Verspannungen am Geldmarkt nehmen zu – Vertrauen unter Banken Mangelware

«Die Verspannungen haben sich verstärkt», sagte Experte Ronald Tharun von der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) am Donnerstag. Unter den Banken habe sich erneut ein Misstrauenspotenzial aufgebaut. Dies zeigten die trotz einer reichlichen Liquiditätsausstattung deutlich erhöhten Zinssätze für Tages- und Dreimonatsgeld.


Banken sitzen wieder eher auf dem Geld
«Die Banken sitzen wieder eher auf dem Geld und geben es nicht in den Kreislauf», sagte Tharun. Die Abgabebereitschaft unter den Banken sei überschaubar und die Zurückhaltung spürbar. Die überhöhten Sätze für kurzfristige Gelder unter den Banken sei ein Spiegel der neuerlichen Vertrauenskrise. So wurden bei der jüngsten Zuteilung von Dreimonatsgeld durch die Europäische Zentralbank (EZB) bei Geboten von knapp 148 Milliarden Euro 60 Milliarden Euro ab einem Zinssatz von 4,55 Prozent zugeteilt. Der durchschnittliche Satz lag bei 4,61 Prozent. Auch Tagesgeld wird derzeit unter den Banken deutlich über dem Leitzins von 4,00 Prozent gehandelt.


Verspannungen dürften noch Monate anhalten
«Vertrauen bleibt Mangelware», sagte auch Ökonom Stefan Schilbe vom Bankhaus HSBC Trinkaus & Burkhardt. Grund seien erneute Zweifel an der Gewinnsituation der Banken und ihrem Abschreibungsbedarf. Auslöser seien problematische Ergebnisse bei Finanzinstituten insbesondere in den USA. Die Hiobsbotschaften vom US-Immobilienmarkt rissen in jüngste Zeit nicht ab: So meldete zum Beispiel der zweitgrösste US-Hypothekenaufkäufer Freddie Mac Anfang der Woche einen hohen Verlust im dritten Quartal. Das Institut benötigt nun dringend frisches Kapital. Auch aus Grossbritannien kamen erneut negative Meldungen.


Niedrigere Zinsen das Vertrauen nicht wieder her
Eine rasche Wende am Geldmarkt zeichnet sich den Experten zufolge nicht ab. «Das Vertrauen wird erst wieder eintreten, wenn die Ergebnisse auf dem Tisch liegen und alle Teilnehmer ein klares Bild bekommen», sagte Schilbe. Dies sei kurzfristig aber nicht zu erwarten. Die Verspannungen dürften vor diesem Hintergrund noch einige Monate anhalten. Die Liquiditätsversorgung durch die EZB sei unterdessen weiter reichlich. Eine Zinssenkung ist den Experten zufolge nicht zu erwarten. Angesichts der bestehenden Inflationsgefahren sind der EZB aus Sicht von LRP-Experte Tharun derzeit die Hände gebunden. Auch Schilbe rechnet mit einem weiteren Stillhalten der Währungshüter bis weit in das kommende Jahr. Niedrigere Zinsen stellten das Vertrauen nicht wieder her. (awp/mc/gh)

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