US-Notenbank belässt Leitzins unverändert

Wie der FOMC nach seiner Sitzung mitteilte, bleibt der Leitzins auf dem Rekordtief von 0,00% bis 0,25%. Dies entsprach den Erwartungen an den Finanzmärkten. Der weniger wichtige Diskontsatz wurde bei 0,75% belassen. Die Währungshüter bekräftigten ihre Aussage, dass der Leitzins «wohl für längere Zeit auf einem aussergewöhnlich niedrigen Niveau» verharren werde. Interpretiert wird diese Formel mit «wenigstens für sechs Monate». Die Wirtschaftslage, darunter der niedrige Auslastungsgrad der Kapazitäten, der gedämpfte Inflationstrend und die stabilen Inflationserwartungen rechtfertigten eine Fortsetzung der Niedrigzinspolitik, erklärte der FOMC.


Kein einstimmiger Entscheid
Die Entscheidung fiel mit einer Gegenstimme. Wie erwartet votierte erneut der Präsident der Federal Reserve Bank von Kansas City, Thomas Hoenig, gegen das Niedrigzinsversprechen. Seiner Einschätzung nach engt dies den Handlungsspielraum der Fed ein. Er stimmte auch gegen den Beschluss, das Fed-Portfolio nicht schrumpfen zu lassen.


Wirtschaftsentwicklung skeptischer beurteilt
Die US-Notenbank beurteilte die Wirtschaftsentwicklung in den USA skeptischer als zuletzt. «Die seit der FOMC-Sitzung im Juni eingehenden Informationen deuten darauf hin, dass sich das Tempo der Erholung von Produktion und Beschäftigung in den letzten Monaten verlangsamt hat», heisst es in dem Statement. Bei der vorherigen Sitzung hatte der FOMC noch erklärt, dass sich die Wirtschaftserholung fortsetze und der Arbeitsmarkt sich schrittweise verbessere. Das Gremium erwartet aber dennoch eine graduelle Rückkehr zu einer höheren Ressourcenauslastung in einem Umfeld stabiler Preise, «auch wenn das Tempo der Wirtschaftserholung wahrscheinlich kurzfristig noch moderater bleiben wird als erwartet».


Inflation bis auf weiteres kein Thema
Der FOMC rechnet weiterhin mit einer gedämpften Inflationsentwicklung. Die zugrundeliegende Inflation habe sich in den jüngsten Quartalen im Trend abgeschwächt. «Mit einer substanziellen Unterauslastung der Kapazitäten, die den Kostendruck zurückhält, und stabilen langfristigen Inflationserwartungen dürfte der Preisauftrieb für einige Zeit gedrückt bleiben», heisst es in dem Statement.


Wertpapierbestände weiter auf bisherigem Niveau  
Um die Wirtschaftserholung im Kontext der Preisstabilität zu unterstützen, beschloss das Gremium die Wertpapierbestände der Federal Reserve auf ihrem gegenwärtigen Niveau zu halten. Nach Angaben der Federal Reserve von New York, dem operativen Arm der US-Notenbank, soll die Fed-Bilanz bei 2,054 Bill USD konstant bleiben. Dies soll laut FOMC dadurch erreicht werden, dass die Rückzahlungen aus mit Hypotheken besicherten Wertpapieren («agency mortgage-backed securities») und Schuldverschreibungen der Hypothekenfinanzierer («agency debt») in längerlaufende Staatsanleihen reinvestiert werden.


«Fed sehr besorgt um Nachhaltigkeit der Erholung»
Die Ankündigung der Fed, ihren Wertpapierbestand unverändert zu lassen, ist Beobachtern zufolge zwar nur ein kleiner Schritt, jedoch mit symbolischer Wirkung: Durch die Wiederanlage der Gelder wird ein automatisches Schrumpfen des Wertpapierportfolios vermieden und somit eine leichte Straffung der Geldpolitik verhindert. Nach Einschätzung von Michael Feroli, Ökonom von J.P. Morgan Chase, zeigt der kleine Lockerungsschritt, dass die Fed «sehr besorgt über die Nachhaltigkeit der Erholung ist.» Dies sei ein klares Signal, dass die Fed weiterhin die Notwendigkeit sieht, die Wirtschaft zu stützen.


Fed vor noch unfangreicheren Massnahmen?
Die Ökonomen von Barclays gehen davon aus, dass es nun vermehrt Spekulationen über noch umfangreichere expansive Massnahmen der Fed bei den nächsten Sitzungen geben wird. Die angekündigte Reinvestition der Erträge aus Agency-Bonds und MBS dürfte der Wirtschaft nicht viel Schub verleihen, heisst es. Sollte sich der Wirtschaftsausblick noch weiter eintrüben, «wird die Fed wahrscheinlich eine neue Runde von Wertpapierkäufen einläuten», erwarten die Barclays-Ökonomen.


«Exit aus expansiver Geldpolitik nun unterbrochen» 
Ähnlich äusserte sich Bernd Weidensteiner, Ökonom der Commerzbank. «Insgesamt sieht es so aus, als dass die Fed auf Zeit spielt», kommentierte Weidensteiner die Beschlüsse der Fed. Offenbar hoffe der FOMC, dass sich die momentan «ausserordentlich grosse Unsicherheit», von der Bernanke jüngst sprach, bis zu den nächsten Sitzungen etwas verringere. Es werde wohl letztendlich von den ökonomischen Daten abhängen, ob die Fed eine neue Dosis expansiver Geldpolitik verabreiche. «Eine weitergehende quantitative Lockerung ist daher keineswegs schon eine ausgemachte Sache», betonte der Commerzbank-Ökonom. Klar sei jedenfalls, dass der Exit aus der expansiven Geldpolitik nun unterbrochen wurde.


Vor allem psychologischer Effekt?
Auch UniCtredit-Ökonom Harm Bandholz bezeichnete die Entscheidung der Fed, die Erträge aus ihren Beständen in Staatsanleihen zu reinvestieren, als «Exit vom Exit». Die Wirkung des angekündigten Lockerungsschritt hält der Ökonom allerdings für begrenzt. Der psychologische Effekt sei hingegen grösser, da nun – im Falle einer Verschlechterung der Wirtschaftslage – eine Wiederaufnahme der quantitativen Lockerung erwartet werde. Die Markterwartungen für eine erste Zinserhöhung der US-Notenbank haben sich wegen des unsicheren Wirtschaftsausblicks weiter nach hinten verschoben. Nach dem Zinsbeschluss wird gemessen an den Fed Funds Futures nun eine Zinserhöhung der US-Notenbank im ersten Halbjahr 2011 mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% eingepreist. Vor der Bekanntgabe war die entsprechende Wahrscheinlichkeit noch auf 28% taxiert worden.


Dow macht Tagesverluste wieder wett
Die Reaktion an den Aktienmärkten auf das FOMC-Statement fielen positiv aus. Der Dow Jones Industrial Average konnte seine vorherigen Verluste nahezu wieder wettmachen und lag zum Handelsschluss mit einem Stand von 10.644 Punkten nur noch um 0,5% im Minus, während der S&P-500 um 0,6% niedriger bei 1.121 notierte. Zu den Gewinnern der FOMC-Beschlüsse gehörten die längerlaufenden Treasurys mit Ausnahme des Longbond, der von den Käufen offenbar ausgeschlossen bleibt. Die Rendite der zehnjährigen Benchmark-Anleihe erreichte mit 2,740% das niedrigste Niveau seit dem 2. April 2009.


Dollar unter Druck
Der Dollar musste hingegen Kursverluste hinnehmen, der Euro stieg zeitweise wieder über 1,32 USD. Auch die Öl-Futures profitierten von dem Fed-Zinsentscheid und konnten ihre vorherigen Verluste ausgleichen: An der New Yorker Rohstoffbörse Nymex erholte sich der Preis für ein Fass Leichtöl der Sorte WTI von dem Tief bei 79,20 USD zum Settlement auf 80,25 USD, verglichen mit dem Vortagessettlement ein Minus von 1,5%. (awp/mc/ps/29)

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