Verkauf von Siemens-Telefonproduktion SHC rückt näher

Wie aus einer Präsentation von Finanzchef Joe Kaeser vor Analysten in New York hervorgeht, plant der Konzern, nur 386 Millionen Euro Umsatz aus seinen Randgeschäften zu behalten. Die zu den Randbereichen zählende Siemens Home and Office Communication Devices (SHC) hatte im abgelaufenen Geschäftsjahr jedoch 790 Millionen Euro erlöst. Die Tochter ist bekannt für ihre Gigaset-Telefone. Daneben stellt sie Zubehör für den schnellen Internetzugang und Empfänger fürs digitale Fernsehen her.


«Keine Eile geboten»
Ein Siemens-Sprecher lehnte einen Kommentar zur Möglichkeit des SHC-Verkaufs ab. Er verwies auf Aussagen des Finanzvorstands von Ende Februar. Dieser hatte sich hinsichtlich Marktposition und Technologie von SHC sehr positiv geäussert. Auf Diskussionen zur Zukunft des Geschäfts hatte Kaeser sich jedoch nicht einlassen wollen. Der Sprecher ergänzte: «Das Geschäft belastet nicht, es ist keine Eile geboten.» SHC war im Geschäftsjahr 2006/2007 in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt und hatte einen Gewinn von 13 Millionen Euro erwirtschaftet.


Aufräumen in Randbereichen
Siemens will bis Ende kommenden Jahres in seinen sogenannten «Sonstigen Aktivitäten» aufräumen. Die betroffenen knapp 190 Geschäftsbereiche sollen entweder verkauft, in die drei neu geformten Sektoren Energie, Industrie und Medizintechnik integriert oder geschlossen werden. Zu Schliessungen soll es aber nur im äussersten Notfall kommen.


Erste Verkaufsverhandlungen
Über den Verkauf erster Randbereiche verhandelt Siemens bereits. Insgesamt setzten die betroffenen Sparten im abgelaufenen Geschäftsjahr 2,9 Milliarden Euro um und machten dabei einen Verlust von 193 Millionen Euro. «Unter den Bereichen sind viele profitabel, die aber einfach nicht ins Portfolio passen», hatte der Siemens-Sprecher am Vortag gesagt. Zur Vorlage der Bilanz fürs zweite Quartal im April will der Konzern über den Stand der Verkäufe berichten.


Rückzug aus Kommunikationstechnik
Siemens Home and Office Communication Devices ist ein Überbleibsel des ehemaligen Kommunikationsbereichs COM. Um die Telefonproduktion ranken sich schon seit langem Verkaufsspekulationen, wobei Analysten stets einhellig betonten: «Siemens will kein zweites BenQ Mobile erleben.» Kurz nach der Abgabe der Handytochter war diese unter Regie des taiwanischen Elektronikkonzerns BenQ Pleite gegangen. Aus dieser Erfahrung heraus will Siemens einen weiteren ehemaligen COM-Teil – die Telefonetzwerk-Sparte SEN – zuerst sanieren und dann verkaufen. Bei SEN müssen im Zuge des Umbaus 6.800 von 17.500 Mitarbeitern gehen.


Die Telefonproduktion SHC ist nach Meinung von Branchenkennern kein solcher Sanierungsfall. Das Unternehmen zählt zu den grössten Herstellern weltweit, passt allerdings nicht mehr ins Portfolio von Siemens. Der Konzern hat sich weitgehend aus dem Kommunikationsgeschäft zurückgezogen. Den grössten Teil von COM hatte Siemens in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem finnischen Handyhersteller Nokia eingebracht. Nokia Siemens Networks ist Zulieferer der Mobilfunk-Betreiber. (awp/mc/pg)

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