Philip Mosimann, CEO Bucher Industries: «Wir richten unsere Tätigkeit nicht nach kurzfristiger Kurs- oder Ergebnisoptimierung aus»

Von André Schäppi


 


Herr Mosimann, Bucher Industries hat im ersten Quartal 2005 den Umsatz um 12% auf 425 Mio. CHF und den Auftragseingang um 6% auf 500 Mio. CHF gesteigert. Sind Sie mit dem Erreichten zufrieden?


 


Grundsätzlich ja. In Lokalwährungen lag das Wachstum noch um 2% Punkte höher. Allerdings muss man dazu sagen, dass das erste Quartal nicht unbedingt repräsentativ für das ganze Jahr ist.


 


Trotz der guten Resultate liegt Bucher unter den Erwartungen der Analysten. Stört Sie das?


 


Nein, denn wir liegen ja nur leicht unter den Erwartungen und die externen Erwartungen an uns sind in letzter Zeit stark gestiegen. Das ist aber auch gut so, weil uns das antreibt.


 


Massive Preiserhöhungen für Rohmaterialien und Energie verteuern die Herstellkosten der Bucher-Produkte. Der anhaltende Wettbewerbsdruck sowie der schwache US-Dollar gegenüber dem Euro und dem Schweizer Franken drücken zusätzlich auf die Margen. Weshalb sind Sie für dieses Jahr trotzdem weiterhin zuversichtlich?


 


Die erwähnten Faktoren treffen zu, aber unsere Konkurrenz in den entsprechenden Marktsegmenten kämpft ja mit denselben Problemen. Um diesen Einflüssen zu begegnen, optimieren wir unsere Produkte, sei es durch Innovation oder mit einem Redesign und versuchen, einen Teil der Kostensteigerungen an die Kunden weiterzugeben. Wenn sich der Wechselkurs auf dem aktuellen Niveau stabilisiert, können wir damit leben. Unsere eigenen Anstrengungen und die mehrheitlich positiven Konjunkturaussichten stimmen uns insgesamt zuversichtlich.


 


Ist denn die Konkurrenz im Landmaschinensektor in Asien nicht so stark, dass sie überhaupt einen guten Stand haben können?


 


Doch das ist schon so, aber unser Umsatzanteil in Asien ist mit ein paar Prozenten noch verschwindend klein. Unsere Hauptmärkte liegen in Europa und Nordamerika. Und damit haben unsere Konkurrenten zum Beispiel bezüglich Stahleinkauf in Europa und Amerika dieselbe Kostensituation wie wir.


 


An der GV wurde die Einheitsaktie angenommen. Damit vollzieht Bucher Industries den Wandel von der Familien- zur Publikumsgesellschaft. Was wird sich für Sie als CEO ändern?


 


Ich möchte das ein wenig präzisieren: Die Öffnung Richtung Publikumsgesellschaft wurde schon seit Jahren schrittweise vollzogen und kam mit dem Wechsel in der Konzernspitze von Rudolf Hauser zu mir zu Beginn 2002 in eine neue operative Phase. Insofern ist die Einführung der Einheitsaktie nur ein letzter, logischer Schritt in dieser Strategie. Was sich für uns ändert ist, dass die Investor Relations-Arbeit einen höheren Stellenwert erhält. Wir haben dieser Tatsache jedoch schon in den vergangenen Jahren Rechnung getragen. Das grössere Interesse der Investoren an Bucher Industries wird zusätzliche Roadshows bedeuten. Zudem wird sich die Transparenz im Aktionariat erhöhen.


 


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Das heisst, dass Sie sich künftig mehr auf börsenrelevante Angelegenheiten und kurzfristige Finanzziele ausrichten müssen?


Nein, das machen wir eben genau nicht. Wir werden beharrlich bei unserer langfristigen Strategie der Unternehmensentwicklung bleiben. Erfolgreiche Investor Relations-Arbeit heisst für uns, dass Analysten und Investoren die Botschaft und den Wert dieser Strategie erkennen. Wenn wir anfangen, Entscheide zu fällen, die sich an den Tageslaunen der Börse orientieren, dann würde ich jedem empfehlen, die Aktien der Firma zu verkaufen.


 


Diese Haltung ist sehr dezidiert, denn im allgemeinen strebt man schnelle Gewinne an.


Es ist mir völlig klar, dass wir auch kurzfristig erfolgreich sein müssen. Woher sollen wir denn die finanziellen Mittel und die Motivation für unsere langfristigen Projekte wie Produktinnovationen oder Markterschliessungen nehmen,  wenn wir nicht auch kurzfristig gute Resultate ausweisen können. Deshalb ist das für mich kein grundsätzlicher Widerspruch. Aber wir richten unsere unternehmerische Tätigkeit nicht nach kurzfristiger Kurs- oder Ergebnisoptimierung aus.


 


Die vereinfachte Stimmrechts- und Kapitalstruktur wurde auch mit Blick auf das Wachstum des Unternehmens und den Zugang zum Kapitalmarkt angestrebt. Geht Bucher demnächst auf eine grössere Einkaufstour?


 


Nein, absolut nicht. Die Einführung der Einheitsaktie hat überhaupt nichts zu tun, mit irgendwelchen operativ oder strategisch anstehenden Projekten. Man muss diesen Schritt wirklich in einem langfristigen Zusammenhang sehen, bei dem wir die Öffnung unseres Unternehmens gemäss internationalen Corporate Governance Richtlinien beschritten haben und uns die Kapitalbeschaffung via Börse offen halten wollen. Unsere Bilanz weist genügend hohe flüssige Mittelauf, um Projekte selbst zu finanzieren.


 


Bucher Industries ist weitgehend in reifen, teilweise schrumpfenden Märkten tätig und stark auf Europa ausgerichtet. Was unternimmt man, um mittel- und langfristig genug Wachstum und Ertrag zu erzielen?


 


Tatsächlich sind wir nicht in grossen Wachstumsmärkten. Aber auch das ist je nach Segment unterschiedlich. Zum Beispiel Bucher Hydraulics: Dieser Bereich wächst stärker als der durchschnittliche Maschinenbau. In den sogenannt reifen Märkten geht es um mehrere Ansätze wie Produktinnovationen, Ausbau der Vertriebs- und Serviceleistungen sowie Akquisitionen. Produktinnovationen geben Wachstumsschübe, weil diese bei unseren Kunden Rationalisierungen auslösen. Serviceorganisationen können verstärkt den Markt durchdringen und ein Zusatzgeschäft generieren. Bei Akquisitionen, die mit internen Anstrengungen gepaart sind, geht es darum die entsprechenden Möglichkeiten zu sehen und zu realisieren. Damit können wir externes Wachstum erreichen. Diese Strategie haben wir bisher mit Erfolg umgesetzt. Ein aktuelles Beispiel ist die Übernahme der brasilianischen Companhia de Implementos Agricolas MTS, jetzt Kuhn Metasa. Dieser Schritt war wichtig, weil Südamerika im Bereich landwirtschaftlicher Erzeugnisse der grösste Wachstumsmarkt ist. Ein weiteres Beispiel ist die Akquisition der Johnston Sweepers, mit der wir unsere Markstellung in Europa stärken und uns den Zugang zu den Märkten in USA und Australien schaffen.


 


Müssen Sie denn bei der Marktdurchdringung noch einen Gang zulegen?


Wir haben schon die Ambition, immer besser zu werden. Nehmen Sie zum Beispiel die Akquisition der Kuhn Knight in USA aus dem Jahre 2002. Damit haben wir einerseits eine wichtige Produktionsstätte in USA erhalten. Aber noch wichtiger: Durch die Zusammenlegung der Vertriebsorganisationen haben wir ein derart filigranes Vertriebsnetz geschaffen, dass wir die Kuhn Produkte aus Frankreich noch besser vermarkten und zu einem späteren Zeitpunkt auch diejenigen aus Brasilien einbringen können. Auf diese Weise erreichen wir letztlich mehr Kunden und Wachstum.


 


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Der Löwenanteil des Umsatzes wird immer noch mit der Kuhn Group erzielt (über 40% des Auftragseingangs), die im Landmaschinen-Sektor tätig ist. Wo liegen die Zukunfts-Märkte für die Kuhn Group?


Die Wachstumsmärkte liegen in Südamerika, insbesondere in Brasilien. Weiter in Asien und im Speziellen in China. In einigen Jahren werden wir hier sicher eine andere Umsatzverteilung sehen, als wir sie jetzt noch mit den Hauptmärkten Europa und Nordamerika haben. Zusätzlich bewegen wir uns auch nach Osteuropa Richtung Russland.


 


Bucher Municipal und Bucher Process hatten im Vorjahr eine ungenügende Profilabilität, konnten das Ergebnis aber deutlich verbessern. Dennoch sind sie mit EBIT-Margen von 2,2% resp. 4,1% relativ weit weg vom angestrebten Ziel von 8%. Werden sie dieses Ziel bereits 2005 erreichen und wo liegen die Möglichkeiten, sich diesem Ziel zu nähern?


 


Nein, das werden wir nicht. Dazu muss aber gesagt werden, dass wir die 8%-Marge auf Konzernstufe festgelegt haben. Einzelne Divisionen können also darüber sein, andere darunter. Für Bucher Municipal haben wir die mittelfristige EBIT-Marge auf 6% festgelegt und tragen damit dem schwierigen Markt, in dem man sich befindet, Rechnung. 6% sind realistisch und schaffen auch eine Motivation für die Division. Erst wenn wir das geschafft haben, fassen wir den Schritt zu den 8% ins Auge. Und Bucher Process kann mit ihrer Marktstellung und den Produkten die 8% erreichen. Diese Marge hat sie früher ja auch schon erzielt.


 


Bei Emhart Glass spielen Innovationen in der Glasbehandlung eine wichtige Rolle. Im Bereich thermische Vergütung hat man ein Entwicklungsprojekt, dessen Ziel die Realisation der thermischen Vergütung in der Glasformungsmaschine ohne zusätzliche Apparaturen ist- Wann rechnen Sie damit, dass diese Innovation einen substanziellen Beitrag zum Resultat liefert?


 


Das wird mittelfristig, etwa in 5 Jahren der Fall sein. Wir werden bis 2006 eine Prototyp-Anlage bauen, nachdem wir die Verfahrensprinzipien im vergangenen Jahr validiert haben. Und mit dieser Anlage müssen wir zuerst ein paar Millionen Flaschen herstellen. Wenn dann die ökonomischen und technischen Daten stimmen, werden wir in die Vermarktung gehen.


 


 




 
Philip Mosimann

 


Geboren 16.5.1954


Dipl. Masch. Ing. ETH Zürich, Vertiefung Turbomaschinen und Strömungstechnik.


 


Beginn bei Sulzer als Forschungsingenieur


1982-1997& 15 Jahre im Kraftwerksbau vom Ing. bis zum Divisionsleiter


1997-2001& Mitglied der Sulzer Konzernleitung und Leiter Konzernbereich Sulzer Textil


Mitte 2001& Mitglied der Konzernleitung Bucher Industries


seit 2002  Chief Executive Officer Bucher Industries.


 








Kurzportrait Bucher Industries

Bucher Industries ist ein weltweit tätiger Technologiekonzern des modernen Maschinen- und Fahrzeugbaus mit Produktionsstätten auf allen Kontinenten. Der Hauptsitz befindet sich in der Schweiz.


 


Der Konzern umfasst fünf spezialisierte Divisionen in industriell verwandten Gebieten des Maschinen- und Fahrzeugbaus. Die Geschäftsfelder liegen vorwiegend in gereiften Anwendermärkten, die durch Produktinnovation sowie geografische Ausweitung des Angebots über erhebliches Wachstums- und Ertragspotenzial verfügen.

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