Vize-Vorsitzende der russischen Zentralbank ermordet

Am Mittwochabend hatten zwei Bewaffnete auf Koslow geschossen, als dieser an einem Fussballstadion ankam. Sein Fahrer wurde getötet. Die Polizei geht von einem Auftragsmord aus. Die Täter konnten fliehen. Koslow war als Vizechef der Nationalbank für die Überwachung der anderen Geschäftsbanken zuständig. Seit Präsident Wladimir Putin vor sechs Jahren angetreten ist, das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, ist der Vizechef der russischen Zentralbank, Andrej Koslow, der höchstrangige Vertreter des Staates, der einem solchen Anschlag zum Opfer fiel.

Zusammenhang mit Koslows hartem Vorgehen gegen Geldwäscherei möglich
Ermittler und Politiker vermuteten einen Zusammenhang mit Koslows hartem Vorgehen gegen Geldwäscherei und andere Finanzdelikte. Koslow war für Bankenaufsicht zuständig. Russlands Finanzminister Alexej Kudrin wies darauf hin, dass sich Koslow viele Feinde in der Finanzwelt geschaffen habe. «Mehr als einmal ist er skrupellosen Finanziers auf die Füsse getreten», sagte der Minister laut Agentur ITAR-TASS. Er erinnerte daran, dass durch Koslows Arbeit mehrere Banken wegen unsauberer Praktiken ihre Lizenz verloren hätten. Nach Informationen der Agentur Interfax entzog Koslow seit Jahresbeginn 44 der etwa 1200 russischen Banken die Geschäftserlaubnis. Der Vizechef des Finanzausschuss des russischen Parlaments, Anatoli Aksakow, sagte, Koslow habe «einen sehr schweren Stand» gegenüber Banken gehabt, die in Geldwäscherei und Betrügereien verwickelt seien. Generalstaatsanwalt Juri Tschaika übernahm die Ermittlungen. Einen Zusammenhang zwischen dem Attentat und Koslows «beruflichen Aktivitäten» hielt Tschaika laut einer Erklärung für möglich. Parlamentspräsident Boris Grislow äusserte den Verdacht, dass «Kriminelle mit Verbindungen zu Bankstrukturen» die Tat angeordnet haben könnten.

Politische Morde keine Seltenheit
In der Wendezeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren unter Putins Vorgänger Boris Jelzin politische Morde an der Tagesordnung. Im folgenden eine Zusammenstellung der Aufsehen erregendsten Auftragsmorde der vergangenen Jahre:



  • Oktober 2005: Unbekannte erschiessen den ehemaligen Bankchef Alexander Slessarew, dessen Frau und die Tochter, ausserhalb von Moskau. Slessarew gehörte das Institut, das im Mittelpunkt eines Bankenskandals um Geldwäscherei stand, den Koslow aufdeckte.

  • Juli 2004: Paul Chlebnikow, US-Bürger und Chefredaktor der russischen Ausgabe des Wirtschaftsmagazins «Forbes», wird vor seinem Moskauer Büro erschossen. Chlebnikow hat viel über Korruption in Russland berichtet und in «Forbes» eine Liste der reichsten Russen veröffentlicht.

  • Oktober 2002: Im Zentrum von Moskau wird Valentin Zwetkow, Gouverneur des Autonomen Gebiets Magadan im russischen Fernen Osten, niedergestreckt. Er hatte versucht, die zügellose Kriminalität in der Gold- und Ölindustrie der am Pazifik gelegenen Region einzudämmen.

  • November 1998: Galina Starowoitowa, eine führende liberale Abgeordnete und Bürgerrechtlerin, wird in ihrem Wohnhaus in St. Petersburg erschossen.

  • März 1995: Unbekannte ermorden Wladislaw Listjew, den charismatischen Moderator einer sehr beliebten Nachrichtensendung. Das Attentat wird in Zusammenhang mit den Gegnern neuer Werbevorschriften für den grössten russischen Fernsehsender gebracht, die Listjew vorgeschlagen hat.

(20 minuten/zisch/mc/hfu)

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