Ueli Dietiker, CEO Swisscom Fixnet: «Bluewin TV ist ein sehr wichtiger Baustein in der Umsetzung unserer Unternehmensstrategie»

von Patrick Gunti


Herr Dietiker, nach langer Anlaufzeit ist Bluewin-TV seit Anfang November auf Sendung. Wie wichtig ist dieser Schritt für die Swisscom?


Die Lancierung von Bluewin TV ist ein sehr wichtiger Schritt für die Swisscom. Erstens haben wir lange an diesem Projekt gearbeitet, und es ist wichtig, dass wir nun die Früchte für unser Engagement ernten können. Mir ist ein grosser Stein vom Herzen gefallen, als wir den Medien unser fertiges Produkt präsentieren konnten. Bluewin TV ist ein sehr wichtiger Baustein in der Umsetzung unserer Unternehmensstrategie. Wir können nun unseren Kunden Telefonie, Internet und Fernsehen aus einer Hand anbieten.


Der Start von Bluewin TV war ursprünglich für Herbst 2005 geplant. Was hat zu dieser Verzögerung geführt?


Wir wollten keine Zugeständnisse bei der Qualität machen. In der Entwicklungsphase zeigten sich jedoch Schwierigkeiten mit der Set-Top-Box und der Software, weshalb wir mit unseren Partnern nochmals über die Bücher gehen mussten. Das hat zu einer Verzögerung geführt.


Was hat sich in der Zwischenzeit verbessert?


Bluewin TV ist ein technisch ausgereiftes Produkt. Es hat sich gelohnt, mit der Lancierung noch zuzuwarten. Einen Faux-Pas im Fernsehgeschäft dürfen wir uns nicht erlauben.


Sowohl die ursprüngliche, also für den Start 2005 vorgesehene, als auch die aktuelle Software für das interaktive Fernsehen, die bei Bluewin TV im Einsatz ist, stammt von Microsoft. Welche Kriterien gaben den Ausschlag?


Die Plattform von Microsoft hat uns trotz aller anfänglichen Probleme überzeugt, beispielsweise in punkto Bedienerfreundlichkeit und Geschwindigkeit. Wir sind heute froh, dass wir auf diese Lösung gesetzt haben. Die Entwicklungen in anderen Ländern bestätigen uns.



Bluewin TV soll mittelfristig einen dreistelligen Millionenbetrag zum Umsatz der Swisscom beitragen. (Ueli Dietiker, CEO Swisscom Fixnet)


Bluewin-TV bietet über 100 TV- und 70 Radiokanäle und gegen Aufpreis eine 500 Filme umfassende Filmvideothek und viel Live-Sport. Was wird Ihrer Meinung nach am meisten Kunden zu Bluewin TV locken?


Das Live-Angebot überzeugt mit deutlich grösserer Sendervielfalt als im analogen Kabelnetz. Zweitens hat man die Videothek nun zu Hause und kann Mietfilme ganz einfach auf Knopfdruck anschauen. Bluewin TV hat ein konkurrenzloses Sportangebot, was für viele Fussball- oder Eishockeybegeisterte sicher das Hauptargument ist. Und mit der Set-Top-Box kann man Sendungen sehr einfach aufnehmen und der elektronische Programmführer schafft den nötigen Überblick. Aufnahmen können auch übers Internet programmiert werden. Heute ist es schwierig zu beurteilen, welche der genannten Punkte letztlich die Kaufentscheidung auslösen. Vermutlich ist es eben die Kombination der Leistungen ? und vielleicht finden sich auch Kunden, die immer schon ihren Kabelanschluss kündigen wollten.


Mit wie vielen Neu-Abonennten rechnen Sie monatlich und welche Umsatzerwartungen haben Sie mittelfristig?


Das Angebot ist von den Kunden sehr gut aufgenommen worden. Zu den Zahlen nur so viel: Bluewin TV soll mittelfristig einen dreistelligen Millionenbetrag zum Umsatz der Swisscom beitragen.


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Der Kunde kann selber entscheiden was, wann, wo und wie er es sehen will. Nach welchen Kriterien wurde das Programm-Angebot von Bluewin TV zusammengestellt?


Wir haben uns nicht nur am heutigen Konsumentenverhalten orientiert, sondern auch eine umfassende Marktforschung durchgeführt. Sie hat uns einen Einblick in das «Wunschfernsehen» der Zukunft erlaubt, was uns bei der Produktgestaltung sehr geholfen hat. So bieten wir eine breite Palette von Live-Sendern in allen Landessprachen an. Wir haben ein exklusives Sport-Angebot, weil gerade Sportbegeisterte besonders hohe Ansprüche an Aktualität und Umfang der Fernsehinhalte haben. Bei der Zusammenstellung der Videothek setzen wir auf ein breites, massenmarktfähiges Angebot. Das zeigt der Mix aus aktuellen und älteren Filmen.


Die Kosten von Bluewin TV und dem digitalen TV-Angebot der Cablecom halten sich in etwa die Waage. Nicht nur das inhaltliche Angebot wird künftig darüber entscheiden, wem sich die Kunden zuwenden, auch der Preis. Befürchten Sie nicht einen ähnlichen Preiskampf resp. Preiszerfall wie z.B. bei der Fix- und Mobil-Telefonie?


Das Marktpotenzial für digitales Fernsehen ist gross genug, um im Wettbewerb mit einer attraktiven Leistung zu überzeugen. Wir sind der Meinung, dass wir ein sehr gutes Produkt zu fairen Preisen haben. Gründe für ruinösen Preiskampf sehe ich nicht. Denn er ist ein typisches Merkmal für einen gesättigten Markt, in dem Verdrängungswettbewerb ohne grosse Innovationen herrscht.


Die Cablecom hat Swisscom einen guten Start im TV-Markt gewünscht. Sie wird aber auf die neue Konkurrenz reagieren müssen ? welche Schritte erwarten Sie als nächstes von Cablecom?


Zu Konkurrenten möchte ich mich nicht äussern. Der Wettbewerb spielt aber, und ich sehe uns mit guten Karten. Wir haben allerdings auch noch ein gutes Stück Arbeit bei der Vermarktung vor uns.



Das Marktpotenzial für digitales Fernsehen ist gross genug, um im Wettbewerb mit einer attraktiven Leistung zu überzeugen. (Ueli Dietiker)


Gehen Sie davon aus, dass Swisscom mit Bluewin-TV die Verluste ausgleichen kann, die sie mit zur Cablecom abwandernden Telefoniekunden erleidet?


Zum einen soll Bluewin TV uns helfen, den Wechsel von Telefoniekunden zu Kabelnetzbetreibern zu stoppen. Zum andern ist der Fernsehmarkt für uns ein neues Geschäftsfeld, in dem wir wachsen wollen. Mit solchen neuen Aktivitäten wollen wir auch rückläufige Umsätze im angestammten Geschäft wettmachen. 


Der Kabelnetzverband Swisscable hat die Swisscom nach der Lancierung von Bluewin TV aus dem Verband ausgeschlossen. Wie kommentieren Sie diesen Entscheid?


Wir bedauern diesen Entscheid. Er zeigt uns aber auch, dass Wettbewerb für die Kabelnetzbetreiber offenbar sehr ungewohnt ist und Ängste auslöst.


Vorerst kann Bluewin TV nur beziehen, wer auch Festnetzabonennt der Swisscom ist. Wird sich Bluewin TV künftig auch Konsumenten gegenüber öffnen, die über sunrise oder Cablecom telefonieren?


Für Bluewin TV braucht es zwangsläufig einen Telefon- bzw. ADSL-Anschluss. Eine Kompatibilität mit Kabelnetzen gibt es nicht. Denkbar ist hingegen ein Wholesale-Angebot für alternative Carrier. Aber im Augenblick steht die Vermarktung unseres eigenen TV-Angebots im Vordergrund.





Zur Person:
Ueli Dietiker, CEO, Swisscom Fixnet AG, Geboren 1953, dipl. Wirtschaftsprüfer. Berufliche Stationen: ATAG Ernst&Young, Motor Columbus AG, Cablecom Holding AG, Swisscom AG.


Zu Swisscom Fixnet:
Swisscom Fixnet steht für das Basisgeschäft der Swisscom, die Festnetzkommunikation. Sie plant, baut und unterhält die Netzinfrastruktur und verkauft ihre Netz- und Dienstleistungen an Privatpersonen und Unternehmen kleinerer und mittlerer Grösse und an Wiederverkäufer. Unter der Marke Bluewin bietet Swisscom Fixnet umfassende Internet-Services und Breitbanddienste für das vernetzte Zuhause an.


 

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