Unternehmen, der Sympathie und der Einzigartigkeit wurden bessere Resultate erzielt. Beispiele können das besser illustrieren: Sehr gut entwickelt sich die Swiss, welche 22 Ränge gewonnen hat und eine Steigerung von 9% aufweist. Die Anstrengungen von Swiss im Bereich Personal (soziale Nachhaltigkeit) sowie die funktionalen Dimensionen werden deutlich besser bewertet. Henkel und die Migros Bank haben 13 Ränge gewonnen, danach folgt Emmi Schweiz mit 10 Rängen Fortschritt. Henkel gewinnt klar an Emotionalität sowie in der Ökologie, die Migros-Bank profitiert von einer gesteigerten Identifikation. Emmi wird sympathischer und ökologisch stärker wahrgenommen.



«Lindt & Sprüngli, Nestlé und ähnliche «sichere Häfen» sind plötzlich wieder etwas wert.» (Peter Hofer, Geschäftsführer und VR-Präsident IHA-GfK AG)


Hingegen geht das internationale Ansehen der Schweizer Unternehmen bachab. Wo liegen die Gründe?


Der Bankensektor kommt bei der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit und beim internationalen Ansehen unter Druck. Hingegen haben sich die Versicherungen leicht verbessert. Die Versicherungs-Branche profitiert vom Umstand, dass sie trotz anfänglicher Befürchtungen kaum in die Hypotheken-Krise hineingezogen wurde. Die Messung fand im Mai statt, würde man jetzt messen, wäre dies möglicherweise etwas anders.


Wie stark hat sich die Krise an den Finanzmärkten und die Milliardenabschreiber auf den Ruf der Schweizer Grossbanken ausgewirkt?


Die Grossbanken haben im Ansehen deutlich nachgelassen. Sie waren in den Vorjahren klar die Leader im Bereich «Finanzieller Erfolg» und auch auf den Spitzenrängen beim internationalen Ansehen. Es wird sehr spannend sein, ob und wie schnell sich das wieder drehen wird.


Hat die Finanzkrise das Image der ganzen Finanzbranche ramponiert, oder können kleinere Institute sogar daraus profitieren?


Die Befragten unterscheiden bei den Banken sehr deutlich. Die «Kleinen» haben leicht gewonnen. Aber aufgepasst – das Ansehen der Raiffeisenbank oder der Kantonalbanken steigt nicht einfach, wenn die Grossbanken verlieren. Reputation wird nicht «aufgeteilt» – sie muss erarbeitet werden.


Sie konstatieren ein Revival der «Old Economy». Auch dies eine Folge von Immobilien- und Finanzkrise?


Ja, das kann man so sagen. Lindt & Sprüngli, Nestlé und ähnliche «sichere Häfen» sind plötzlich wieder etwas wert.


Welche Werte stehen somit generell gesagt wieder im Fokus?


Angebotsqualität ist ein starker Treiber, die Kompetenz der Mitarbeiter spielt auch eine wesentliche Rolle. Wir sehen eindeutig, dass die Konsumgüteranbieter das Attribut «Qualität» vereinnahmen. So gesehen eindeutig traditionelle Werte, die relevanter geworden sind.


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Über den besten Ruf verfügen naturgemäss die Non-Profit-Organisationen. Welche Branchen erzielen ähnlich gute Werte?


Dauerhafte Konsumgüter, zum Beispiel Swatch Group oder Logitech, und die Medizinaltechnik mit Straumann und Phonak liegen weit vorne. Die Einzigartigkeit der Produkte und die Innovationsstärke spielen hier eine grosse Rolle. Anbieter von dauerhaften Konsumgütern profilieren sich über Angebotsqualität und werden generell als Top-Unternehmen angesehen – hingegen bestehen Zweifel an der ökologischen Nachhaltigkeit. Die Medizinaltechnik zeichnet sich bei der Internationalität aus. Die Baubranche, die Industrie sowie der Verkehrsbereich profitieren ebenfalls von einem hohen Ansehen.


Wo liegen die Image-Probleme von Krankenkassen und Telekommunikations-Unternehmen, die sich zwar verbessert haben, aber trotzdem noch immer das Ranglistenende zieren?


Krankenkassen unterscheiden sich naturgemäss wenig voneinander, auch ist telefonieren eigentlich banal. In diesen Branchen herrscht ein Verdrängungskampf. Jeder braucht ein Telefon und eine Krankenversicherung – bei wem ich bin, spielt nicht so eine grosse Rolle. Die Anbieter sehen das natürlich anders, aber hier geht es um die Konsumentensicht. Weiterhin dürfen wir nicht vergessen – bei beiden Branchen gibt es kontroverse Unternehmen. Diese kommen regelmässig negativ in die Schlagzeilen – schlechter Service, steigende Kosten, umstrittene Anwerbepraktiken und Kommissionsmodelle. So gesehen können die Resultate nicht mehr überraschen.


Sie haben es erwähnt – die Swiss hat sich gegenüber der letzten Erhebung um 22 Plätze verbessert. Den erstmals wieder eingeflogenen schwarzen Zahlen allein dürfte das Unternehmen diesen Sprung aber nicht zu verdanken haben, oder?


Die Swiss wird wieder viel stärker mit Qualität assoziert. Und es stimmt, auch der wirtschaftliche Erfolg wird von den Befragten deutlich stärker in den Vordergrund gerückt. Die Swiss gilt im Verhältnis zum Vorjahr weiter als deutlich sozialer,  das internationale Ansehen hat sich gesteigert, und generell findet man die Airline einfach sympathischer. Die grosse Kunst war wahrscheinlich, das Unternehmen trotz Lufthansa-Holding als einzigartig zu positionieren – auch dies ist sehr gut gelungen.


Welche Unternehmen haben sonst noch mit grossen Rangverschiebungen für Aufsehen gesorgt?


Die Spitex, der Fleischverarbeiter Bell und das Schweizer Fernsehen haben je 9 Ränge gutgemacht und sind ebenfalls auf dem Vormarsch. Die Spitex war bereits 2007 gut positioniert und hat sich mit dieser Reputationssteigerung von 7% erstmals in die Top Ten vorgearbeitet. Spitex wird funktional deutlich besser bewertet und gewinnt auch an Einzigartigkeit. Bell scheint von den kürzlichen Image-Kampagnen zu profitieren und verbessert sich bei Sympathie und Einzigartigkeit. SF steigert sich in Angebotsqualität und Finanzstärke.


Herr Hofer, vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.





Zur Person
Peter Hofer ist Geschäftsführer und Präsident des Verwaltungsrats des Marktforschungsunternehmens IHA-GfK AG in Hergiswil.


Über IHA-GfK
IHA-GfK Schweiz ist mit einem Umsatz von 84,2 Mio. Franken und einem Marktanteil von 37% das führende Institut der Schweizer Marktforschung. Seit fast 50 Jahren ist IHA-GfK Schweiz mit einer umfassenden Handels- und Konsumentenforschung am Puls des Marktes. 330 Vollzeitbeschäftigte im Hauptsitz in Hergiswil (NW) sowie über 500 Teilzeitbeschäftigte  in den Telefonlabors in Hergiswil und Lausanne bieten den Kunden professionellen Service. IHA-GfK Schweiz ist Teil der internationalen GfK-Gruppe mit Hauptsitz in Nürnberg. Die GfK  ist mit 115 Unternehmen in 100 Ländern und einem Umsatz von über 1,1 Mia. Euro eines der fünf grösste Marktforschungsunternehmen weltweit. Über 10’000 Mitarbeitende erarbeiten Marktwissen für nationale und internationale Kunden.


Das Unternehmen ist in den Geschäftsfeldern Retail & Technology, Custom Research, Health Care und Medien mit eigenen Forschungen und im Auftrag von grossen Unternehmen tätig. Von der Datenbeschaffung erfolgsrelevanter Informationen über die anschauliche Aufbereitung bis hin zur anwendungsorientierten Umsetzungsberatung mit klaren Empfehlungen für das Management  unterstützen unsere Spezialisten die Planung, Umsetzung und Kontrolle von Marketing und Unternehmensentscheidungen.


Zur Studie:
Die repräsentative Studie «IHA-GfK Business-Reflector 2008» basiert auf über 3’400 Befragungen in der Schweiz. Dabei werden 14 Einzelaspekte wie Image, Bekanntheit, Qualität, Innovation, emotionale Komponenten und – in der Schweiz einzigartig – Nachhaltigkeit untersucht. Die Umfrage wird in Zusammenarbeit mit der Schweizer Gesellschaft für Marketing (GfM) und der Universität Zürich, Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) durchgeführt. Ziel der Studie ist ein objektives und präzises Reputations-Monitoring. Damit können die Schweizer Firmen gezielt an ihrem Ruf arbeiten und sich innerhalb und ausserhalb der Branche entsprechend positionieren. Die Universität Zürich und die IHA-GfK beabsichtigen, die Studie nun mit Medienbeobachtungen zu verknüpfen. Damit wollen die Reputationsforscher durch empirische Erkenntnisse aufzeigen, welche Faktoren das Ansehen nachhaltig stärken.

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