Swisscanto: Drei von vier Pensionskassen in Unterdeckung

Gemäss diesen Berechnungen dürften Ende des vergangenen Jahres 76,5% der Pensionskassen unterdeckt gewesen sein. Ein Jahr zuvor seien es lediglich 8,5% aller Vorsorgeeinrichtungen gewesen.


Deckungsgrad bei 94,4 Prozent
D er Sturz an den Finanzmärkten frass die Reservepolster weg und riss den durchschnittlichen Deckungsgrad der Pensionskassen von 112% im Vorjahr auf 94,4% in die Tiefe. Das heisst, wenn die Pensionskassen auf einen Schlag alle Renten ausbezahlen müssten, zu denen sie verpflichtet sind, hätten sie zu wenig Geld. Über den Daumen gepeilt dürften nach Berechnungen der Nachrichtenagentur SDA insgesamt rund 32 Mrd. Fr. fehlen. Damit hat die Finanzkrise die Pensionskassen 2008 viel härter getroffen als beim letzten Börsencrash nach dem Platzen der Internetblase in den Jahren 2000 bis 2003. Damals konnten die Pensionskassen im Durchschnitt ihren Deckungsgrad bei 100% halten.


Happige Verluste
Durchschnittlich mussten die 153 im Swisscanto-Monitor berücksichtigten Pensionskassen schätzungsweise einen Verlust von rund 12% auf dem Anlagevermögen hinnehmen. Dass sich die Pensionskassen verspekuliert hätten, sei aber falsch, sagte Swisscanto-Chef Gérard Fischer. Die Pensionskassen müssten die Renditevorgaben der Politiker erfüllen, sagte Swisscanto-Vorsorgeleiter Stephan Wyss. Dazu sei im Durchschnitt eine Rendite auf dem Anlagevermögen von 4,1% nötig. Mit den risikolosen Bundesobligationen könne man aber nur 2% herausholen. Deshalb müsse jede Pensionskasse Anlagerisiken eingehen.


Bewährte Anlageregeln ausser Kraft
Die jetzige Finanzkrise habe die bewährten Anlageregeln ausser Kraft gesetzt, sagte Fischer: «Dass gleichzeitig Immobilien, Rohstoffe, Aktien und alternative Anlagen massiv an Wert verlieren, ist in den Lehrbüchern so eigentlich nicht vorgesehen.»


Höhere Deckung bei Privaten
Nicht alle Kassen sind gleich schlecht dran. Privatrechtliche Pensionskassen stünden mit einem durchschnittlichen Deckungsgrad von 96,6% besser da als die öffentlich-rechtlichen (84,7%). Allerdings verfügen die meisten öffentlichen Kassen über eine Staatsgarantie. Insgesamt litt ein Viertel aller Vorsorgeeinrichtungen unter einer erheblichen Unterdeckung von weniger als 90%. Im Vorjahr waren es erst 4,6% gewesen. Diese dürften gezwungen sein, Sanierungsmassnahmen zu ergreifen. Man dürfe sich nicht einfach darauf verlassen, dass eine Wende an den Börsen die Unterdeckungen rechtzeitig wieder korrigiere, sagte Fischer.


Nullrunde denkbar
Dabei werden auch die Versicherten zur Kasse gebeten. In Frage käme primär eine so genannte Nullrunde, bei der auf die gesetzlich vorgeschriebene Mindestverzinsung verzichtet werde und lediglich für den überobligatorischen Teil der Zins gutgeschrieben werde. Weitere Massnahmen wären die Einführung von Sanierungsbeiträgen, die Reduktion des Zinssatzes für aktiv Versicherte oder Einlagen des Arbeitgebers.


Auch 2009 nicht gut angelaufen
Das System der beruflichen Vorsorge sei immer noch stabil, sagte Wyss: «Noch so ein schlechtes Anlagejahr wie 2008 würde den Pensionskassen aber sehr weh tun.» 2009 sei indes auch nicht gut angelaufen. ( awp/mc/pg/16)

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