Bund will Banken nicht Recht brechen lassen

Bund will Banken nicht Recht brechen lassen

Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf.

Bern – In der Politik wächst der Unmut über die Banken, die sich in den USA Probleme wegen Beihilfe zu Steuerdelikten eingehandelt haben. Die Banken müssten ihre Probleme selber lösen, lautete der Tenor diese Woche im Parlament. Für den Bund ist dies jedoch keine Option. Bemühen sich die Schweizer Behörden nicht um eine diplomatische Lösung des Steuerstreits mit den USA, kommen die Banken entweder in den USA oder in der Schweiz mit dem Gesetz in Konflikt.

In der Schweiz machen sie sich strafbar, wenn sie Bankkundendaten herausgeben und damit das Bankgeheimnis verletzen. In den USA drohen ihnen Verfahren, wenn die Schweiz keine Kundendaten übermittelt. Für den Bund ist «nichts tun» keine Option, wie es im Finanzdepartement heisst. Schon allein deshalb, weil die Schweiz durch das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit den USA verpflichtet ist, Amtshilfe zu leisten, also Daten herauszugeben. Gemäss dem alten DBA muss sie dies nur dann tun, wenn es um Steuerbetrug geht. Gemäss dem neuen, das für Fälle ab dem 23. September 2009 gelten wird, genügt Steuerhinterziehung. Bei den elf Banken, die derzeit im Visier der USA sind, geht es um Fälle vor und nach diesem Datum. Die Schweiz hat mit den USA vereinbart, auf Basis des alten und neuen DBA eine Lösung auszuhandeln. Aus Sicht der Schweizer Behörden ist dies der einzig gangbare Weg.

Lösung auf Basis UBS-Staatsvertrag theoretisch möglich
Theoretisch möglich wäre auch eine Lösung auf Basis des UBS-Staatsvertrags. Dieser enthält eine Klausel, wonach die Schweiz in ähnlich gelagerten Fällen ebenfalls Bankkundendaten herausgeben könnte. Aus Sicht der Schweizer Behörden ist jedoch auch dies keine Option. Zum einen deshalb, weil man die aktuellen Fälle nicht für vergleichbar mit den UBS-Fällen hält, zum anderen wegen des in der Zwischenzeit ausgehandelten neuen DBA, das viel weiter geht als das alte. Ebenso wenig kommt für die Schweizer Seite ein neuer Staatsvertrag in Frage, der dem Parlament unterbreitet werden müsste. Damit würde nämlich neues Recht für die Vergangenheit geschaffen, was angesichts des neuen DBA überflüssig und zweifelhaft erscheint. Eine weitere Lösung wäre Notrecht. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf machte jedoch diese Woche im Ständerat deutlich, dass der Bundesrat kein Notrecht anwenden wird. Es gebe keine verfassungsrechtliche Grundlage dafür, zumal Alternativen vorhanden seien.

«Banken müssen für ihr Tun gerade stehen»
Nicht alle Politikerinnen und Politiker teilen diese Sichtweise. Manche stellen sich auf den Standpunkt, der Staat sollte die Banken Recht brechen lassen. Es sei nicht am Parlament, die Banken vor Bussen in den USA zu schützen, erklärten im Ständerat auch bürgerliche Politiker. Die Banken müssten für ihr Tun gerade stehen. Die Linke schenkt solchen Äusserungen allerdings wenig Glauben. Sie gehe davon aus, dass sich der Wind nach den Wahlen drehen werde, sagt SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer. Das Parlament werde dem Zusatzbericht zum DBA mit den USA am Ende wohl zustimmen. Mit diesem Zusatzbericht will der Bundesrat vom Parlament eine explizite Zustimmung dafür, dass die Schweiz nicht nur bei Einzel-, sondern auch bei Gruppenanfragen Amtshilfe leistet. Eigentlich ist dies ohnehin klar: Gruppenanfragen waren bereits auf Basis des alten DBA zulässig, wie das Bundesverwaltungsgericht im Frühjahr 2009 festgestellt hat.

Umstrittene Gruppenanfragen
In den Verhandlungen mit den USA war nicht die Rede davon, dass das neue Abkommen in diesem Punkt hinter das alte zurück geht. Ein solcher Schritt wäre ja auch nicht einsichtig, sagte Widmer-Schlumpf am Mittwoch dazu. Bloss: Der Bundesrat hat früher fälschlicherweise behauptet, Gruppenanfragen seien ausgeschlossen. In seiner Botschaft ans Parlament vom 27. November 2009 heisst es, der Informationsaustausch beschränke sich «auf konkrete Anfragen im Einzelfall». Wie es zu dieser irreführenden Behauptung kommen konnte, ist unklar. Zuständig war damals Finanzminister Hans-Rudolf Merz. Leutenegger Oberholzer fordert, dass untersucht wird, wie es zu dieser Fehlinformation kommen konnte. «Ich will wissen, wer wann was gesagt hat und warum», sagt die SP-Nationalrätin.

Amtshilfe auf Grund bestimmter «Verhaltensmuster»
Mit dem Zusatzbericht wollen die Schweizer Behörden den USA Gewissheit geben, dass sich später nicht Gerichte auf die fehlerhafte Botschaft berufen könnten. Festgehalten wird im Bericht, dass die Schweiz auch auf Grund bestimmter «Verhaltensmuster» Amtshilfe leistet. Ein auffälliges Verhaltensmuster zeigt ein Bankkunde etwa dann, wenn er das US-Steuerformular nicht ausgefüllt hat und sich seine Bankpapiere postlagernd schicken lässt. Bei der Bank muss ein «aktives schuldhaftes Verhalten» vorliegen. Was dies genau heisst, müssen die Schweiz und die USA noch aushandeln. Ziel der Verhandlungen ist eine Globallösung für die vergangenen Sünden der Banken. Ob diese noch zustande kommt, nachdem der Ständerat sich geweigert hat, den Zusatzbericht rasch abzusegnen, ist offen. Die Gespräche aber gehen weiter. (awp/mc/ps)

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