Thomas Köberl, Abacus: «Eine Expansion nach Deutschland ist geplant»

Von André Schäppi

Moneycab: Herr Köberl, Abacus entwickelt äusserst erfolgreich Business-Software für KMUs und gehört mit 60000 verkauften Modulen bei 30000 KMUs und einem Marktanteil von 16% bei ERP-Systemen (Enterprise Ressource Planning) zu den führenden Schweizer Anbietern betriebswirtschaftlicher Softwarelösungen. Damit lassen Sie Branchenriesen wie Microsoft oder SAP hinter sich. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?

Thomas Köberl: Neben einem Quäntchen Glück liegt es sicher daran, dass wir zur richtigen Zeit immer das richtige Produkt hatten, so beispielsweise als wir 1985 mit einem Finanzbuchhaltungsprogramm begonnenen haben. Ein weiterer Grund ist, dass wir von Anfang an die beste Software entwickeln wollten. Damit haben wir die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Unternehmen in der Schweiz erfasst und umgesetzt. Im Weiteren sammeln wir bei Weiterentwicklungen die aktuellen Bedürfnisse der Anwender und lassen sie in die neuen Versionen einfliessen. Und nicht zuletzt bieten wir heute vollintegrierte Gesamtlösungen für die verscheidendesten Anforderungen an, welche die Unternehmen brauchen.


 


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Bezüglich Konkurrenz: SAP kommt ja aus Deutschland, wo die KMUs grösser sind als in der Schweiz. Die SAP-Lösungen sind deshalb oft überdimensioniert und damit auch zu teuer. Anders liegt der Fall bei Microsoft, die ein ernstzunehmender Konkurrent sind. Aber wir haben den Vorteil, dass unsere Lösungen länger auf dem Markt sind. Für ausländische Unternehmen ist es zudem weniger lohnenswert, die unterschiedlichen Steuer- und Sozialversicherungswesen der einzelnen Kantone zu berücksichtigen.

«Wir wollen ganz bewusst den Standort Schweiz unterstützen und damit Arbeitsplätze sichern. Deshalb werden unsere Applikationen zu 100 % in St. Gallen entwickelt.»  Thomas Köberl, Mitgründer der Abacus Research



Wohin läuft die Entwicklung bei der betriebswirtschaftlichen Software für KMUs?

Der Trend geht in Richtung papierloses Büro, das heisst, Prozesse sollen in Zukunft elektronisch abgewickelt werden können. Der Bundesrat hat ja die digitale Signatur auf Beginn 2005 der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt. So lassen sich elektronische Dokumente rechtsverbindlich unterschreiben, wodurch ein Rationalisierungsschub in der Buchhaltung möglich wird. Ein Beispiel: Mit entsprechenden Software-Programmen lassen sich etwa 500 Papier-Ordner auf einer einzigen DVD archivieren.

Gibt es schon Software-Lösungen, welche die digitale Signatur bei der Betriebsbuchhaltung unterstützen?

Diese Möglichkeit haben wir bereits Ende letztes Jahr in unsere Software integriert. Damit haben wir die Nase wieder einmal ganz vorne, denn keiner unserer Konkurrenten bietet eine derartige Lösung an. Mit unserem «digital erp» kommen die einzelnen Prozesse von der Belegerfassung über den Dokumentenaustausch bis zur Ablage vollständig ohne Papier aus. Beim Datenaustausch wird das plattformunabhängige PDF-Format (Portable Document Format) mit dem XML-Format (Extensible Markup Language) kombiniert.

Von den 150 Mitarbeitenden sind rund 1/3 in der Entwicklung beschäftigt. Warum braucht es heute noch einen derart grossen Anteil an Entwicklern?

Wir haben eine grosse Produktevielfalt, die wir unterstützen müssen. Aus dieser Sicht sind wir sicher nicht überdotiert. Früher war das anders. Da hatten wir für sechs Produkte sechs Entwickler. Das geht heute nicht mehr, weil die Programmierung aufwendiger ist und auch die einzelnen Produkte mehr Funktionen haben.

Abacus will den Mitarbeitenden einen gesicherten Arbeitsplatz bieten. Das ist im aktuellen Umfeld gar nicht einfach. Arbeitsplätze werden ins billigere Ausland verlagert und der Werkplatz Schweiz trocknet langsam aus. Ist es nicht auch denkbar, dass Sie Ihre Software demnächst in Russland oder Indien entwickeln lassen?

Nein, denn wir wollen ganz bewusst den Standort Schweiz unterstützen und damit Arbeitsplätze sichern. Deshalb werden unsere Applikationen zu 100 % in St. Gallen entwickelt. Historisch bedingt haben wir in USA Programmierer, die für uns Basistechnologien entwickeln. Wir haben die Möglichkeit des Outsourcings nach Indien einmal geprüft, waren allerdings mit dem Resultat nicht zufrieden. Den Nachteil, den wir als lokaler Softwarehersteller haben, versuchen wir durch eine Open-Source-Politik zu kompensieren, denn dadurch können wir von einem weltweiten Entwicklungspool profitieren.

Abacus unternimmt einiges, um den Mitarbeitenden ein gutes Arbeitsumfeld zu bieten. Weshalb ist Ihnen das so wichtig?


Weil das Fachwissen der Mitarbeiter das eigentliche Betriebskapital bildet. Zudem gehen wir davon aus, dass zufriedene Mitarbeiter mehr leisten und die Motivation höher ist. Sehr viele Mitarbeiter sind schon seit Jahren in unserer Firma. Eine Kontinuität ist beispielsweise gerade im Bereich Entwicklung sehr wichtig, da das bestehende Know-how nicht abfliessen soll. Und das steckt ja nicht im PC sondern in den Köpfen der Leute. Zu den Möglichkeiten, die wir als Firma haben, gehört unter anderem, dass wir Schlüsselpersonen direkt am finanziellen Erfolg beteiligen.

Zufriedene Kunden sind gemäss Firmenphilosophie eines der wichtigsten Ziele. Wann haben Sie zuletzt mit einem Kunden Kontakt gehabt und wann mussten Sie sich zum letzten Mal mit der Klage eines unzufriedenen Kunden beschäftigen?

Der Kontakt mit Kunden ist auch auf der Stufe der Geschäftsführung ein wichtiger Punkt. Ich hatte vor ein paar Tagen mit einem Kunden Kontakt und nächste Woche werde ich einen Kunden wegen einer Reklamation treffen.

Wie war das letzte Jahr für Abacus?


2004 war fast so gut wie das Vorjahr, welches das beste Jahr in der Geschichte von Abacus war. (Der geschätzte Umsatz der Abacus liegt zwischen 25 und 30 Mio. CHF, Anmerkung der Redaktion.).

Besteht in der Schweiz überhaupt noch die Möglichkeit für Marktwachstum?

Ja, denn wenn wir beispielsweise im Bereich ERP-Lösungen erst einen Anteil von 16 % haben, können wir schon noch zulegen. Auch in anderen Bereichen besteht durchaus noch Potenzial.

Was erwarten Sie für 2005?

Der wichtigste Faktor bei bestehenden Kunden wird der neue Lohnausweis bilden, der nächstes Jahr obligatorisch eingeführt wird. Das bewegt die Unternehmen, wie wir unter anderem in verschiedenen Seminaren festgestellt haben. In unsere Software wurde der neue Lohnausweis schon Ende letztes Jahr integriert. Damit erhalten diejenigen Kunden, die die neue Software-Version installieren bereits die Möglichkeit, den neuen Lohnausweis zu nutzen. Bei Neukunden im Bereich Fertigungsunternehmen erwarten wir eine verstärkte Nachfrage durch ein neues Produktionsplanungs- und Steuerungsmodul.

Wäre eine Expansion mit Ihrer Software ins angrenzende Ausland, zum Beispiel nach Deutschland denkbar?


Ja, eine vorsichtige Expansion ins benachbarte deutschsprachige Ausland haben wir längerfristig geplant. Erste Schritte haben wir bereits unternommen, indem wir die Software im Bereich Mehrwertsteuerabrechnung für Deutschland angepasst und den deutschen Zahlungsverkehr integriert haben. Die Software wurde zudem von einer namhaften Revisionsfirma überprüft und zertifiziert. Erste Kunden wie das italienische Modehaus Giorgio Armani in München setzen das Modul Finanz- und Rechnungswesen für die deutschen Filialen bereits erfolgreich ein. Daneben haben wir weitere Applikationen im Bereich Banken sowie Beratungsunternehmen, deren Einführung zur Zeit läuft. Wenn wir diesen Schritt mit gute Referenzen abgeschlossen haben, werden wir den Vertrieb intensivieren und verstärkt im deutschen Markt auftreten.

Wie sehen sie die Zukunft der Abacus? Wollen Sie bis zur Pensionierung bei Abacus arbeiten?


(lacht). Nein, das ist kaum vorstellbar, denn das Software-Business ist sehr hektisch, was auch viel Substanz braucht. Deshalb überlegen wir uns schon, wie wir die Nachfolge bei Abacus längerfristig auf eine solide, Basis stellen können. Das sind wir schon unseren Partnern, Kunden und Mitarbeitern schuldig. Denkbar wäre beispielsweise eine Lösung, bei der aus dem Mitarbeiterbestand geeignete Nachfolger hervorgehen. Deshalb schliessen wir auch einen Börsengang als Alternative aus, denn für uns steht langfristiges Denken über kurzfristigen Rentabilitätsüberlegungen.

Sie haben zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?

Beruflich wünsche ich mir, dass wir die Nachfolgeregelung erfolgreich regeln, damit wir beruhigt in die Zukunft blicken können.
Privat würde ich ein Sabbatical realisieren. Gerne würde ich etwas in einer anderen Kultur, in einem anderen Sprachraum anpacken, das gar nichts mit Informatik zu tun hätte. Allerdings müsste meine Familie damit einverstanden sein.

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