Valora: Im Zivilprozess gegen Hartmann taucht überraschendes Dossier auf

Hüben wie drüben war die Überraschung gross, als Peter Rutishauser, ehemals Mitglied der Valora-Konzernleitung, im Zeugenstand ein dickes Dossier aus seiner Mappe zog. Darin fanden sich wichtige Prozessunterlagen sowie eine ganze Reihe von sensiblen Daten über den im Juni 2003 von der Valora als CEO fristlos entlassenen Reto Hartmann. In einem Begleitbrief, datiert vom 3. November 2003, wurden die Valora-Leute aufgefordert, sich im Hinblick auf ihre richterliche Befragung mit Hilfe dieses Dossiers über den Fall kundig zu machen. Unterzeichnet ist der Brief von Peter Wüest, Hartmanns Nachfolger als Konzernchef bei Valora.


Dossier «zur Kenntnis» an alle
Rutishauser erklärte, das Dossier über den Fall Hartmann sei offenbar damals «zur Kenntnis» an alle aktuellen Konzernleitungsmitglieder sowie an Stefania Misteli, die Medienverantwortliche von Valora, verschickt worden. Sowohl die Anwälte der Valora wie Hartmanns Anwältin wurden von der Existenz dieses Dossiers ziemlich überrumpelt. Am Schluss der beiden Zeugenbefragungen vom Mittwoch einigten sich die Streitparteien schliesslich darauf, Konzernleiter Peter Wüest, den bereits befragten Josef Jungo sowie die Valora-Medienverantwortliche Stefania Misteli noch einmal aufzubieten.


Relativierte Aussage- und Beweiskraft
Falls sich tatsächlich heraus stellen sollte, dass die aktuellen und ehemaligen Valora-Leute mit dem Dossier für ihren Gang vor Gericht instruiert werden sollten, relativiert dies gemäss Hartmanns Anwältin die Aussage- und Beweiskraft dieser Zeugen erheblich.


Kündigungsfrage blieb unbeantwortet
Die Frage, ob Hartmann – heute CEO der Lysser Feintool-Gruppe – hinter dem Rücken des Valora-Verwaltungsrates über einen Verkauf von Valora an eine Investorengruppe aus Brasilien verhandelt und dabei vertrauliche Daten weiter gegeben hatte, und deshalb zu Recht fristlos entlassen wurde, blieb auch am Mittwoch unbeantwortet.


Keine Anhaltspunkte
Ronald Sauser, Geschäftsleitungsmitglied der Beraterfirma Atag Ernst&Young sagte in der Befragung, nach dem Nein des Valora-Verwaltungsrates zum Leveraged Buy-out habe es für ihn keine Anhaltspunkte gegeben, dass Hartmann die Verhandlungen auf eigene Faust weiter getrieben hätte, wie dies die Gegenseite behauptet.


Keineswegs ein einsamer Entscheid
Rutishauser, der selbst im Frühling 2004 von der Valora freigestellt wurde, gab an, das Projekt der Übernahme der Valora mit hohem Einsatz an Fremdkapital sei keineswegs ein einsamer Entscheid von CEO Hartmann gewesen. Mit einer Ausnahme seien alle damaligen Mitglieder der Konzernleitung enthusiastisch und überzeugt dafür gewesen.


«Schöne Gewinnaussichten»
Laut Sauser waren die Valora-Manager bereit, zusammen 4 Mio CHF aus der eigenen Tasche in dieses Projekt zu stecken. Schöne Gewinnaussichten seien gewiss auch ein Ansporn gewesen. (awp/mc/gh)

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