Wirtschaft gegen Netzgesellschaft in öffentlicher Hand

Das Hochspannungsnetz gehört heute zu 80% den Kantonen und Gemeinden. Im Zuge der Strommarktliberalisierung soll es nach dem Willen des Bundesrates und des Nationalrates einer privatrechtlichen Netzgesellschaft übergeben werden. Es soll den Elektrizitätsunternehmen gehören, die sich unter dem Namen «Swissgrid» zusammengeschlossen haben.


SR-Subkommission: Netzgesellschaft in öffentlicher Hand
Nach dem Willen einer ständerätlichen Subkommission soll die Netzgesellschaft dagegen in öffentlicher Hand sein. Am Dienstag ist die Anhörung zu diesem Vorschlag zu Ende gegangen. Die Linke spricht von einer zukunftsweisenden Idee.


Das Hochspannungsnetz sei eine zentrale Infrastruktur und solle deshalb auch schweizerisch beherrscht sein, schreibt die SP. Mit der Netzgesellschaft erhielten die Kantone und Gemeinden einen sicheren Vermögenswert und demokratische Mitbestimmung, was insbesondere in Krisensituationen von Bedeutung sei.


Konsumentenschutz: Hochspannungsnetz natürliches Monopol
Die Stiftung für Konsumentenschutz gibt zu bedenken, dass die Stromkonzerne mittelfristig kaum Interesse am Unterhalt und Ausbau des Übertragungsnetzes hätten. Die Konsumentinnen und Konsumenten seien besser gestellt, wenn das Netz in öffentlicher Hand sei. Ökonomisch gesehen sei das Hochspannungsnetz ein so genannt natürliches Monopol.


SES: Versorgungssicherheit und fairer Wettbewerb
Die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) begrüsst das Modell ebenfalls. Zu den Vorteilen einer nationalen Netzgesellschaft im Besitz von Kantonen und Gemeinden zählt sie neben der Versorgungssicherheit auch den fairen Wettbewerb auf den Stromautobahnen.


Stromwirtschaft lehnt «Verstaatlichung» ab
Dies sieht die Stromwirtschaft anders: Der Verband der Schweizerischen Elektrizitätsunternehmen (VSE) schreibt, er lehne das Modell einer «Verstaatlichung» des Übertragungsnetzes grundsätzlich ab. Swissgrid solle die Verantwortung für das Netz wahrnehmen.


Swisselectric hält Vorschlag für verfassungswidrig
Die Organisation der schweizerischen Stromverbundunternehmen swisselectric hält den Vorschlag gar für verfassungswidrig. Die Übertragung des Eigentums auf eine neue Gesellschaft stelle einen schwerwiegenden Eingriff in die Eigentumsrechte und die Wirtschaftsfreiheit dar. Eine «Enteignung» würde umfassende Entschädigungforderungen nach sich ziehen, warnt swisselectric.


SVP befürchtet Kosten für öffentliche Hand
Die SVP befürchtet Verzögerungen bei der Umsetzung der Liberalisierung des Strommarktes sowie Risiken und Kosten für die öffentliche Hand. Die Befürchtung, das Netz könnte ohne Mehrheit der Kantone und Gemeinden in ausländische Hände geraten, hält sie dagegen für unbegründet.


Auch einige Kantone sind nicht einverstanden
Auch bei den Kantonen stösst die Idee nicht nur auf Zustimmung. Die Aargauer Regierung ist der Ansicht, dass neue Eigentumsverhältnisse zu zeitraubenden Gerichtsverfahren führen könnten. Die Thurgauer Regierung hält den Vorschlag für zu kompliziert und nicht realisierbar.


Die Regierung des Kantons Bern lehnt sowohl das Modell des Bundesrates als auch dasjenige der Kommission ab. Sie schlägt eine Netzgesellschaft im Besitz der Überlandwerke und des Bundes vor, wobei letzterer eine Mehrheit halten würde. (awp/mc/ar)

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