Chinesische Unternehmen verdrängen Schweizer Konzern aus Top 10

Novartis als wertvollstes Unternehmen der Schweiz auf Platz 13. (Foto: Novartis)

Zürich – Unternehmen aus den USA bauen ihre Dominanz an den Weltbörsen aus: Acht der zehn höchstkapitalisierten Unternehmungen der Welt stammen zum Jahresende aus den Vereinigten Staaten. Die Zahl der US-Unternehmen in den Top 100 der höchstbewerteten Unternehmen der Welt liegt heute bei 54 – vor einem Jahr waren es nur 47. Mit Abstand am höchsten wird derzeit der Technologieriese Apple gehandelt: Der Börsenwert des Unternehmens betrug zum Jahresende 669 Milliarden US-Dollar, ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr. Damit baute Apple seinen Vorsprung vor dem zweitplatzierten Ölkonzern Exxon Mobil und dem Software-Konzern Microsoft (beide knapp 395 Milliarden US-Dollar) weiter aus.

Chinesische Unternehmen gewinnen stark an Bedeutung
Neben den US-Konzernen haben sich im vergangenen Jahr auch die chinesischen Konzerne gut entwickelt. Im Ranking der 300 wertvollsten Unternehmen der Welt finden sich aktuell 31 chinesische Unternehmen – deutlich mehr als im Vorjahr (24 Unternehmen). 2014 schoben sich gar zwei chinesische Konzerne in die Top 10. Der Ölkonzern Petrochina schaffte es auf Rang 6, die Industrial & Commercial Bank of China auf Rang 10. Knapp eine Platzierung unter den Top 10 verpasst hat der chinesische Börsenneuling Alibaba, der lediglich drei Monate nach seinem Börsendebüt mit einer Marktkapitalisierung von 261 Milliarden US-Dollar auf Rang 11 kletterte. Infolge dieser und weiterer Entwicklungen wird der Schweizer Pharmakonzern Roche auf den 17. Platz zurückgedrängt (30 Juli 2014: Platz 10).

«China bleibt ein Wachstumsmarkt, und chinesische Unternehmen werden weltweit eine immer grössere Rolle spielen», sagt Stefan Rösch-Rütsche, Leiter Transaction Advisory Services bei EY Schweiz. Er betont allerdings, dass dies keineswegs eine Bedrohung für die Schweizer Top-Konzerne darstelle.

Schweizer Unternehmen behaupten sich trotz verpasster Top-10-Platzierung
Obwohl das Gewicht einiger Euro-Länder im Ranking in den vergangenen 12 Monaten gesunken ist, stieg die Zahl der Schweizer Unternehmen im Top 300-Ranking seit Ende Juni 2014 von 9 wieder auf 10 an. Von den 10 Schweizer Unternehmen konnten drei (Novartis, Zurich und ACE) ihren Börsenwert in US-Dollar steigern – bei allen anderen sank die Marktkapitalisierung in US-Dollar. «Ungeachtet des seit Jahresbeginn um zehn Prozent gestiegenen Swiss-Market-Index (SMI), konnten lediglich 3 von 10 der höchstkapitalisierten Schweizer Unternehmungen an Wert zunehmen. Dieser Zustand resultiert daher offensichtlich aus dem starken US-Dollar», erklärt Rösch-Rütsche.

Das wertvollste Schweizer Unternehmen zum Jahresende 2014 ist Novartis mit einem Börsenwert von 253 Milliarden US-Dollar auf Rang 13, gefolgt von Nestlé (239 Milliarden US-Dollar, Platz 16) und Roche (236 Milliarden US-Dollar, Platz 17). Gemessen an der Gesamtmarktkapitalisierung der Top 100 Unternehmen nach Ländern, belegt die Schweiz nach den USA, China/Hongkong und Grossbritannien den vierten Platz. Die drei im Top-100-Ranking vertretenen Schweizer Unternehmen haben einen Wert von 728 Milliarden US-Dollar, was im Vergleich zum Vorjahresende (696 Milliarden US-Dollar) einen Anstieg bedeutet.

Europa fällt zurück
Europäische Unternehmen sucht man unter den Top 10 vergebens. Auch unter den Top 100 der wertvollsten Unternehmen der Welt ist Europa nur noch mit 28 Unternehmen vertreten – vor einem Jahr waren es noch 33. Ein wichtiger Grund für das schwache Abschneiden Europas ist – neben der verhaltenen Konjunkturentwicklung in Europa – der Wertverlust des Euro und des russischen Rubel. «Die Schwäche der europäischen Unternehmen im Ranking resultiert zum einen aus dem gesunkenen Eurokurs – die an europäischen Börsen gelisteten Konzerne verlieren im internationalen Vergleich an Wert, während der starke US-Dollar US-Konzerne aufwertet», sagt Rösch-Rütsche. Aber auch andere Faktoren spielten eine Rolle: «Die US-Wirtschaft hat sich in diesem Jahr stark entwickelt, während Europa nach wie vor unter einer schwächelnden Konjunktur und den politischen Krisen in Osteuropa und dem Nahen Osten leidet.»

Dominiert wird das Top 100-Ranking von Herstellern nichtzyklischer Konsumgüter, wozu etwa Lebensmittel, Gesundheits- oder Reinigungsprodukte zählen (29 Unternehmen). Auch die Finanzbranche ist mit 21 Unternehmen stark vertreten. Herbe Einbussen musste hingegen die Energiebranche hinnehmen: Aktuell sind zehn Energieunternehmen in den Top 100 vertreten, vor zwei Jahren waren es noch 17 Unternehmen.

Russische Unternehmen verlieren in den Top 300 an Bedeutung
Besonders stark gesunken ist die Bedeutung russischer Unternehmen: Nur noch zwei russische Unternehmen – Gazprom und Rosneft – können sich im aktuellen Ranking der 300 Unternehmen mit dem höchsten Marktwert der Welt platzieren – vor einem Jahr waren es noch fünf. Der Börsenwert der beiden Energiekonzerne hat sich von knapp 180 Milliarden US-Dollar auf 98 Milliarden US-Dollar fast halbiert, was in erster Linie auf den drastisch gesunken Wert des Rubels zurückzuführen ist.

USA dominieren bei Zukunftstechnologien
Trotz des starken US-Dollars, der für US-Konzerne auf den Weltmärkten von Nachteil ist, sieht Rösch-Rütsche die US-Konzerne derzeit sehr gut aufgestellt: «Während in Europa traditionell die Industrie- und Rohstoffkonzerne dominieren, hat sich in den USA die IT-Branche zu einer Leitbranche entwickelt.» Diese deutliche Vormachtstellung der USA in der IT-Branche bewertet Rösch-Rütsche folgendermassen: «Die Digitalisierung erfasst alle Branchen und Lebensbereiche – darin steckt noch ein enormes Wachstumspotenzial, nicht nur für einzelne Unternehmen, sondern auch für ganze Volkswirtschaften. Die Anbieter der entsprechenden IT-Lösungen kommen allerdings derzeit in erster Linie aus den USA.» Dass in den USA so viele relativ junge Technologie-Unternehmen zu Top-Konzernen aufsteigen können, hängt nach Einschätzung von Rösch-Rütsche vor allem mit der ausgeprägten Gründungskultur, dem hohen gesellschaftlichen Ansehen des Unternehmertums sowie den besseren Finanzierungsbedingungen in den USA zusammen.

 

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