Werden europäische IT-Dienstleister die erfolgreicheren Offshorer?

Gemäss einer aktuellen Studie des Marktforschungsinstituts IDC ist der Anteil der Belegschaft, der «Offshore», also in Niedriglohnländern angestellt ist, bei grossen und mittelgrossen europäischen IT-Dienstleistern noch niedriger als bei ihren US-amerikanischen oder asiatischen Konkurrenten. Dies ändere sich aber gegenwärtig schnell. Allein in diesem Jahr, so IDC, wollen die Europäer ihre Offshore-Kapazitäten um 65 Prozent steigern, um besser mit globalen IT-Dienstleistern wie IBM Global Services oder Accenture sowie den aufstrebenden Indern wie Tata Consulting Services oder Wipro konkurrieren zu können.
 
Kompetitive Stellung wird gestärkt
Dabei äussert IDC eine «neue» Maxime, die Schweizer Softwareunternehmen wie Elca, Netcetera oder AdNovum schon seit längerem vorleben: Man muss nicht unbedingt ein Grossunternehmen sein, um Offshoring zu betreiben. «Früher betrachtete man Offshore als Bedrohung für europäische Player, da man annahm, dass es für sie durch ihre geringere Grösse schwieriger sein würde, sich in Niedriglohnländern zu etablieren. Nun könnte sich herausstellen, dass ihre kompetitive Stellung dadurch sogar gestärkt werden wird. ?Wir glauben, dass ihnen ihre intime Kenntnis des lokalen europäischen Marktes und der Kunden zusammen mit einem globalen Erbringungsmodell für die Dienstleistungen einen Konkurrenzvorteil bringen wird», erklärt dazu Mette Ahorlu, Senior Analyst bei IDCs European Services Group.
 
Weniger Berührungsängste
Die Kunschaft sei zwar immer noch etwas vorsichtig, wenn es um Offshoring ginge, aber die Berührungsängste liessen nach: «Die europäische Business-Community ist heute Teil der globalen Wirtschaft. Es wäre seltsam, wenn sie vor ihren Lieferanten etwas anderes erwarten würde.»
 
Offshoring auch für mittelgrosse Unternehmen
Ein Vorteil für lokal verwurzelte Anbieter, so IDC, sei dabei, dass Offshoring nicht nur für Grosskunden in Frage komme. Typischerweise müsste ein Projekt ein Volumen von mindestens 50’000 bis 100’000 Dollar aufweisen, damit die billigeren Löhne die erhöhten Projektmanagementkosten aufwiegen und Offshoring damit lohnenswert machen könnten. Dies sei eine durchaus normale Projektgrösse bei mittelgrossen Unternehmen, der Kernkundschaft von lokalen und regionalen europäischen IT-Dienstleistern.
 
Selbstverständlichkeit statt Exotik
Zusätzlich breite sich das Einsatzgebiet immer weiter aus. «Begonnen hat der Gebrauch von Offshore-Ressourcen bei der Applikationsentwicklung. Inzwischen hat sich das ausgeweitet auf alle Arten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Applikationen, Infrastrukturservices und Business Process Outsourcing.» «Offshore», so fasst Ahorlu ihre Meinung abschliessend zusammen,»wird bald keine ‹exotische› Art mehr sein, um Geld zu sparen, sondern von den Kunden als Selbstverständlichkeit angesehen werden.» (Hans Jörg Maron)

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