Benzinpreise in der Schweiz dürften Raum nach unten haben

Benzinpreise in der Schweiz dürften Raum nach unten haben
(Foto: Pixabay)

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Zürich – Während der Erdölpreis nach dem Rutsch der letzten Wochen wieder auf dem Niveau von Mitte Januar angekommen ist, sind die Zapfsäulenpreise für Benzin in der Schweiz noch ein gutes Stück von ihren Tiefstständen entfernt. Es besteht aber Hoffnung für die Autofahrer, dass das Benzin billiger werden könnte.

Laut dem Touring Club Schweiz (TCS) kostete vergangene Woche ein Liter Benzin bleifrei 95 in der Schweiz im Schnitt 1,54 CHF. Damit ist der Preis seit dem Tiefpunkt von Ende Januar deutlich gestiegen, als lediglich 1,40 CHF berappt werden mussten.

Gleichzeitig ist der Erdölpreis für die Nordseesorte Brent vergangene Woche erstmals seit langem unter die Marke von 50 USD pro Fass (159 Liter) gefallen. Aktuell ist ein Fass gar für unter 49 USD zu haben.

Weshalb ist also das Benzin hierzulande teurer geworden, wenn der Erdölpreis wieder auf den tiefsten Stand seit sechs Jahren gerutscht ist? Weil der Benzinpreis in der Schweiz von mehreren Faktoren bestimmt wird.

Zum einen ist die Nachfrage im Sommer höher, wenn während der Ferienzeit in Nordamerika und Europa viele Autofahrer unterwegs sind. Aufgrund der derzeit global starken Nachfrage nach Treibstoffen seien die Margen der Raffinerien auf einem sehr hohen Niveau, heisst es dazu bei Coop Mineralöl. Die Raffinerien können also höhere Preise durchsetzen.

Spotmarktpreise sehr wichtig
Der wichtigste Faktor für den Einstandspreis des Benzins bleifrei 95 an der Grenze in Basel sind laut Erdöl-Vereinigung der Spotmarktpreis im Raume Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen, der zu den wichtigsten Handelszentren für Erdöl- und Fertigprodukte wie beispielsweise Benzin zählt.

Dieser Spotmarktpreis ist für alle Marktteilnehmer in Westeuropa massgebend, also auch für die Schweizer Importeure und Tankstellen. Die Höhe des ständig ändernden Einkaufspreises für Benzin wird primär durch den Erdölpreis bestimmt, aber auch durch das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage für das Fertigprodukt selbst. Dieser Effekt zeigt sich dem Autofahrer an der Tankstelle.

Der zweite Effekt ist der Wechselkurs zwischen Franken und US-Dollar. Benzin und Erdölprodukte werden generell in Dollar gehandelt. Ein Anstieg des Dollars gegenüber dem Franken kann zu einem höheren Benzinpreis an der Tankstelle beitragen oder die Auswirkung eines Benzinpreiszerfalls am Spotmarkt auf den Zapfsäulenpreis zunichte machen.

Der US-Dollar hat seit Mitte Januar, als er im im Zuge der Aufgabe des Frankenschocks abgestürzt war, wieder massiv an Wert gewonnen. Von einem Kurs von unter 85 Rappen verteuerte sich der «Greenback» zeitweise bis auf über 1 CHF. Aktuell notiert die US-Devise bei gut 98 Rappen.

Frachtkosten mehr als verdoppelt
Der dritte Effekt für den hiesigen Benzinpreis sind die Frachtkosten auf dem Rhein. Tiefe Pegelstände derzeit erhöhen die Frachtpreise, da die Tanker nicht vollladen können. Die Frachtkosten haben sich seit Januar von rund 18 CHF je Tonne auf derzeit rund 42 CHF mehr als verdoppelt.

Den grössten Teil des Benzinpreises machen die staatlichen Abgaben aus. Mineralölsteuer, Mineralölsteuerzuschlag und Importabgaben verteuern das Benzin um 73,45 Rappen pro Liter. Und schliesslich fällt noch die Mehrwertsteuer von 8% auf dem Gesamtpreis an.

Betrachtet man die Einflussfaktoren im einzelnen, so zeigt sich bei mehreren Entspannung: Mit dem Ende des Sommers dürfte die Nachfrage nach Benzin in Nordamerika und Europa wieder sinken.

Mit dem zunehmenden Regen im Herbst sind auch ein höherer Rheinpegel und damit sinkende Frachtraten zu erwarten. Jeweils 14 CHF weniger pro Tonne würden sich etwa um 1 Rappen pro Liter auf den Benzinpreis auswirken, rechnet Erich Schwizer vor, der beim TCS in Emmen Experte für Mobilitätsberatung ist.

Daraus folge: Sinke der Rheinschifftarif auf das übliche Niveau von 15 bis 20 CHF pro Tonne, werde das Benzin um 2 Rp. pro Liter günstiger, erklärt Schwizer.

Erdöl weiterhin billig
Gleichzeitig dürfte das Erdöl weiterhin billig bleiben. Das Angebot übersteigt die Nachfrage. Das Öl-Kartell Opec pumpte zum Beispiel allein im Juli nach eigenen Angaben mit rund 32 Millionen Fass täglich so viel wie seit Beginn der Aufzeichnungen 1997 nicht mehr.

Dazu kommt bald wieder die Ölförderung im Iran. Nach der Einigung im jahrelangen Atomstreit könnten die Sanktionen gegen das Land aufgehoben werden. Täglich könnten so zusätzliche 500’000 Fass auf den Markt kommen. Parallel lässt das Wachstum beim Grossverbraucher China nach. Einige Marktteilnehmer rechnen damit, dass das Tief von 36,20 USD je Fass vom Dezember 2008 wieder in Reichweite kommen könnte.

Dagegen zeigen beim US-Dollar die Zeichen auf einen weiteren Anstieg. Sollte die US-Notenbank Fed die Zinsen angesichts der guten Wirtschaftslage erstmals seit 2006 wieder erhöhen, dürfte das den Dollar stärken.

Allerdings warnen die Experten von der Erdöl-Vereinigung, von der Coop Mineralöl AG und vom TCS einstimmig vor Prognosen: «Prognosen, wie sich der Benzinpreis in Zukunft entwickeln wird, wären reine Spekulation, gerade weil so viele Faktoren eine Rolle spielen. Daher können wir dies leider auch nicht voraussehen», sagt etwa Sprecherin Sabine Schenker von der Coop Mineralöl AG. (awp/mc/ps)

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