UBS-Aktionäre verweigern Décharge für 2007

Eine unmittelbare Folge hat die Verweigerung der so genannten Décharge nicht. Dass 52,75% der an der GV vertretenen Aktienstimmen gegen den Verwaltungsrat stimmten, führte bei den in der Basler St. Jakobshalle anwesenden Aktionären zu einem lauten Applaus.


UBS wird auf Verantwortlichkeitsklage verzichten
Als der Beifall verklungen war, stellte UBS-Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger jedoch bereits klar, dass die Abstimmung nichts an der Haltung des obersten Führungsgremiums der UBS ändere. Dieses werde weiter auf eine Verantwortlichkeitsklage gegen ehemalige UBS-Verantwortliche verzichten, unter anderem weil der Erfolg eines solchen Schrittes ungewiss sei und Gerichtsprozesse dem Ruf der Bank schade würden. Aufgrund der nun ausgebliebenen Décharge kann die damalige UBS-Führungsriege, etwa der ehemalige Konzernchef Marcel Ospel, aber weiterhin zivilrechtlich belangt werden.


Mit Kritik überschüttet – nur knappes Mehr für Vergütungspolitik
An der Generalversammlung zeigte es sich überdeutlich, dass die UBS-Führung das Vertrauen vieler Aktionäre verloren hat. Der Verwaltungsrat wurde von den über 50 Rednern an der rund achtstündigen Versammlung mit Kritik geradezu überschüttet. Doch nicht nur Kleinaktionäre verschafften ihrem Unmut lauthals Luft, auch bei der konsultativen Abstimmung über die Lohn- und Bonipolitik bekam die UBS-Spitze einen Denkzettel verpasst. Der Ja-Anteil zum vorgelegten Vergütungsbericht betrug nicht einmal 55%. Dass im Gegenzug fast 40% der vertretenen Aktienstimmen sich gegen den Bericht des Verwaltungsrates richteten, verdeutlicht, dass inzwischen auch gewichtigere Aktionäre mit den Milliardenexzessen nicht mehr einverstanden sind.


64,6 % der Aktionärsstimmen vertreten
Überhaupt hat die Diskussion um die Bonipolitik und die Décharge für die UBS-Banker, die für das US-Hypothekendebakel und die Steueraffäre verantwortlich waren, mehr institutionelle Anleger als bisher dazu bewogen, von ihren Stimmrechten Gebrauch zu machen. Mit 64,6% aller Aktionärsstimmen waren so viele Stimmen an der GV vertreten wie noch nie in den letzten Jahren. An den insgesamt fünf Generalversammlungen der letzten zwei Jahre waren maximal 53,9% der Stimmrechte wahrgenommen worden.


Der gegenwärtigen Führungsspitze mit Konzernchef Oswald Grübel und Verwaltungsratspräsident Villiger scheint das Aktionariat indes zuzutrauen, die Grossbank wieder auf Vordermann zu bringen. Jedenfalls wurde Villiger mit über 96% Ja-Stimmen wiedergewählt. Und auch die Décharge für das vergangene Geschäftsjahr, in dem die Bank immer noch rote Zahlen schrieb, wurde dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung mit über 85% der vertretenen Stimmen erteilt.


Mayrhuber im Verwaltungsrat
Die Verwaltungsratswahlen gingen ganz im Sinne der UBS-Führung über die Bühne. Die Generalversammlung wählte Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber mit 89,24 % der Stimmen in den Verwaltungsrat. Sämtliche Verwaltungsratsmitglieder, deren Wiederwahl anstand, wurden deutlich wiedergewählt. Fiat-Chef Sergio Marchionne und Peter Voser, CEO und VR-Mitglied von Royal Dutch Shell, traten nicht mehr an. 


Ethos fordert Zivilklage gegen ehemaliges UBS-Topkader
Die Anlagestiftung Ethos zeigte sich mit der Nicht-Erteilung der Décharge für 2007 zufrieden. «Dies zeigt, dass die Aktionäre nicht automatisch dem Verwaltungsrat folgen», sagte Ethos-Direktor Dominique Biedermann am Rande der Generalversammlung. Um Vertrauen zu gewinnen, müsse sich der Verwaltungsrat nun klar vom Ex-Management unter Marcel Ospel distanzieren. Ethos fordere, dass das Gremium eine Zivilklage gegen die ehemaligen UBS-Topkader einreicht, welche die UBS in die Milliardenverluste und das US-Steuerdebakel geritten hatten.


Politiker erfreut über Décharge-Verweigerung
Als ein positives und klares Signal werteten Politiker verschiedener Couleur den Entscheid der UBS-Aktionäre, der UBS-Führung die Décharge für das Jahr 2007 zu verweigern. Forderungen nach rechtlichen Folgen für die Verantwortlichen wurden wieder laut. SP-Nationalrat Paul Rechsteiner bezeichnete die Ablehnung der Décharge für 2007 als «klares Signal». Es könne nun nicht zur Tagesordnung übergegangen werden.

SP: Frage der Verantwortlichkeitsklage wieder auf dem Tisch
Dieser Entscheid mache klar, dass die Arroganz der alten wie der neuen Führung von den Aktionären nicht goutiert werde, teilte die SP in einem Communiqué mit. Die Frage einer Verantwortungsklage der UBS gegen Marcel Ospel und andere frühere Chefs sei nun wieder auf dem Tisch. Dieser Meinung schloss sich auch FDP-Nationalrat Philipp Müller an: «Die neue UBS-Führung muss nun gegen die Verantwortlichen des Jahres 2007 klagen», sagte er auf Anfrage der SDA. Es sei «politisch sehr wenig sensibel» gewesen vom UBS-Verwaltungsrat, die Déchargen auch für die Jahre 2007 und 2008 zu verlangen.


Darbellay spricht von historischem Entscheid
Er habe diesen Entscheid der UBS-Aktionäre so nicht erwartet, werte ihn aber als gute Überraschung, sagte CVP-Präsident Christophe Darbellay. Der Walliser Nationalrat sprach von einem historischen Entscheid. Die Verweigerung der Décharge sei ein Zeichen an die früheren UBS-Verantwortlichen, dass man auch als Topmanager Verantwortung übernehmen müsse. Nun sei die Geschäftsprüfungskommission (GPK) gefordert, die Sachlage von A bis Z zu klären. Wenn sie dies nicht schaffe, müsse eine PUK eingesetzt werden.


SVP: Revision des Aktienrechts muss schnell kommen
Der Entscheid der UBS-GV zeige, dass die Aktionäre mündig seien und differenziert entscheiden könnten, sagte SVP-Generalsekretär Martin Baltisser auf Anfrage. Er zeige auch, dass eine Revision des Aktienrechts, welche den Aktionären mehr Kompetenz einräume, schnell kommen müsse. Die Politik selber könne aus der Verweigerung der Décharge-Erteilung nichts ableiten. Sie müsse andere Ding betrachten, etwa das Verhalten des Bundesrats bei der Herausgabe von Kundendaten.   (awp/mc/pg/28)

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