Ab Oktober wird «pfefferscharf» ausgeschafft
(Foto: Pixabay)
Bern – Fünf Tage nach dem klaren Nein zur Durchsetzungsinitiative hat der Bundesrat beschlossen, dass die strengeren Ausschaffungsregeln ab dem 1. Oktober 2016 in Kraft treten. Die Vorbereitungen in den Kantonen und beim Bund laufen auf Hochtouren. Das Parlament hatte vor einem Jahr die Änderung des Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes zur Umsetzung der 2010 von Volk und Ständen angenommenen Initiative «für die Ausschaffung krimineller Ausländer» verabschiedet; die Referendumsfrist lief am 9. Juli 2015 unbenutzt ab.
Vor der Inkraftsetzung wartete der Bundesrat den Ausgang der Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative ab. Diese scheiterte am vergangenen Sonntag überraschend deutlich. 58,9% der Stimmenden lehnten das Volksbegehren ab.
Gerichte mit wenig Spielraum
Dies machte den Weg frei für das Umsetzungsgesetz zur Ausschaffungsinitiative. Das Gesetz sieht ebenfalls automatische Landesverweisungen vor, unabhängig von den Umständen des Einzelfalls. Nur ausnahmsweise kann darauf verzichtet werden, um einen schweren persönlichen Härtefall zu vermeiden. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind.
Eine obligatorische Landesverweisung wird vom Strafgericht angeordnet, wenn es eine ausländische Person wegen klar definierter Delikte verurteilt. Sie dauert fünf bis fünfzehn Jahre, im Wiederholungsfall zwanzig Jahre oder lebenslänglich. Der Deliktskatalog erfasst insbesondere Verbrechen, bei denen Menschen getötet, schwer verletzt oder an Leib und Leben gefährdet werden, schwere Sexualstraftaten sowie alle schweren Verbrechen gegen das Vermögen.
Bei allen übrigen Verbrechen und Vergehen des Strafgesetzbuches und des Nebenstrafrechts kann das Gericht ebenfalls eine Landesverweisung verhängen. Diese erfolgt nicht obligatorisch, sondern aufgrund einer eingehenden Prüfung des Einzelfalls. Diese Landesverweisung dauert zwischen drei und fünfzehn Jahren.
Kantone fordern mehr Zeit
Als spätester Zeitpunkt der Inkraftsetzung des Gesetzes nannte Justizministerin Simonetta Sommaruga am Abend des Abstimmungssonntags den 1. Januar 2017. Nun ist es drei Monate früher der Fall. «Die Bevölkerung erwartet eine rasche Umsetzung der Ausschaffungsinitiative», teilte die Regierung am Freitag mit. Ohne Durchsetzungsinitiative hätte das Gesetz schon früher in Kraft treten können.
Im vergangenen November forderten die Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz und rund die Hälfte der Kantone mehr Zeit, um die automatischen Ausschaffungen einzuführen. Sie gingen von einem umfangreichen Anpassungs- und Umstrukturierungsbedarf bei der Staatsanwaltschaft, den Gerichten, Migrationsämtern und der Polizei aus.
Diesen Bedürfnissen habe der Bundesrat Rechnung getragen, schreibt er in seiner Mitteilung. Die andere Hälfte der Kantone habe vor dem Inkraftsetzen der neuen Ausschaffungsregeln keinen oder nur einen geringen Anpassungsbedarf angegeben.
Erste rechtskräftige Urteile wohl erst 2017
Bezüglich des Zeitbedarfs der Kantone sei zu beachten, dass die neuen Gesetzesbestimmungen über die Landesverweisung aufgrund des Rückwirkungsverbots nur bei Straftaten gälten, die nach dem Inkrafttreten am 1. Oktober 2016 begangen würden. «Es wird daher voraussichtlich einige Monate dauern, bis die ersten Gerichtsurteile mit einer Landesverweisung rechtskräftig sind.» Diese Zeit werde den Kantonen zusätzlich zur Verfügung stehen, um ihre Erlasse anzupassen.
Auch der Bund trifft aktuell die letzten Vorkehrungen, um für die Umsetzung gewappnet zu sein. Zahlreiche Verordnungen müssten angepasst werden. Da die Kantone von diesen Änderungen teilweise direkt betroffen seien, sei zu diesen Verordnungen eine Vernehmlassung mit verkürzten Fristen geplant. Diese Verordnungen könnten dennoch erst auf den 1. Januar 2017 in Kraft treten.
Neue Vollzugsstatistik
Zudem muss laut Bundesrat das Schweizerische Strafregister angepasst werden, damit die Urteile mit einer Landesverweisung eingetragen und gemäss den gesetzlichen Vorgaben verwaltet werden können. Mit den neuen Gesetzesbestimmungen und der Anpassung der entsprechenden Verordnungen würde auch die gesetzliche Grundlage für eine Vollzugsstatistik über die Ausschaffung von kriminellen Ausländern geschaffen. Dies hatte die SVP am Abstimmungssonntag zum wiederholten Mal gefordert.
Berechnungen des Bundesamts für Statistik (BFS) geben einen Anhaltspunkt, wie viele Landesverweisungen in Zukunft ausgesprochen werden könnten: Es sind fast 4000. Heute müssen jährlich rund 500 straffällige Ausländerinnen und Ausländer die Schweiz verlassen. (awp/mc/pg)