Swissfirst-Affäre: EBK ortet schwere Verstösse gegen Börsengesetz

Die am 20. Dezember 2006 erlassene Verfügung der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) war zunächst nur in den Grundzügen bekannt. Das Verdikt lautete auf «gewährswidriges Verhalten». In ihrem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht schreibt die EBK über ihre Verfügung, ohne Namen zu nennen.


In «wiederholter und schwerer Weise»
Sie stellte fest, dass bei der Fusion der beiden Banken im September 2005 in «wiederholter und schwerer Weise» gegen Artikel 11 des Börsengesetzes verstossen worden war. Dieser Artikel regelt die Informations-, Sorgfalts- und Treuepflicht von Effektenhändlern gegenüber Kunden. Art und Weise der Fusion sei nicht zu beanstanden. Sie erfolgte im wesentlichen über Aktienkäufe von Kunden und Grossaktionären sowie über das Eingehen einer Short-Position (Verkäufe von Aktien, die sich nicht im Besitz des Verkäufers befinden, «Leerverkäufe»).


Interessenkonflikte und Informationsasymmetrien
Dieses Vorgehen sei aber mit «Interessenkonflikten und Informationsasymmetrien» behaftet gewesen. Bei Aktienverkäufen seien «Kunden in unsachlicher Weise preislich ungleich behandelt worden», rügt die EBK. «Organe» der bereits fusionierten Gruppe hätten bei der Andienung eigener Aktien zur Schliessung der Short-Position von «erheblich besseren Konditionen» profitiert als die Kunden vor Bekanntgabe des Zusammenschlusses.


Anlegern entgingen potenzielle Millionengewinne
Um die Short-Position zu decken, kaufte die Bank in den Tagen nach der Fusionsankündigung Aktien. Deren Kurs war nach der Bekanntgabe der Fusion in die Höhe geschnellt.  Den Anlegern, welche ihre Swissfirst-Aktien im Voraus verkauft hatten, entgingen potenzielle Millionengewinne. Unter ihnen fanden sich auch etliche Pensionskassen. Insiderdelikte bei den später fusitonierten Bankhäusern stellte die EBK nicht fest. Ein «Organ» habe bei der Eindeckung der Short-Position gegen das Gebot der «einwandfreien Geschäftsführung verstossen». Massnahmen gegen dieses «Organ» – gemeint ist Matter – prüfte die EBK nicht mehr. Er war unterdessen ausgeschieden.


Schlussstrich unter die Affäre
Die Bank Bellevue akzeptierte die Verfügung und zog damit einen Schlussstrich unter die Affäre. Sie musste der EBK mitteilten, wie sie die gerügten Mängel beheben will. Darüberhinaus entrichtete die Bank eine Spende an das Kinderspital Zürich. Der ehemalige Swissfirst-Chef Thomas Matter zog die Verfügung jedoch ans Bundesgericht weiter. Dort ist der Fall hängig. Im übrigen weist der Jahresbericht 2006 aus, dass die Tätigkeit der EBK zunahm. Im Bankbereich erhöhte sich die Zahl der Verfügungen gegenüber dem Vorjahr von 77 auf 105. Bei den Börsen und Effektenhändlern wuchs die Zahl der Verfügungen von 43 auf 63. Bei den Anlagefonds gab es hingegen einen Rückgang der Verfügungen von 435 auf 413. Ende 2006 waren 18 (Vorjahr: 5) Beschwerden gegen Verfügungen der EBK beim Bundesgericht hängig. Die Zahl der Strafanzeigen der EBK beim Eidgenössischen Finanzdepartement stieg von 5 auf 9, jene der Strafanzeigen bei kantonalen Behörden sank hingegen von 7 auf 5. (awp/mc/gh)

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