Agrardebatte: Keine Tierbeiträge – mehr Geld für Investitionen der Bauern

Agrardebatte: Keine Tierbeiträge – mehr Geld für Investitionen der Bauern

Bern – In der Agrarpolitik hat der Nationalrat einen Systemwechsel auf den Weg gebracht. Er hiess am Mittwoch ein neues Direktzahlungssystem ohne ineffiziente Tierbeiträge gut. Dafür will die grosse Kammer den Vierjahres-Kredit um 160 Mio CHF aufstocken. Im zweiten Teil der Agrardebatte stand das Herzstück der Agrarpolitik 2014-2017 auf dem Programm: Die Abschaffung der tierbezogenen Beiträge zu Gunsten von Flächenbeiträgen. Der Bundesrat schlug diesen Wechsel vor, weil die Tierbeiträge die Bauern zur Haltung von mehr Kühen animiert, die den Milchsee weiter füllen.

Widerstand leisteten vor allem die SVP und CVP. Nach dem neuen System werde ein Bauer, der 20 Kühe halte, gleich viel erhalten wie einer mit nur 10 Kühen, obwohl der Aufwand für 20 Kühe deutlich höher sei, sagte Andreas Aebi (SVP/BE). Er forderte, die Flächenbeiträge nach Tieranzahl abzustufen. Das käme «einer Fortführung der heutigen Tierbeiträge gleich – und es würden gar noch mehr Beiträge dafür eingesetzt», sagte Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Folge wäre eine weiter steigende Milchmenge, nochmals sinkende Preise und damit ein tieferes Einkommen für den Bauernstand.

Der Nationalrat folgte schliesslich dem Bundesrat mit 100 zu 80 Stimmen. Der Bund solle keine Überproduktion unterstützen, sagte Jean-René Germanier (FDP/VS). Von Einkommenseinbussen wären vor allem Bergbauern betroffen, hiess es zudem. Unterstützt würden dagegen vor allem Grossbauern mit vielen Tieren, sagte Beat Jans (SP/BS).

Zielgerichtetere Zahlungen
Dem neuen Gerüst des Direktzahlungssystems mit sieben Beitragsarten stimmte der Nationalrat mit nur geringfügigen Änderungen zu. Die einzelnen Beiträge sind nach den Zielen für die Landwirtschaft in der Verfassung benannt und sollen damit zielgerichteter eingesetzt werden. Der Bundesrat hatte geplant, die Bauern mit 13,67 Mrd CHF zu subventionieren – das ist ungefähr gleich viel wie in den letzten Jahren. Dieser Zahlungsrahmen sei auf das neue Konzept abgestimmt, sagte Schneider-Ammann. Er wehrte sich gegen eine Erhöhung wie auch gegen eine Verteilung stärker zu Gunsten der ökologischen Zahlungen.

Die grosse Kammer zeigte sich aber grosszügiger: Eine hauchdünne Mehrheit von 88 zu 85 Stimmen bei 2 Enthaltungen will 160 Mio CHF mehr ausgeben, als der Bundesrat vorschlägt. Vorgesehen ist das zusätzliche Geld für Investitionskredite und -beiträge. Damit könnten die Bauern an ihren Betrieben die Änderungen vornehmen, welche die neue, ökologischere Agrarpolitik verlange, sagte Markus Ritter (CVP/SG).

Für weiteres Gentech-Moratorium
Im Rahmen der Agrardebatte beschloss der Nationalrat zudem, das Moratorium für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen bis Ende 2017 zu verlängern – gegen den Widerstand von grösseren Teilen der FDP und SVP. Über das dicke Agrardossier debattierte der Nationalrat an zwei Sitzungstagen. Bereits am vergangenen Mittwoch hatte der Nationalrat Dutzende Anträge zur Produktion- und Absatzförderung und zum Marktschutz behandelt, wobei er in mehreren Nebenpunkten zu Gunsten der Bauern abwich.

Vor allem den Milchbauern will die Mehrheit des Nationalrats mehr Marktmacht geben, indem sie Anforderungen für Milchverträge festlegt – zudem soll der Bundesrat die Milchverträge regeln.

Den Bauern entgegengekommen
Grösstenteils folgte der Nationalrat aber dem Bundesrat. Dieser präsentierte laut Schneider-Ammann einen Entwurf, in dem er den Bauern bereits entgegen gekommen sei, sagte Schneider-Ammann. So wird der grösste Teil der Direktzahlungen – 1,1 von 2,8 Mrd CHF pro Jahr – als sogenannte Versorgungssicherheitsbeiträge ausbezahlt. Dabei handelt es sich um pauschale Flächenzahlungen.

Kritisiert wird die Agrarvorlage vor allem von der SVP. Aus ihrer Sicht sollte das Direktzahlungssystem stärker auf die einheimische Produktion ausgerichtet sein. Die SVP wollte die Vorlage zurückweisen, scheiterte aber. Mehrheitlich abgelehnt wurden aber auch Anträge der Ratslinken und der Grünliberalen, die das Tierwohl, den Umweltschutz und soziale Aspekte stärker gewichten wollten.

Das Geschäft geht nun an den Ständerat, der es in einer der nächsten Sessionen behandeln wird. (awp/mc/upd/ps)

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