Volk sagt Ja zur ALV-Reform

Dies im Gegensatz zum Frühling, als sie das Referendum gegen den Umwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge gewinnen konnten. In ihrer Sparpolitik bestätigt sehen sich die bürgerlichen Parteien. Das Volk habe mit seinem Ja ein Zeichen gegen Fehlanreize und Missbräuche gesetzt. Die Konferenz für Sozialhilfe und die kantonalen Sozialdirektoren warnen aber davor, dass mit der ALV-Revision das Problem der Überschuldung nicht gelöst wird. Augenfällig war am Sonntag der Graben zwischen deutscher und lateinischer Schweiz: Mit Ausnahme von Basel-Stadt stimmte die Deutschschweiz geschlossen für die Vorlage, während die Westschweizer Kantone zusammen mit dem Tessin unisono Nein sagten.


Weit geöffneter Röstigraben
Ein derart deutlicher Röstigraben hat sich seit Jahren nicht mehr aufgetan. Vertieft wurde er durch die Wirtschaftskrise, die sich in den Regionen unterschiedlich stark auf die Arbeitslosigkeit auswirkt. Bundespräsidentin und Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard versprach, dieses Signal «sehr ernst zu nehmen». Die neuen Regeln zur Arbeitslosenversicherung treten nächstes Jahr in Kraft. Das genaue Datum wird der Bundesrat noch festlegen. Fest steht, dass die Lohnabzüge am 1. Januar von 2,0 auf 2,2% steigen. Bei einem Nein wären sie auf 2,5% angehoben worden. 


Wirtschaftsverbände sehen Sparpolitik bestätigt
Die Wirtschaftsverbände haben das Ja zur ALV-Revision mit Genugtuung zur Kenntnis genommen. Der Arbeitgeberverband, der Wirtschaftsdachverband economiesuisse und der Gewerbeverband sehen sich in ihrer Sparpolitik bestätigt, Abstriche bei den Ausgaben und den Einnahmen zu machen.


«Falscher Zeitpunkt» für die Romandie
Das Resultat bestätige die Ausgewogenheit der Vorlage, sagte etwa Arbeitgeber-Direktor Thomas Daum am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Die Wirtschaft habe den Leuten im Abstimmungskampf klar gemacht, dass alle ein Interesse an einer gesunden Arbeitslosenversicherung (ALV) hätten. Keine Überraschung für den Arbeitgeberverband ist der Röstigraben. Weil die Westschweizer Kantone stärker von der Arbeitslosigkeit betroffen seien, habe er ein gewisses Verständnis für das Nein in der Romandie, sagte Daum. «Für die Westschweiz hat die Abstimmung zum falschen Zeitpunkt stattgefunden», sagte er in Anspielung auf die Wirtschaftskrise.


Weitere Sparforderungen
Economiesuisse nutzt der Abstimmungserfolg für weitere Sparforderungen: «Um neue Milliardendefizite zu verhindern, soll die ausgabenseitig wirkende Schuldenbremse auch auf die Sozialversicherungen angewendet werden», heisst es im Communiqué. Auch der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) will nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Er zeigt sich besorgt über die «inakzeptabel hohe Sockelarbeitslosigkeit», die mittlerweile über 125’000 Personen betreffe. Vom Bundesrat fordert er Massnahmen, um sie zu senken. «Nur eine tiefe Arbeitslosigkeit entlastet unser Sozialsystem längerfristig», schreibt der sgv. (awp/mc/ps/01)

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