Bundeskanzlei bleibt dabei: Steuerreferenden gescheitert

Bundeskanzlei bleibt dabei: Steuerreferenden gescheitert

Wenn das Bundesgericht den Entscheid der Bundeskanzlei nicht kippt, kommt es zu keiner Abstimmung über die Steuerabkommen.

Bern – Nun ist der Entscheid der Bundeskanzlei definitiv: Die Referenden gegen die Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich sind aus ihrer Sicht nicht zustande gekommen. Dies hält die Bundeskanzlei in Verfügungen fest. Das letzte Wort hat das Bundesgericht. Die Referendumskomitees haben ab morgen Freitag 30 Tage Zeit, beim Bundesgericht Beschwerde einzureichen. Stützt dieses den Entscheid der Bundeskanzlei, sind die Referenden endgültig nicht zustande gekommen.

Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) hat bereits beschlossen, vor Bundesgericht zu gehen. Die direkte Demokratie dürfe nicht durch verfassungswidrige Hürden behindert werden, schreibt sie in einer Stellungnahme. Offenbar werde der gesetzlich begründete Formalismus höher gewichtet als verfassungsmässig garantierte politische Rechte.

Nachkontrolle bringt keine Überraschung
Die Referenden sind gescheitert, weil die Komitees nicht rechtzeitig die nötigen 50’000 Unterschriften einreichten. An diesem Befund änderte auch die Nachkontrolle nichts, wie den am Donnerstag veröffentlichten Verfügungen der Bundeskanzlei zu entnehmen ist.

Die Nachkontrolle ergab für das Abkommen mit Deutschland total 48’604 eingereichte Unterschriften, wovon 47’895 gültig waren. Die günstigste Zählung ergab maximal 48’454 gültige Unterschriften.

Die AUNS hatte gefordert, dass die Bundeskanzlei jene Unterschriften mitzählen müsse, die nach Ablauf der Frist nachgereicht wurden. Sie stellt sich auf den Standpunkt, massgeblich sei der Eingang der Unterschriftenlisten bei den Gemeinden.

Zu spät eingetroffen
Nach Ansicht der Bundeskanzlei wäre dies aber gesetzeswidrig: Laut Gesetz müssten Unterschriften für ungültig erklärt werden, wenn sie ohne Stimmrechtsbescheinigung oder nach Ablauf der Referendumsfrist eingereicht worden seien, heisst es in der Begründung zu den Verfügungen.

Das Bundesgesetz über die politischen Rechte halte ausdrücklich fest, dass die nötige Anzahl Unterschriften samt Stimmrechtsbescheinigung innerhalb der Referendumsfrist bei der Bundeskanzlei eintreffen müsse.

Fehler nicht nur bei den Gemeinden
Die AUNS macht die Gemeinden für die Verspätung verantwortlich: Deren mangelhafte Arbeit habe dazu geführt, dass rechtzeitig beglaubigte Unterschriften zu spät bei der Bundeskanzlei eingetroffen seien. Laut Bundeskanzlei geht es dabei um 4974 Unterschriften.

Die Bundeskanzlei sieht das Problem nicht nur bei den Gemeinden: «Es stellt sich nicht allein die Frage nach Fehlern bei der Rücksendung bescheinigter Unterschriften, sondern ebenso die Frage nach der rechtzeitigen Einholung der Stimmrechtsbescheinigungen», hält sie fest.

Zwar seien die Amtsstellen gesetzlich verpflichtet, die bescheinigten Unterschriften den Komitees unverzüglich zurückzugeben. Derselbe Gesetzesartikel verpflichte aber die Urheber des Referendums, die Unterschriftenlisten den Amtsstellen rechzeitig vor Ablauf der Frist zuzustellen.

Zu knapp kalkuliert
Die 4974 Unterschriften wurden den Gemeinden knapp vor Ablauf der Sammelfrist am 27. September zugestellt, nämlich am 19., 24. und 25. September. In Genf seien rund die Hälfte der gesammelten Unterschriften vom 97. bis zum 99. Tag der Referendumsfrist zur Stimmrechtsbescheinigung eingereicht worden, schreibt die Bundeskanzlei.

Sie verweist auch auf ihren Leitfaden an die Komitees. Dort mache sie darauf aufmerksam, dass bei der Einholung der Stimmrechtsbescheinigungen auf die Leistungsfähigkeit der Behörden Rücksicht zu nehmen sei. Die Bescheinigungen sollten laufend, zeitlich gestaffelt und portionenweise eingeholt werden.

Die Bundeskanzlei gibt ferner zu bedenken, dass die Referendumsfrist von 90 auf 100 Tage verlängert wurde, um den Referendumskomitees den Spielraum verschaffen, die Stimmrechtsbescheinigungen rechtzeitig vor Ablauf der Frist einzuholen. Die Komitees müssten eine Sicherheitsmarge einberechnen. Ausserdem sei es von Vorteil, mehr als das Unterschriftenminimum einzureichen.

Entscheid im November
Das Referendum ergriffen hatte neben der AUNS die JUSO. Im Parlament stellten sich die SVP sowie ein Teil der SP gegen die Steuerabkommen. Die SVP möchte nicht, dass die Schweiz für andere Staaten Steuern eintreibt. Die Kritiker aus den Reihen der Linken befürchten dagegen, die Abkommen könnten den automatischen Informationsaustausch verzögern oder verhindern.

In Deutschland bekämpfen die Sozialdemokraten das Abkommen. Im Bundesrat (Länderkammer), wo ein Entscheid für den 23. November erwartet wird, droht es zu scheitern. (awp/mc/ps)

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