Pharmaprodukte erfolgreich einführen wird zunehmend schwieriger

Es wurden knapp 3’100 Produkteinführungen aus 64 Therapiegebieten im niedergelassenen Bereich in den Jahren 2000 bis 2005 analysiert; 77% der Produkte sind eher Allgemeinpraktiker-, 23% eher Spezialistenprodukte. Verglichen wurden sowohl Marktpenetration in Absatz und Umsatz in den ersten zwei Jahren nach dem Launch als auch die entsprechenden Marketing- und Aussendienstausgaben, wie IMS Health GmbH in einer Mitteilung schreibt.  


«Launch Excellence» wurde anhand von objektiven, quantitativen Kriterien definiert:


1. Frühe Marktführerschaft ? d.h. sich innerhalb der ersten zwei Jahre als Erster oder Zweiter zu etablieren ? ist ein wichtiger Indikator für eine langfristige Marktführerposition.


2. Schnelle Marktpenetration innerhalb der ersten sechs Monate ist essenziell, da die Launch-Trajektorie dieser Monate später nur selten und schwer verbessert werden kann.


3. Maximal genutzte Werbeausgaben ? inklusive Aussendienst ? erlauben einen höheren Return als die im Durchschnitt von 90% der Produkteinführungen gezeigten Standardgeraden zwischen Werbeausgaben und Umsatz.


Im Allgemeinen wurde das Kriterium «frühe Marktführerschaft» bei den untersuchten Produktneueinführungen am häufigsten erreicht, gefolgt von «schnelle Marktpenetration». Die grössten Schwierigkeiten haben Pharmaunternehmen bei der Optimierung der Werbeinvestitionen, insbesondere im Bereich der an den Arzt gerichteten Ausgaben. Gerade im Hinblick auf das sich verändernde Marktumfeld wird die bestmögliche Ausrichtung der Aussendienstausgaben umso wichtiger.


Exzellenz lässt nach
Die Zahl der als exzellent zu bewertenden Launches nimmt ständig weiter ab. Während im Jahr 2000 noch 6,1% der Neueinführungen als exzellente Launches galten, waren es 2005 nur noch 2,1%. Im Zeitraum zwischen 2000 und 2005 erreichten überhaupt nur 21 Produkte einen exzellenten Launch in mindestens zwei der acht Schlüsselmärkte. Der Grossteil der exzellenten Launches ist bei Produkten im Spezialistenbereich zu finden.


Die aktualisierte Studie verdeutlicht, wie sehr sich die veränderten Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern auf die «Launch Performance» ausgewirkt haben. Die massgeblichen Veränderungen der letzten Jahre betreffen vor allem zwei Bereiche:


Die «Payers» entscheiden
Es gibt eine zunehmende Kontrolle durch «Payers», die die regulierenden Kräfte wie Krankenkassen und Gesetzgeber umfasst. «Payers» sind die wichtigsten Ansprechpartner bei Launch-Vorbereitungen, ihre Entscheidungsmacht bestimmt in so manchen Ländern bereits die Verschreibungsmöglichkeiten des individuellen Arztes. So ist es auch nicht verwunderlich, dass in fünf der acht Länder dieser Studie der Einfluss des Aussendienstes auf das Verschreibungsverhalten bereits unter 50% gesunken ist.


Während früher in allen Ländern ein Mehr an Aussendienstaktivitäten (und anderen an den Verschreiber gerichteten Aktivitäten) meist eng mit einem Mehr an Marktanteil verbunden war, so stimmt diese Relation heute nicht mehr. Waren laut der Studie 2007 in den USA noch 59% des Launch-Erfolges ? gemessen an Marktanteilen ? durch direkte Verkaufsaktivitäten, d.h. direkte Kommunikation mit dem Verschreiber, begründet, so waren es 2008 nur mehr knapp 50%. In Grossbritannien spielen Aussendienstaktivitäten fast überhaupt keine Rolle mehr. Dies erklärt auch, dass Pharmafirmen bei Markteinführungen im niedergelassenen Bereich den Verzicht auf eine klassische Aussendienststruktur erwägen.


Generika als «First line»-Ansatz
Es gibt nun in fast allen Therapiegebieten im Bereich der Allgemeinpraktiker, aber auch zunehmend in Spezialistenbereichen eine Vielzahl von Generika-Alternativen. In dem Moment, wo effektive Generikatherapien existieren, dominieren diese den Behandlungsansatz. Viele der neuen Produkte, die für den «First line»-Ansatz vorgesehen sind, bleiben somit praktisch der «Second line» vorbehalten. Diese Entwicklung betrifft neben den Allgemeinpraktikerprodukten auch zunehmend Spezialistenprodukte, sobald ein Produkt der Klasse auch als Generikum vorhanden ist.


In Grossbritannien beispielsweise werden bei der Antidepressivatherapie 9 von 10 Patienten «first line» mit Generika behandelt, obwohl die globalen Blockbuster-Produkte Cipralex® und Cymbalta® am Markt sind. Auch in Deutschland werden bereits 8 von 10 Patienten «first line» mit einem Generikum behandelt ? Tendenz steigend. 2012, wenn für die grössten Hausarzt-Produktklassen Generika auf dem Markt sein werden, wird sich dieser Trend in allen Bereichen noch weiter verstärken.


Beste Launches im Spezialistenbereich
Es erstaunt daher nicht, dass die besten Launches im Spezialistenbereich zu finden sind. Aber auch hier gibt es Hürden. Durch die Kosten teurer Spezialistenprodukte versuchen «Payer», deren Verschreibung einzuschränken ? so z.B. in Grossbritannien, wo NICE-Richtlinien nur einen Therapieversuch mit den teuren «Anti-TNFs» vorschlagen. Pharmafirmen werden also regelrecht entmutigt, weitere neue Produkte einzuführen.


Die veränderten Entscheidungsstrukturen vom Arzt hin zum «Payer», zum Teil eingeschränkte Zugänge zum Markt sowie die Notwendigkeit, binnen kurzer Zeit die Marktführerschaft zu erreichen, erhöhen den Druck, Launches optimal zu gestalten. Eine umfassende Vorbereitung zum Launch, die auf intern validierten Prozessen beruht und durch transparente Meilensteinplanung klare Aktionslinien vorgibt, ist daher unerlässlich. (ims/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert