Thomas Hornung, CEO Esmertec AG

Von Radovan Milanovic


Moneycab: Bei der Kotierung der Esmertec Aktien hat wohl kaum ein Investor erwartet, welches Expansions- und Umsatzwachstum Esmertec in den folgenden Jahren zeigen wird. Was ist Ihr Erfolgsrezept?


Thomas Hornung: Das Esmertec Team war jederzeit überzeugt top Softwarelösungen herzustellen und hat diese ständig weiterentwickelt. Wir glaubten immer daran, dass Mobiltelefone bald den Nutzungsgrad eines Alltaggegenstandes aufweisen werden. Ähnlich wie zum Beispiel ein Schlüsselbund oder eine Uhr, die wir alle immer bei uns tragen. Im Weiteren sehen wir, dass die Multimedia gestützte Welt mit vielen Softwarelösungen immer schneller in alle Lebensbereiche Einzug hält.


Anbieter von Software, Anwendungen und Dienstleistungen für Mobilfunkbetreiber und Kommunikationsgerätehersteller liefern sich einen harten Konkurrenzkampf. Wie gelingt es Ihnen auf Quartalsbasis Wachstumsraten von 43.5% im Segment Mobile & Multimedia Devices sowie die Gewinnung vieler Neukunden im Segment Mobile Operator zu verbuchen? Was machen Ihre Konkurrenten falsch?


Der Umsatzanstieg im Segment Mobile und Multimedia ist das Ergebnis unserer Strategie, Esmertec als zuverlässigen Partner der führenden Unternehmen in unseren Märkten zu positionieren. Wir ernten heute die Fürchte aus den Geschäftsbeziehungen, die wir vor Jahren geknüpft haben. Das wirkt sich nun zunehmend positiv auf unser Ergebnis aus, wie es für Märkte mit langen Verkaufs- und Fertigungszyklen typisch ist.


Für die kommenden Jahre besteht weiterhin starkes Wachstumspotenzial, da der Gesamtmarkt für Mobile & Multimedia Devices weiter wächst, die Geräte zunehmend Java verwenden und die Hersteller vermehrt auf externe Lösungen wie etwa die von Esmertec zurückgreifen. Ausgehend von der bestehenden Marktposition als Lieferant der Top-Player in unseren Märkten bleibt für Esmertec auch weiterhin Wachstumspotenzial durch breitere Anwendung unserer Technologie in der Produktpalette unserer Kunden und natürlich auch durch Akquise neuer Kunden. Im Segment Operator Products überzeugen die Cellicium USSD-Lösungen von Esmertec, da sie den Mobilfunkbetreibern Kosten sparen und gleichzeitig zusätzliche Einnahmen bringen. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Einer unserer Kunden setzt Cellicium USSD-Lösungen von Esmertec ein. Mehr als 80 Prozent der Kunden verwenden USSD für Kontoabfragen oder Top-ups. Vor dem Einsatz von USSD hatten über die Hälfte der Kunden dafür das Call- Center genutzt. Der Telefonabieter konnte durch den Einsatz von USSD signifikante Einsparungen in der IVR-Infrastruktur des Call-Centers erzielen.


Die Mobilfunkbranche, aber auch die Hersteller von Mobilfunkgeräten kämpfen mit harten Bandagen. So sackte der Marktanteil von Motorola Inc.’s Mobilfunkgeräten von 23 Prozent in 2006 auf aktuell 9.4 Prozent ab. Ist Esmertec von den Problemen mit Mobilfunkgeräteherstellern betroffen? Falls ja, in welchem Ausmass?


Wir können uns an dieser Stelle nicht zu vertraulichen Informationen über Geschäfte oder Gespräche mit Kunden äussern. Unsere Resultate für das Jahr 2007, die wir am 10. April 2008 vorgestellt haben, zeigen jedoch, dass 2007 ein erfolgreiches Jahr für Esmertec war. Allgemein kann man sicherlich sagen, dass es in einem auf Lizenzen basierten Geschäftsmodell, wie wir es haben, positiv ist, wenn so viele Einheiten wie möglich verkauft werden.


Welches sind Ihre grössten Konkurrenten Ihrer Produktpalette auf dem Weltmarkt? Mit welchen Dienstleistungen?


Esmertec ist der führende Anbieter von Java-Engines, die technologisch unabhängig von Sun Microsystems sind und daher Innovationen schneller und in grösserem Maßstab bringen können. Im Mobile & Multimedia Umfeld ist der stärkste Wettbewerb in der Inhouse-Softwareentwicklung zu sehen. Mit zunehmender Komplexität der Java-Technologie in Entwicklung und Upgrading wird dabei das Angebot eines Spezialisten wie Esmertec, der über eigenständige Technologien und jahrelanges Services-Know-how verfügt, immer attraktiver. Auf der Operator-Seite besteht für Esmertec Wettbewerb von regionalen Anbietern von Software- und Telekomservices sowie von Firmen mit einem stark diversifizierten Produktportfolio, die aber USSD-Lösungen nur wenig Aufmerksamkeit schenken.


Esmertec hat fast acht Jahre Erfahrung in der Errichtung, Integration und in einigen Fällen auch im Hosting von Plattformen für USSD-Services. Im Laufe der Jahre hat Esmertec den vollständigsten Katalog von Anwendungen geschaffen, der über 30 anwendungsbereite Services für Mobilfunk-Nutzer aufweist. Im Februar 2008 haben wir mit MAX ( Mobile Application eXplorer ) eine Mobile Service-Plattform der nächsten Generation eingeführt. Dieses interaktive Portal nimmt im Markt eine Sonderstellung ein und verbindet Java und USSD-Technologien, um den Endkunden optimale Möglichkeiten zu bieten.



«Mit zunehmender Komplexität der Java-Technologie in Entwicklung und Upgrading wird dabei das Angebot eines Spezialisten wie Esmertec, der über eigenständige Technologien und jahrelanges Services-Know-how verfügt, immer attraktiver» Thomas Hartung, CEO Esmertec AG


Sehen Sie neue, bahnbrechende Trends im Mobilfunksektor? Welche?


Zwei Trends sind besonders hervorzuheben:
– Die immer schnellere Ausweitung des Mobilfunk-Geschäftes über die traditionelle Zweierbeziehung «Betreiber und Hersteller» hinaus: Neue Marktteilnehmer treten auf, die Mobiltelefone für die Expansion ihrer Geschäftsmodelle einsetzen wollen – Google ist das beste Beispiel, – oder die einfach auf das Mobiltelefon als Massenmedium setzen.
– Das Mobiltelefon ist immer weniger ein alleinstehendes Gerät und wird im Zuge der Konvergenz der Systeme zunehmend mit einer Vielzahl von Multimedia- und Verbraucherelektronikgeräten vernetzt. Diese Entwicklung macht die Etablierung standardisierter Technologien wie Java erforderlich, um die neuen Dienste aus der Konvergenz einheitlich, einfach und kundengerecht anbieten zu können. 


Diese Trends schaffen neue Geschäftsmöglichkeiten für Esmertec, bei denen wir unsere langjährige Erfahrung nutzen können, um den Marktteilnehmern zu helfen, ihre Strategie und Taktik im Mobilfunkgeschäft umzusetzen.


81 Prozent der ausstehenden Wandelanleihe sind bis Ende 2007, also vor Ablauf, in Aktien gewandelt worden. Ein grosser Vertrauensbeweis der Investoren von Esmertec. Damit konnte die Gesellschaft einerseits das Fremdkapital um 30 Millionen Franken reduzieren, anderseits die Barmittel erheblich stärken und das Eigenkapital erhöhen. Wie wurde das Kapital und wie das Agio verwendet?


Das Kapital – wie das Agio – dienen der Stärkung der Eigenkapitalbasis. Ein viel wichtigerer Effekt hingegen liegt daruber hinaus in der Tatsache, dass für die nächsten Jahre Amortisations- und Zinszahlungen von rund 40 Millionen Franken für Esmertec entfallen.


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Per 31. Dezember 2007 weisen Sie flüssige Mittel von 37.6 Millionen Dollar aus, oder 45.5 Prozent der Aktiven, im Vorjahr betrug dieses Ratio ausserordentliche Einnahmen wie der vorzeitigen Wandlung 51.9 Prozent. Beide Verhältniszahlen sind hoch und liegen, insbesondere im Vorjahr, über der benötigten Fälligkeitskongruenz (das Umlaufvermögen entspricht den kurzfristigen Verbindlichkeiten). Sehen Sie sich nach Akquisitionen um? Was ist der Grund für diese Praxis?


Das ist nicht korrekt: Wir weisen ein Umlaufsvermögen von 37.6 Millionen Dollar aus, das heisst, wir werden künftig auch die Cashposition erhöhen können. Dies benötigen wir in unserem Geschäft zur weiteren Finanzierung von Forschung und Entwicklung.


Es fällt auf, dass Sie in 2006, als auch in 2007 erhebliche Debitorenausstände haben welche im Verhältnis zur Bilanzsumme 32 Prozent, beziehungsweise 34 Prozent betragen. Sind solche Ratios branchenüblich? Haben Ihre Kunden lange Zahlungsfristen oder stehen Debitorenverluste an?nbsp;


Dies liegt an der Umsatzlegung des Lizenzgeschäftes im Bereiche von Mobile und Multimedia: Hier bucht Esmertec die Umsätze nach Vertragsunterzeichnung. Der Kunde verpflichtet sich, während beispielsweise dreier Jahre eine Anzahl Lizenzen zu beziehen – er geht ein sogenanntes Commitment ein. Der Lizenzkauf wird erst nach Bezug der Lizenzen fakturiert. Diese Art von Umsatzlegung nach IFRS kommt eigentlich einer Auftragsbestandes-Umsatzlegung gleich. Die hohen Debitorenverluste rühren daher, dass nach einer Marktkonsolidierung insbesondere einige asiatische Kunden heute nicht mehr existierten und Esmertec noch deren Commitments in den Büchern hatte. Wir sind daran, diese Umsatzlegung zu modifizieren und streben an, Umsätze lediglich bei Ausstellung der Faktura zu verbuchen. Dies wird zu einer signifikanten Abnahme der Debitorenverluste führen. Zudem haben wir 2007 unsichere Commitments wertberichtigt.


Esmertec meldet für das Geschäftsjahr 2007 Rekordlieferungen, im Jahresvergleiche eine Umsatzzunahme von 50.4 Prozent auf 37.2 Millionen Dollar, ein operatives Cash-Flow von 1.1 Millionen Dollar und einer Halbierung des Verlustes auf 24.2 Millionen USD. Analysten sind von einem Umsatz von 37.0 Millionen und dem erwarteten Verlust von USD 10.0 Millionen ausgegangen. Das Nichterreichen der Erwartungen begründen Sie mit Abschreibungen und Kosten für die vorzeitige Wandlung der Wandelanleihe. Gibt es noch andere Gründe für den Verlustausweis? Wann dürfte bei Esmertec der Break-even erreicht werden?


Der höhere Verlust lässt sich in der Tat mit folgenden drei Faktoren erklären: (1) Finanzkosten aufgrund der vorzeitigen Wandlung der Wandelanleihe, (2) ausserordentliche Abschreibungen von immaterielen Wirtschaftsgütern (alte Produkte, die auf den Märkten nicht mehr nachgefragt werden) und (3) Abschreibungen von gebuchten Commitments, deren Realisierung aus konservativer Sicht nicht realisiert werden können. Für 2008 streben wir ein positives Ergebnis an.


Werden Ihre Dienstleistungen, insbesondere Sotwaredienstleistungen in der Schweiz erbracht oder sind diese zum Beispiel nach Indien ausgelagert? 


Esmertec hat 4 Software Entwicklungszentren: Dübendorf, Bagneux (Paris-Frankreich), Chengdu (China) und High-Wycombe (London-UK)


Wieso bilanziert Esmertec in Dollar und nicht beispielsweise in Euro oder Schweizer Franken?&


Die Software-Industrie ist global und folglich sind wir mit unserem Geschäft auf den Weltmärkten tätig. Internationale Transaktionen werden oft in US Dollar abgewickelt.



«Die beste Aktionärsbindung liegt darin, dass Esmertec ein profitables Wachstum anstrebt»


Der Kurs der Esmertec Aktie hat sich trotz der eratischen Börsenentwicklung in den vergangen zwölf Monaten leicht verbessert. Sehen Sie die Aktie fair bewertet?


Der Kursanstieg der Esmertec-Aktie in den letzten Monaten unterstreicht die Anstrengungen, die Esmertec unternommen hat, um die Anleger von dem Potenzial des Unternehmens zu überzeugen. Für uns bedeutet das aber nicht, das wir in unseren Anstrengungen nachlassen sollten – ganz im Gegenteil. Das Unternehmen ist in einem wachstumsstarken Markt aktiv, verfügt über modernste und wettbewerbsfähige Produkte und Lösungen (unter anderem 18 Patente und 7 beantragte Patente), ist als Lieferant der führenden Unternehmen in der Mobilfunkbranche etabliert und stärkt seine operative Effizienz, um das Unternehmen auf die nächste Entwicklungsstufe zu bringen: mit neuen Produktentwicklungen und ebenso mit neuen Marktchancen (Konvergenz der Multiple-Device-Anwendungen, neue Marktallianzen mit neuen Marktteilnehmern).


Die vorzeitige Wandlung von Aktien aus der Wandelanleihe hatte eine Verwässerung von 4.2 Prozent zu Folge, was bei einer jungen Gesellschaft ein positiver Effekt für die Altaktionäre ergibt. Was für aktionärsfreundlichen Aktionen könnten die Aktionäre in Form von Aktionärsbindungen von Esmertec erwarten?


Die beste Aktionärsbindung liegt darin, dass Esmertec ein profitables Wachstum anstrebt. Profit und Wachstum wirken sich positiv auf die Entwicklung des Aktienkurses aus.





Der Gesprächspartner
Thomas Hornung ist seit dem 1.10.2007 Deputy-CEO und seit dem 1.01.2008 der CEO von Esmertec AG. Er weist über 20 Jahre Erfahrung in der IT- und Telekommunikationsindustrie, einschliesslich Führungserfahrung in wichtigen Firmen wir Nixdorf Computer, Siemens/Cisco und debitel AG auf. Bevor er zu Esmertec stiess, arbeitete er als leitender Wirtschaftsberater für internationale Kunden und Investoren im Bereich von Telekommunikation, technologischer Konvergenz und Konsumgüterelektroniklösungen, mit den Schwerpunkten Geschäftsentwicklung, Innovation und Partnermanagement sowie Markteinführungsstrategien. Er hat einen Universitätsabschluss in Physik und Umwelttechnik und promovierte in Halbleiterphysik.


Das Unternehmen
Esmertec ist ein führender Anbieter von Java? In-Device Engines und Mobile Services Plattformen. Die leistungsstarken Lösungen des Unternehmens ermöglichen Endkunden den einfachen Zugang zu Inhalten und Services auf jedem beliebigen Mobiltelefon und über jedes beliebige Netzwerk. Esmertecs Kundenstamm ist auf mehr als 90 Kunden angewachsen, einschliesslich Mobilfunkanbieter und Hersteller von Mobiltelefonen, Set-Top-Boxen und interaktiven Fernsehern. Seine In-Device Engines versorgen 1 von 10 neuen Mobiltelefonen (in mehr als 206 Millionen ausgelieferten Geräten) und seine USSD Mobile Services Plattformen beliefern mehr als 125 Millionen Mobilabonnenten weltweit.


Esmertec ist ein Gründungsmitglied der Open Handset Alliance, die massgeschneiderte Lösungen für Android, eine Mobiltelefon-Plattform, liefert.


Esmertec wurde 1999 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Zürich, Schweiz, mit Tochtergesellschaften in China, Frankreich, Südkorea und den USA sowie Vertretungen in Taiwan und Grossbritannien. Seit 2005 ist Esmertec an der SWX Swiss Exchange (ESMN) kotiert.

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